Wirtschaft Gebäude in Bonefeld kommt fast ohne Heizung aus
Tag der Architektur: Biovegan öffnet seine Türen
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Bonefeld. Sie entwickeln und produzieren vegane Biolebensmittel, klar, dass da ihr Gebäude kein 08/15-Betonbau werden konnte. Und so entstand nach zwei Jahren Planungs- und Bauzeit ein ganz besonderes Verwaltungs-, Lager- und Produktionsgebäude für Biovegan in Bonefeld, das den Umweltpreis des Landes Rheinland-Pfalz 2015 erhielt, unter anderem, weil es fast ohne Heizung auskommt. Am Tag der Architektur am Wochenende ist es wieder zu besichtigen.

So weit wie möglich wurde das Gebäude aus heimischem Holz in Holzständerbauweise errichtet. Beim Treppenhaus und in der Produktion wurde Beton verbaut, aber das Lager besteht komplett aus Holz. Betritt man den sehr hohen Raum, steigt einem direkt ein Waldgeruch in die Nase. „Holz isoliert super“, erläutert Betriebsleiter Thomas Römer. Im Lager, in dem auch fertige Lebensmittel auf Paletten stehen, braucht das Unternehmen konstant 15 bis 20 Grad. Der Raum hat bis auf kleine Lichtschachte keine Fenster, selbst das Rolltor ist besonders isoliert. So benötigt das Unternehmen keine Klimaanlage. Damit auch in Sachen Licht nicht unnötig Strom verbraucht wird, wird die Beleuchtung in den Gängen komplett über Bewegungsmelder gesteuert. Von draußen ist das Gebäude mit Cellulose, einer Mischung aus Altpapier und Lumpen anstatt mit Glasfaserwolle gedämmt, erläutert die geschäftsführende Gesellschafterin, Nicol Gärtner. Im Verwaltungstrakt wurde emissionsarmer Naturkautschukboden statt das übliche Laminat oder PVC verlegt.

Das Gebäude für die derzeit 55 Mitarbeiter des 1986 in Ransbach-Baumbach gegründeten Unternehmens kommt ohne Klimaanlage und fast ohne Heizung aus. Eine Betonkernaktivierung sorgt für das richtige Klima. Im Sommer wird kaltes Wasser durch Rohre in Wänden, Decken und Böden gepumpt, das kühlt. Im Winter wird das Wasser durch die Abwärme von den Maschinen in der Produktion erwärmt und heizt dann die übrigen Räume, erläutert Römer. 2016 wurde die normale Heizung – eine Gastherme – gar nicht benötigt, 2017 „ein ganz kleines bisschen“. Mit der Anlage kann das Unternehmen auch Wasser erwärmen, zum Händewaschen und Putzen reicht die Temperatur. Aber um die Rohre keimfrei zu halten, sind ergänzende Durchlauferhitzer notwendig, erläutert der Betriebsleiter. Sie hätten gegenüber der Heizung den Vorteil, dass sie nur dann Energie verbrauchen, wenn das heiße Wasser wirklich benötigt wird.

Eine Lüftungsanlage saugt die alte Luft aus den Räumen, über kleine Schlitze an den Fenstern kommt Frischluft nach – im Sommer besonders nachts, wenn es kühler ist. „Wir dürfen aber auch mal die Fenster aufmachen“, sagt Gärtner. Überhaupt Fenster: Ihr war es wichtig, dass große Fenster verbaut wurden, die aber in Sachen Dämmung der Schwachpunkt sind. Sonnenschutzblenden fahren automatisch runter. Im Nachhinein hätte Römer gerne auf die großen Fenster im Treppenhaus verzichtet, weil die im Sommer viel Wärme ins Gebäude bringen, aber keiner etwas davon hat.

Die Einstellung der gesamten Anlage hat rund ein Jahr gedauert, sagt Gärtner. „Es ist schwer, jedem gerecht zu werden“, ergänzt Römer. Er kann zwar über den PC jedem Raum eine unterschiedliche Temperatur zuordnen, aber im Großraumbüro hat jeder ein anderes Empfinden zu warm und kalt und wann es aufgrund der Lüftung zieht. „Die Anlage ist top“, sagt Römer. „Aber wenn es vier Wochen lang 30 Grad warm ist, dann wird es hier drin auch warm.“

„So ein Verwaltungs- und Produktionsgebäude wurde noch nie gebaut“, betont Gärtner. Es sei nicht einfach gewesen, dafür den passenden Architekten zu finden. Mit Dietmar Riecks aus Bochum haben sie einen gefunden, der sich auf nachhaltige Lösungen spezialisiert hat. „Uns war wichtig, dass wir mit dem Bau nichts zu tun haben“, sagt Gärtner. Das habe funktioniert. Auch eine mögliche Expansion wurde bei der Planung berücksichtigt. Als Erstes ist dann das Lager zu klein, es kann aber laut Gärtner problemlos angebaut werden. Mit dem Ergebnis zeigt sich die geschäftsführende Gesellschafterin trotzt höherer Kosten sehr zufrieden. „Für uns hat es sich gelohnt, weil es zur Marke passt.“

Beim Tag der Architektur unter dem Motto „Architektur bleibt!“ können Interessierte am Wochenende aktuelles Bauen entdecken. Im Kreis Neuwied sind neben Biovegan in Bonefeld (nur am Samstag von 12 bis 16 Uhr) der Neubau von Vinothek und Kelterhalle Weingut Scheidgen in Hammerstein (an beiden Tagen 12 bis 16 Uhr), Atelierhaus Bad Hönningen (Kreuzgasse 12, an beiden Tagen 11 bis 18 Uhr) und Blumenpavillon Culterra Floristik Heimbach-Weis (Am Königsgericht 15, an beiden Tagen 14 bis 18 Uhr) dabei.

Von unserer Redakteurin Yvonne Stock

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