Überschwemmungen drohen immer mal wieder - Neue Maßnahmen - Bewegende Ereignisse
Sie steigt immer wieder über die Ufer: Die Wied als Gefahrenfluss
Tim Saynisch

Kreis Neuwied. Lange ist es noch nicht her: Ende Januar und Anfang Februar in diesem Jahr gab es das jüngste Hochwasser. Bevor viele Menschen in der Region die größeren Überschwemmungen am Rhein beobachteten, waren erst vor allem der Sayn- und Holzbach sowie die Wied über die Ufer getreten. Die Schneeschmelze im Westerwald und anhaltende Regenfälle waren die Ursache. Doch 2021 fiel das Hochwasser an der Wied harmlos aus – im Vergleich zu vielen vergangenen Hochwasserereignissen. Zudem sorgt nun eine Partnerschaft für zusätzliche Hochwasserschutzmaßnahmen.

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Ende Januar hatte die Wied an den gewohnten Stellen das Flussbett verlassen – das hatte Folgen für kurze Zeit. So war etwa die L 255 kurz vor Datzeroth nur noch eingeschränkt befahrbar, eine Ampel musste den Verkehr regeln. „Die Campingplätze in Niederbreitbach und Roßbach sind im Lauf des Tages langsam vollgelaufen“, sagte damals Peter Schäfer, Wehrleiter der VG Rengsdorf-Waldbreitbach. Viel Wasser stand im Wiedtal auch auf den Wiesen, diese Flächen dienen als Retentionsflächen. Dazu lief auch Wasser in die Kreuzkapelle, die zwischen Hausen und Waldbreitbach zu finden ist. Als Schutz wurden vor der Kapelle Sandsäcke aufgehäuft. „Diese verhindern, dass Schmutzwasser eindringt“, erklärt Ulrich Schmitz, ehemaliger Wehrleiter der früheren VG Waldbreitbach und Mitarbeiter am Hausener St. Josefshaus. Wasser sei aber auch über die Sandsäcke gelaufen bis in den Altarbereich. Vorsorglich waren Holzbänke herausgeschleppt worden, im Nachgang musste die Kapelle gesäubert werden.

Darüber hinaus war es aber 2021 relativ ruhig in Bezug auf das Hochwasser an der Wied, fasst Schäfer rückblickend zusammen: „Es gab Kontrollfahrten, aber die Feuerwehr musste nicht eingreifen.“ Bei der Verkehrsregelung erfolgte eine enge Abstimmung mit der Straßenmeisterei. Während es also 2021 relativ entspannt zuging, waren andere Hochwasserjahre an der Wied dagegen viel schlimmer – etwa speziell eins vor sehr langer Zeit.

Tragisch war die Hochwasserkatastrophe an der Wied im Februar 1909, wie schriftlich dokumentiert ist. Einige Häuser, wie in Waldbreitbach, wurden beschädigt, in Datzeroth stürzten Häuser, ein Stall und eine Scheune ein, Wassermassen ließen Telegrafenmasten umknicken. Bei einem Einsatz starben der Brandmeister Jakob Heinz und der Wehrmann Wilhelm Rockenfeller vom Löschzug Heddesdorf, daran erinnert heute ein Denkmal.

Weitere denkwürdigere Hochwasser aus der jüngeren Vergangenheit waren im Jahr 1984 und abgeschwächter im Jahr 2011. Anfang des Jahres 1984 erreichte die Wied mit 3,16 Meter den höchsten bisher am Pegel Friedrichsthal gemessenen Stand, wie der Infobroschüre Hochwasserpartnerschaft Wied-Holzbach aus dem Jahr 2019 zu entnehmen ist. Die Wied überschwemmte einige Abschnitte in den Gemeinden Waldbreitbach und Niederbreitbach, es entstanden hohe Schäden. Ulrich Schmitz erinnert sich 1984 auch noch daran, dass ein Wohnwagen durch das Hochwasser weggespült wurde und in der Wied schwamm.

Dagegen gab es harmlosere Hochwasser im Jahr 2019 oder auch vor rund zehn Jahren. „2011 sind in Niederbreitbach einige Sandsäcke verteilt worden“, erzählt Schmitz. Insgesamt sei es aber wegen Hochwasserschutzmaßnahmen nicht mehr so gravierend gewesen, denn der Wasserabfluss war besser als 1984. Das war unter anderem möglich durch neu gemachte Brücken wie in Hausen oder Roßbach. Dazu wurden laut Schmitz nach 1984 Gespräche mit Campingsplatzbetreibern geführt, sodass nah am Ufer liegende Plätze nicht belegt werden.

Damit die Schäden durch das Hochwasser zukünftig möglichst gering ausfallen, ist umfassende Hochwasservorsorge unabdingbar. Deshalb wurde 2013 etwa die Hochwasserpatenschaft Wied-Holzbach ins Leben gerufen. Um sich an den genannten Flüssen gegen das Hochwasser zu schützen, haben sich damals zur Partnerschaft zusammengeschlossen die Stadt Neuwied, die Verbandsgemeinden Rengsdorf-Waldbreitbach, Asbach, Flammersfeld, Altenkirchen, Hachenburg, Puderbach, Dierdorf und Selters sowie die zuständigen Landkreise Altenkirchen, Westerwald und Neuwied. Dabei kooperiert die Hochwasserpartnerschaft Wied-Holzbach etwa mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) und dem Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge (IBH).

In Workshops wurde seit der Gründung beraten, welche Maßnahmen zum Hochwasserschutz auf den Weg gebracht werden müssen. „Wir haben Handlungsansätze weiterentwickelt“, erklärt Dirk Kuhl, Wehrleiter der VG Puderbach. Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, wie zwei weitere Pegel im Oberlauf an der Wied und am Holzbach, die eine bessere Warnung ermöglichen. So wurde 2017 eine einfache Pegelmessstation (Holzbach) in Dierdorfer Stadtteil Brückrachdorf installiert und ein weiterer Pegel 2019 in Borod (Wied) in der VG Hachenburg. „Dadurch konnten wir die Vorwarnzeiten deutlich verbessern“, betont Kuhl. So habe die Feuerwehr einige Stunden mehr Vorlauf. Seitens des LfU wurde hierfür ein Pilotprojekt initiiert, die Standortssuche erfolgte durch die Arbeitsgruppe der Hochwasserpatenschaft und der SGD Nord, Regionalstelle Montabaur. Die Feuerwehr erhält Benachrichtigungen per SMS bei bestimmten Pegelständen. Dazu gibt es seit 2020 auch einen vorübergehenden Meldepegel in Dierdorf: „Dieser dient zur Überbrückung, bis der wasserwirtschaftliche Pegelausbau erfolgt“, sagt Kuhl.

Beim Hochwasser müssen, wie Kuhl hervorhebt, der Holzbach und die Wied zusammen betrachtet werden: „Der Holzbach bringt viel Wasser in die Wied“, erklärt Kuhl. Bei allen Hochwassern ist ihm besonders wichtig, die Bevölkerung rechtzeitig zu informieren und aufzuklären. Hier unterstreicht er, dass die Einsatzkräfte nur in Notfällen eingreifen. Er plädiert für Vorsorgemaßnahmen seitens der Bürger: „Sie sollen die Dinge selbst in die Hand nehmen und vorsorgen.“ Vorbereitende Maßnahmen müssen unter anderem auch die Campingplätze wie der Campingplatz Wiedschleife in Roßbach treffen. Vorsichtshalber werden zur nötigen Zeit, wie es auch die Auflagen vorschreiben, die Wohnanhänger aufgebockt und alle losen Gegenstände weggeräumt. Für Notfälle dagegen möchte Kuhl für die Zukunft weiter die Alarm- und Einsatzplanung verbessern.

Von unserem Redakteur Lars Tenorth

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