Windkraft ist ein großes Thema für die RZ-Speeddating-Kandidaten - Viel Ablehnung bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen
Speeddating der Kreistagskandidaten mit der RZ: Wie soll die Energiewende im Kreis Neuwied aussehen?
Windenergie
Die Kandidaten für den Kreistag sind sich beim Thema Windenergie einig, für Photovoltaikanlagen sprechen sich viele aus. Foto: dpa/Patrick Pleul
Patrick Pleul. dpa

Kreis Neuwied. Windkraft ist für alle Vertreter ihrer Partein ein großes Thema – viel Ablehnung bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen.

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Die Energiewende ist ein wegweisendes Thema in der Gegenwart und in der Zukunft, um den stark voranschreitenden Klimawandel abzubremsen und die Folgen zu mildern – natürlich auch im Kreis Neuwied. Bei einem Speeddating hat die RZ nun den Spitzenkandidaten und Gruppierungen auf den Zahn gefühlt, die sich bei der kommenden Kommunalwahl um die Mandate im Kreistag bewerben: Wo sehen sie besonderes Potenzial? Wie ist es um das Thema Windkraft bestellt? Und was sind weitere Ideen, um die Energiewende und auch den Klimaschutz im Kreis voranzutreiben?

Ganz wesentlich ist für Patrick Simmer (Ich tu's) die Einhaltung der Klimaziele des Pariser Abkommens. So hält er beispielsweise die „Pflicht der Solarenergiebestückung von Neubauten für dringend notwendig“. Außerdem sollen „Balkonkraftwerke kreisweit gefördert werden und nicht nur partiell in den verschiedenen Orten“. Zudem stehe Ich tu's laut Simmer absolut hinter dem Thema Windenergie: „Natürlich sollten Bürger auch frühzeitig beteiligt werden.“ Davon abgesehen betont Simmer, dass grundsätzlich die Flächenversiegelung im Kreis Neuwied vermieden werden sollte, um bei Starkregen einen besseren Ablauf zu ermöglichen. Und um zusätzliche Erwärmung in den Innenstädten zu vermeiden, hält er mehr Begrünung für sinnvoll. Zusammenfassend sagte er abschließend: „Wir müssen auf alle Möglichkeiten setzen, wie uns die Natur möglicherweise Energie liefern kann.“

Auch Julia Eudenbach (Die Linke) spricht sich für Windenergie aus: „Wir fordern viel, viel mehr erneuerbare Energie, das beinhaltet auch Windkrafträder.“ Und deutlich sagt sie auch zu einem viel diskutierten Thema: „Wir begrüßen auch die Windkrafträder für die Stadt Neuwied. Ich weiß, da gibt es viel Gegenwind.“ Bezogen auf die Windkraft gebe es unglaublich viel Unwissenheit, die aber „mit einer gescheiten Aufklärung bei den meisten Bürgern ausgeräumt werden kann“. Beim Thema Photovoltaikanlagen wünscht sie sich wie die Partei viel mehr Anlagen auf den Dächern von privaten und öffentlichen Gebäuden, weicht aber von der Parteilinie in Sachen Freiflächen-Photovoltaikanlagen ab. „Jetzt bin ich von meiner Meinung landwirtschaftlich eingeschränkt, parteilich möchten wir zwar viel mehr Freiflächen-Photovoltaik, aber ich möchte die Landwirtschaft im Hinterkopf behalten.“ Davon abgesehen sieht sie die Neugestaltung des Marktplatzes in Neuwied kritisch, da ihrer Meinung nach sehr viel Fläche versiegelt worden sei.

Udo Franz (FWG) spricht sich ebenfalls für viele Photovoltaikanlagen auf den Dächern aus: „Die großen Solarparks halte ich nicht für zielführend, weil da sehr viel Land verbraucht wird.“ Für ihn sei es eventuell auch eine Idee, Parkplätze mit Fotovoltaikanlagen zu überdachen. Als Landwirt sieht er auch die Freiflächen-Photovoltaikanlagen kritisch. In Sachen Klimaschutz sorgt er sich um den stark geschädigten Wald: „Es ist wichtiger, Sauerstoff zu haben als Energie.“ Er befürwortet in diesem Kontext, Schadholz „ordentlich zu verwerten und nicht einfach verrotten zu lassen: „Auch Verrotten schafft Gase.“

Dagegen hebt Ralf Seemann (Die Grünen) hervor, dass er den Kreis beim Thema Energiewende vor allem als Dienstleister sehe: „Er kann Kommunen beraten.“ Die Themen Windkraft und Photovoltaik im Kreis voranzutreiben, hält er für wichtig, denn: „Wir werden in den nächsten Jahren einen enormen Anstieg des Stromverbrauchs haben.“ Davon abgesehen führt er für den Klimaschutz an, dass die Grünen wieder eine Wertstofftonne im Sinne der Wiederverwertung einführen wollen anstatt einer grüne Tonne, „die wir heute haben“. Darüber hinaus hält er es grundsätzlich für sinnvoll, alle Umweltthemen in einem Amt zu bündeln, damit es auch einen anderen Stellenwert bekomme.

Auch Martin Diedenhofen (SPD) betont, sich verstärkt darum bemühen zu wollen, beim Thema Energiewende mehr Tempo hereinzubekommen. „Im Bereich Windenergie können wir im Kreis noch etwas drauflegen und ich finde, hier muss im Kreis ein Fokus drauf sein.“ Seiner Meinung nach sollte man neben Solar- und Windenergie etwa auch das Thema Wasserkraft berücksichtigen: „Man sollte alles gleichermaßen im Blick haben.“ Zudem wirbt er für Vertrauen, auch für die Bundesregierung: „Wir haben gute Förderprogramme auf den Weg gebracht.“ Damit wird folgendes Ziel verfolgt: „Wir wollen der nachfolgenden Generation einen bewohnbaren Planeten hinterlassen, nur die jetzige und die darauffolgende Generation müssen es auch finanziell stemmen können. Das muss immer Hand in Hand gehen.“

Beim Thema Energiewende weist Michael Christ (CDU) daraufhin, dass grundsätzlich die originäre Zuständigkeit nicht beim Kreis, sondern den Ortsgemeinden liege. „Also ist das, was der Kreis bewirken kann, überschaubar.“ Aber der Kreis könne sich etwa seine Schulen und die eigenen Gebäude anschauen. „Diese müssen energetisch analysiert werden: Was können wir gegebenenfalls an Heizungssystemen austauschen und was ist auf den Dächern möglich? Gibt es viel Potenzial für Photovoltaikanlagen?“ Dann können der Kreis über die Klimaschutzmanagerin (Janine Sieben; Anmerkung der Redaktion) in der Verbandsgemeinde und in der Stadt für Akzeptanz sorgen: „Wie der Klimaschutz in den vergangenen zwei Jahren politisch behandelt wurde, ist kein Mitnehmen der Bevölkerung, sondern ein Polarisieren durch Zwang und Verpflichtungen.“

Indes möchte Jochen Bülow (Bündnis Sahra Wagenknecht) das Thema Energiewende für den Kreis Neuwied ganzheitlich betrachten und ein komplettes Kreiskonzept erarbeiten: „Das kann der Kreis auch leisten. Ich finde, dass die Wärmebedarfsplanung ein alarmierender Anfang ist, weil es aus unserer Sicht an so vielen Stellen einfach schiefläuft.“ Auch habe er das Gefühl, dass das Thema Energiewende in der Kreisverwaltung personell auch nicht in den allerbesten Händen sei, da müsse man noch mal ran, auch wenn er niemanden etwas Böses wolle: „Das läuft mir viel zu unkoordiniert. Wenn man so wenig Wind- und Solarenergie im Kreis Neuwied hat und gleichzeitig so hohe Ansprüche und Ziele formuliert, dann muss man irgendetwas tun. Doch das findet nicht ausreichend statt.“

Ulrich Schreiber (FDP) plädiert dafür, den Bestand zu analysieren und daraufhin Konzepte und Maßnahmen zu entwickeln. „Die gehe ich dann an.“ Wichtig hält er es zudem, Fehlinformationen, etwa beim Gebäudeenergiegesetz auszuräumen. „Hier könnte ein Wärmebotschafter schon behilflich sein.“ Mit Blick auf den Privatmann spricht er sich auch für Fachberatungen aus: „Ohne Fachmann komme ich nicht mehr hinterher. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, fliegt mir möglicherweise die Finanzierung um die Ohren“, sagt Schreiber im Kontext der Förderung von erneuerbaren Energien beim Hauseigentum. Auch er spricht sich als Landwirt gegen Freiflächen-Photovoltaik aus, befürwortet Solarenergie aber gerade bei Industrieansiedlungen.

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