Sie haben schon vor der Jahrtausendwende die Bürger im heimischen Wahlkreis im Bundestag vertreten – und blicken heute als erfahrene Ex-Politiker auf die politische Situation: Ludwig Eich (82, SPD) und Werner Wittlich (78, CDU) sind sogenannte Urgesteine ihrer Parteien und mit vielen Wassern gewaschen. Welche Unterschiede erkennen sie im Vergleich zu ihrer Abgeordnetenzeit, und was erhoffen sie sich von der aktuellen Bundestagswahl? Darüber unterhielt sich unsere Zeitung mit beiden Männern.
Wittlich und Eich waren in Land- und Bundestag
„Für mich war die Zeit als Kandidat und dann auch als Abgeordneter durchaus schwierig“, erzählt Werner Wittlich, der sich von 1998 bis 2005 und dann noch mal ab 2009 als Nachrücker im Bundestag engagierte. Immerhin hatte der Kurtscheider zeitgleich einen Elektrobetrieb zu führen. Und für den blieb zugunsten der politischen Karriere immer weniger Zeit. „Da ist viel an meiner Frau hängen geblieben. Auch wenn Gott sei Dank alles gut gegangen ist, war da im Hinterkopf immer das Risiko, dass etwas schiefgehen könnte.“
Bei Ludwig Eich, der von 1994 bis 2002 im Bundestag saß, sah das anders aus. Ein Unternehmen musste der Buchholzer nicht mit seinem Mandat unter einen Hut bringen. Eich, der einst von Landwirt auf Programmierer umschulte und später als SPD-Parteisekretär in Neuwied wirkte, fand dank Wählervotum den direkten Weg über Mainz nach Bonn. Apropos. Bis zum Umzug des Parlaments nach Berlin 1999 beschreibt Eich sein Abgeordnetenleben als „einfach und schwierig zugleich“. Was er damit meint: „Aufgrund der Nähe zum Wahlkreis bedeutet das für mich in den Sitzungswochen, dass ich nach dem Tagespensum abends oft noch auf Termine im Wahlkreis gefahren bin.“
„Mit dem Internet werden Abgeordnete zunehmend gläserner, und überall werden Aussagen von Politikern verdreht. Heute wird mit Sprüchen auf Tiktok Stimmung gemacht.“
Werner Wittlich (CDU), ehemaliger Bundestagsabgeordneter aus Kurtscheid
Davon abgesehen steht sowohl für Wittlich als auch für Eich fest: In vielerlei Hinsicht ist Politik ein schwierigeres Geschäft geworden. Wittlich macht das unter anderem an der deutlich veränderten Medienlandschaft fest: „Mit dem Internet werden Abgeordnete zunehmend gläserner, und überall werden Aussagen von Politikern verdreht. Heute wird mit Sprüchen auf Tiktok Stimmung gemacht.“ Zu seiner Zeit habe es das nicht gegeben, Handys seien damals erst aufgekommen. Mit Blick auf junge Menschen zweifelt Wittlich an, ob es so gut ist, wenn sich „viele, nicht alle“ ausschließlich in sozialen Netzwerken über Politik informieren. Er selbst habe sich stets auf „seriöse Medien verlassen und immer mehrere Tageszeitungen gelesen“. Aus Sicht von Eich haben sich die von Politikern zu lösenden Probleme verschoben. Nicht nur angesichts der Medienlandschaft findet er: „Heute ist es hart, politisch zu bestehen.“

Wittlich stört zudem, dass heutzutage im Parlament zwar viel geredet, aber nicht gehandelt werde. Dabei streift er die Frage, ob tatsächlich ein Querschnitt der Bevölkerung im Deutschen Bundestag vertreten ist. Wittlich bezweifelt das – und zitiert in dem Zusammenhang mit Herbert Wehner eine große SPD-Leitfigur: „Der sagte immer, das Parlament sei einmal voller, einmal leerer, aber immer voller Lehrer.“ Ein Ungleichgewicht, das Wittlich auch beim aktuellen Bundestag ausmacht: „Gefühlt sitzen dort nur noch Juristen, die dann Entscheidungen, etwa in der Wirtschaftspolitik, treffen“, so der ehemalige Kreishandwerksmeister.
„Die Worte von Trump dazu belasten schwer.“
Ludwig Eich (SPD), ehemaliger Bundestagsabgeordneter aus Buchholz
Auf die Bundestagswahl am Sonntag angesprochen, betont Wittlich: „Das Wichtigste für mich ist, dass wir eine Regierung bekommen, die handeln kann.“ Dabei steht für ihn außer Frage, dass die CDU nicht mit der AfD zusammenarbeiten wird: „Diese Haltung hat Friedrich Merz auch, glaube ich. Ich habe früher gut mit ihm zusammengearbeitet.“ Sollte seine Partei doch mit der AfD gemeinsame Sache machen, „trete ich nach 50 Jahren Parteizugehörigkeit aus“, so Wittlich.
Für Eich sind zwei Dinge wünschenswert, „dass die Rechten an Boden verlieren und die SPD auch künftig wieder Politik machen und mitgestalten kann, was diesmal schwerer werden dürfte“. Er warte jetzt ab, wie sich die Lage entwickelt, auch mit Blick auf die Ukraine. „Die Worte von Trump dazu belasten schwer“, sagt Eich.