„Der Abrissbeschluss muss überdacht werden“, fordert der Geschichtsverein, vertreten durch den Vorsitzenden Werner Geißler, der in dem Schreiben einen detaillierten Blick auf die Unkeler „Abrissgeschichte“ wirft. Etliche prachtvolle, geschichtsträchtige Gebäude sind in den vergangenen Jahrzehnten der Abrissbirne zum Opfer gefallen und wurden – zumindest aus heutiger Sicht – durch echte Bausünden ersetzt. Im Krieg blieb die Unkeler Altstadt unversehrt, sie erlitt erst Jahre später schmerzliche Verluste, als Bausubstanz einfach abgerissen wurde. 1970 wurde deshalb eine Satzung zur „Gestaltung und dem Schutz des Ortsbildes“ in Kraft gesetzt. Aufgabe dieser Satzung war und ist „die Bewahrung kultur- und baugeschichtlicher Objekte und die Wahrung der Gestaltung des gewachsenen ortstypischen Stadt- und Straßenbildes der Stadt Unkel“, heißt es in Paragraf 1. In Absatz 2: „Die Satzung ist auf alle zur Genehmigung anstehenden Bauvorhaben anzuwenden.“ Auf diese geltende Satzung verweist der Geschichtsverein und Geißler nennt traurige Beispiele, bei denen offenbar entgegen der Satzung gehandelt wurde. So wurde, trotz heftigem Widerstand in der Bevölkerung, 1978 die ehemals prachtvolle Stadtvilla des Kölner Verlegers August L. Neven DuMont in der heutigen Von-Werner-Straße samt Gästehaus abgerissen. Heute steht dort am südlichen Stadteingang das Volksbankgebäude. Nur der Name „Neven-Dumont-Platz“ erinnert noch an die Geschichte.
Abgerissen wurde auch das markante Gasthaus Hildebrand am heutigen Willy-Brandt-Platz, das die Sparkasse übernommen hatte. 1971 ließ die Kreissparkasse das Haus durch den 70er-Jahre-Bau ersetzen, in dem heute das Willy-Brandt Forum zu Hause ist. Ende der 1990er wurde im Zuge des Umbaus des Hotels Schulz das Fähr- und Fischerhaus Vollmer in der Lühlingsgasse abgerissen. Auch das älteste erhaltene Patrizierhaus in Unkel, die „Sternenburg“ in der Vogtsgasse, sollte weichen. „Sie stand als Kulturdenkmal aber unter Schutz. Die Hotelbetreiber konnten es nicht einfach abreißen. Sie entfernten das Dach und ließen den Regen sein „Werk“ tun. Nach Zerstörung dieses Zeugnisses der Unkeler Geschichte entstand der behördlich erzwungene Neubau.
„Auch das benachbarte, sogenannte Bachem-Haus, wurde entgegen den Bestimmungen der Satzung abgerissen“, führt Geißler aus. Das Haus sei auf die kurkölnische Zeit zurückgegangen. „Hier residierten die Schultheißen des Kurfürsten. Die ,Schulz'-Hotelbetreiber behaupteten, die großen L-förmigen Fachwerkgebäude seien baufällig und nicht zu erhalten. Sie behaupteten auch, sie müssten dringend das Bettenangebot erweitern, um das Hotel wirtschaftlich zu erhalten. Damit wurden die Entscheidungsträger gedrängt, dem Abriss zuzustimmen. Der Erweiterungsbau wurde nie gebaut. Stattdessen ist dort jetzt ein Hotelparkplatz“, fasst Geißler zusammen, wie es zu dem Abriss kam.
Es geht aber auch anders, wie der Geschichtsverein betont. Als Beispiel nennt er die Städte Quedlinburg und Wernigerode, wo Fachwerkhäuser erfolgreich liebevoll saniert wurden. Auch in Unkel gebe es mittlerweile positive Beispiele. „Derzeit wird das Erscheinungsbild des Unkeler Hofs durch angepasste Restaurierung erhalten. Dies sollte ein Vorbild für weitere Baumaßnahmen am Unteren Markt sein“, mahnt Geißler, der auf die Restaurierung des Hauses Kirchstraße 3 verweist. „Die Eigentümer ließen 2012 das Fachwerk freilegen, Balken für Balken wurde die Hausfront saniert und das Gebäude strahlt seitdem in alt-neuem Glanz.“ Gegenwärtig könnten die Unkeler die ebenso sachverständige und beharrliche Wiederherstellung des sogenannten „Armenhauses“, Lehngasse 7 – 9, beobachten und bewundern. „Diese Beispiele zeigen, dass die Unkeler Bürger bei unserem Credo für die Erhaltung des Stadtbildes nicht vor profitorientierten Investoren kapitulieren müssen“, betont der Vorsitzende des Geschichtsvereins.
„Mit einer Mehrheitsentscheidung hat der Stadtrat dem potenziellen Investor den Weg zum Komplettabriss des geschichtsträchtigen Haus Frankfurter Straße 42, dem sogenannten Mies-Haus, frei gemacht“, bedauert Geißler. Ein Abriss würde das Bemühen um die Erhaltung des historischen Stadtbildes konterkarieren. Geißler betont: „Der Geschichtsverein Unkel appelliert eindringlich an die Entscheidungsträger, sich ihrer besonderen Verantwortung für die Erhaltung und Pflege des Stadtbildes bewusst zu sein und die Entscheidung zu überdenken.“