Rund 4200 Kaufverträge unbebauter Grundstücke aus den Jahren 2018 und 2019, etwa 7200 Verträge der Jahre 2014 bis 2017: Das Datenvolumen ist schon stattlich, aus dem heraus die 56 Mitglieder des Gutachterausschusses für Grundstückswerte die Ergebnisse für rund 12.000 Bodenrichtwertzonen in den vier Landkreisen Neuwied, Altenkirchen, Westerwald und Rhein-Lahn ermittelt haben. Alle zwei Jahre wird diese Erhebung fortgeschrieben, zu Jahresbeginn 2020 fand die jüngste Aktualisierung statt, seit wenigen Wochen sind die Werte auch online einsehbar.
Blickt man genauer auf den Kreis Neuwied, so lässt sich feststellen, dass das Bodenwertniveau für erschließungsbeitragsfreie Wohnbaugrundstücke sich schon deutlich unterscheidet. Doch das Gefälle innerhalb des Bereichs Westerwald-Taunus, für den der Gutachterausschuss unter Führung von Günter Steudter zuständig ist, hat im Rhein-Lahn-Kreis ein noch größeres Ausmaß. So schwankt der Preis an Rhein und Wied zwischen 290 Euro pro Quadratmeter in der Stadt Neuwied und 28 Euro etwa in der Gemeinde Ratzert, wo der Quadratmeter nur rund ein Zehntel kostet. Die größte Lücke klafft, wie erwähnt, im Rhein-Lahn-Kreis zwischen der Stadt Lahnstein (310 Euro je Quadratmeter) und St. Goarshausen (15 Euro). Prozentual ähnlich hoch wie im Kreis Neuwied ist der Unterschied im Westerwaldkreis. Hier hat Montabaur (240 Euro) die Nase vorn, die Gemeinde Giesenhausen (22 Euro) wartet mit dem preiswertesten Grund und Boden auf. Nicht ganz so ausgeprägt ist das Preisniveau im Kreis Altenkirchen. Hier bilden die Stadt Betzdorf (120 Euro) und die Gemeinde Nisterberg (22 Euro) den Rahmen.
„Mit den Gewerbegebieten und den Waldflächen haben wir diesmal zwei Schwerpunkte bei der Erhebung gesetzt“, erläutert Wolfgang Schuld, Leiter des Vermessungs- und Katasteramtes Westerwald-Taunus mit Sitz in Westerburg, bei einem Gespräch mit unserer Zeitung. Beide Teilbereiche sind demnach nicht so leicht abzubilden. Bei den Gewerbezonen gibt es einerseits oft nur eine geringe Anzahl von Kaufverträgen, die in die Auswertung einfließen können, zum anderen stellen subventionierte Preise oft ein Problem dar, das tatsächliche Bodenwertniveau zu ermitteln. „Dennoch ist es uns gelungen, Gewerbegebiete in unserem Zuständigkeitsbereich vergleichbar zu machen“, so Ramona Fehse, Expertin für den Immobilienmarkt.
Etwas anders stellt sich für die Experten das Thema Wald dar. Hier waren 2018 zum ersten Mal flächendeckend Bodenrichtwerte für Flächen ohne Aufwuchs abgeleitet und veröffentlicht worden. Die Forstschreibung dieser Zahlen gestaltete sich insofern als schwierig, weil durch zwei extrem trockene Sommer und den Borkenkäferbefall deutlich weniger Flächen verkauft wurden. „Wir haben in einem Vorabgespräch mit den Förstern und Waldbesitzern diese besondere Situation erörtert“, berichtet Abteilungsleiter Christian Paulik. Zwar räumen die Experten ein, dass Preisänderungen aus der Auswertung der wenigen Kauffälle nicht abgeleitet werden konnten. Dennoch behält die Faustregel, dass Waldflächen rund ein Drittel des landwirtschaftlichen Bodenwerts erzielen, weiter ihre Gültigkeit.
Konkreter lässt sich die Entwicklung bei den Preisen für landwirtschaftliche Flächen fassen. Hier ermittelt der Gutachterausschuss bei Ackerland für den Kreis Neuwied aktuell eine Preisspanne von 60 Cent pro Quadratmeter etwa in Waldbreitbach bis hin zu 3,40 Euro in Engers. Dies entspricht einer Steigerung von rund 3 Prozent im Vergleich zu den Zahlen, die vor zwei Jahren vorgelegt wurden. Grünland liegt demnach in der Regel meist um 10 bis 20 Cent pro Quadratmeter unter diesen Preisen.
Bei den Flächen für Land- und Forstwirtschaft ist einerseits nach Einschätzung der Fachleute eine Abhängigkeit insbesondere von der Bodenqualität und der Grundstücksgröße erkennbar, allerdings werden die Einflüsse insbesondere in Ballungsräumen durch die Nähe zu den Siedlungsgebieten und den damit verbundenen Entwicklungen überlagert.
Doch zurück zu den Bodenrichtwerten und der Preisentwicklung für Bauflächen. Hier hat sich der Preis im Kreis Neuwied in Mischbauflächen um durchschnittlich 10 Prozent überdurchschnittlich erhöht. Im gesamten Bereich Westerwald-Taunus liegt die Steigerung im Mittel bei 7 Prozent. In reinen Wohnbauflächen sind die Preise im Kreis binnen zwei Jahren um 11 Prozent geklettert, im Zusammenspiel mit den drei anderen Kreisen lag das Plus im Schnitt bei 9 Prozent.
Beim Ranking der 31 Verbandsgemeinden und verbandsfreien Städten ist die Verbandsgemeinde Unkel der Spitzenreiter. Hier muss man im Schnitt schon stolze 186 Euro je Quadratmeter Wohnbauland berappen. Es folgen die Stadt Neuwied (182 Euro) und die Stadt Lahnstein (156 Euro). Mit den Verbandsgemeinden Bad Hönningen, Linz und Rengsdorf-Waldbreitbach belegt der Kreis Neuwied weitere drei Positionen innerhalb der ersten zehn Plätze (siehe auch Tabelle). Kreisweit am preiswertesten ist der Grunderwerb aktuell in der VG Puderbach. Am Ende der Gesamtliste findet sich mit den Verbandsgemeinden Wissen (43 Euro), Hamm (42 Euro) und der Alt-VG Flammersfeld (39 Euro) dreimal der Kreis Altenkirchen wieder.
Bodenrichtwerte können kostenlos unter www.geoportal.rlp.de oder www.boris.rlp.de abgerufen werden. Amtliche Auszüge der Bodenrichtwerte sind allerdings kostenpflichtig und werden von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses in Westerburg auf Antrag übermittelt.
Von unserem Redakteur Markus Kratzer