Wie es mit dem baufälligen Neuwieder Bahnhof weitergeht, war lange auch für die Neuwieder Stadtverwaltung unklar: Bereits nach der plötzlichen Schließung des Gebäudes im August habe man versucht, mit der Deutschen Bahn AG Kontakt aufzunehmen, teilt Ulf Steffenfauseweh, Sprecher der Stadt Neuwied, auf Anfrage mit. Im Februar habe es dann die ersten Gespräche zwischen Stadt und Bahnhofsmanagement Koblenz gegeben. In diesen habe die Deutsche Bahn über den Zustand des baufälligen Bahnhofsgebäudes und ihre Pläne für Abriss und Neubau informiert.
Vor etwa einem Monat habe die Deutsche Bahn der Stadt dann erste, vorläufige Entwürfe für einen Neubau präsentiert. Wann und wie diese Pläne der Öffentlichkeit vorgestellt werden, sei jedoch Sache der Deutschen Bahn. Steffenfauseweh erklärt: „Grundsätzlich und unabhängig von den Inhalten müssen wir zunächst auch darauf hinweisen, dass die Baumaßnahme auf einem Bahngrundstück stattfindet und sich somit der Planungshoheit der Stadt entzieht.“
Die Einflussmöglichkeiten der Stadt sind begrenzt
Da das Eisenbahn-Bundesamt in diesem Fall die entscheidende Genehmigungsbehörde ist, kann die Stadt auch über die Aufstellung eines Bauplans oder im Zuge der Baugenehmigung keinen direkten Einfluss auf die Pläne der Deutschen Bahn nehmen. Die Stadtverwaltung bringe jedoch ihre Vorstellungen für die Gestaltung und Größe des Gebäudes im Rahmen der Gespräche mit ein, etwa Lärmschutz und eine dem Umfeld angepasste Architektur. Das beinhalte auch eine angemessene Ausstattung des Gebäudes mit Toiletten, einem Verkaufsraum und Fahrradabstellplätzen.
Nachdem bekannt wurde, dass das Bahnhofsgebäude von Grund auf neu gebaut werden müsse, forderte der Regionalverband Mittelrhein des Vereins Stadtbild Deutschland, dass man sich bei der Gestaltung des neuen Bahnhofsgebäudes an dem ursprünglichen Bau im Gründerzeitstil orientieren müsse. Dazu heißt es von der Stadt, dass das Stadtbauamt zu der Auffassung neige, „dass neue Gebäude sich der Formensprache und Materialität bedienen sollten, die dem jeweiligen Zeitgeist entsprechen.“

Verein will Neuwieder Bahnhof wie vor 100 Jahren
Dass das geschlossene Bahnhofsgebäude abgerissen werden muss, ist ein Ärgernis für viele Neuwieder. Der Verein Stadtbild Deutschland sieht darin eine Chance. Mit Inspiration aus dem 19. Jahrhundert soll der Bahnhof alte Strahlkraft bekommen.
Wie der Bahnhof und vergleichbare Gebäude gestaltet werden, werde sicher in der Gesellschaft, aber auch in der Bauverwaltung kontrovers diskutiert, so Steffenfauseweh. Zu dieser Diskussion könne der Verein mit seinen Vorschlägen beitragen. Dass historische Baustile – modern interpretiert – darin einfließen, sei denkbar, aber nicht zwingend erforderlich. „Auch das noch bestehende Gebäude war seinerzeit im Stil der Nachkriegszeit modern erbaut worden, ist aber nach unserer Bewertung durchaus gelungen. Insofern ist der jetzt notwendige Abriss bedauerlich.“
Im August 2024 waren bei Untersuchungen am Neuwieder Bahnhofsgebäude massive Mängel festgestellt worden. Vor allem die Statik des Nachkriegsbaus ist gefährdet, da dieser auf den Trümmern des zerstörten Vorgängerbaus aufgebaut wurde. Dadurch sah sich die Bahn gezwungen, das Gebäude von einem auf den anderen Tag zu schließen. Die Abrissarbeiten sollen im zweiten Halbjahr 2026 beginnen.