Das Stück „Kalter weißer Mann“, das am Freitag im Schlosstheater Neuwied Premiere feierte, bewegt die Zuschauer. Die Vorstellungen sind voll, die Zuschauer begeistert – und das hat vielleicht auch mit dem kontroversen Thema zu tun, um das sich das Stück dreht und zu dem fast jeder eine Meinung hat: dem Gendern.
Viele im Publikum der Dienstagsaufführung werden im Saal wohl Jochen Busse erkannt haben. Der bekannte Schauspieler und Kabarettist, der selbst schon mehrfach in Neuwied aufgetreten ist, ließ es sich nicht nehmen, die aktuelle Inszenierung mit seinem Freund René Heinersdorff anzuschauen. „Ein hervorragendes Stück, ein sehr unterhaltsamer Abend mit tollen Darstellern“, fasste er seinen Eindruck zusammen.
Bonn und Frankfurt bringen Stück ebenfalls auf die Bühne
Wer sich in der Theaterszene auskennt, konnte an diesem Abend einige weitere Prominenz in Neuwied sehen: Neben den Schauspielerinnen Bianca Hein und Yael Hahn war der Leiter des Contra-Kreis-Theaters Bonn zu Gast, ebenso die beiden Leiter der Frankfurter Komödie. Diese bringen das Stück im Herbst ebenfalls auf die Bühne. Das Ensemble freute sich auch über den Besuch von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob, die das Stück geschrieben haben.
„Wenn die Autoren da sind, freut man sich natürlich ganz besonders über die vielen intensiven Lacher und die begeisterte Reaktion des Publikums“, sagt Hauptdarsteller und Intendant René Heinersdorff. Seit der Premiere wurde jede Aufführung mit lang anhaltendem Applaus im Stehen belohnt – und der Kartenverkauf für die Komödie mit Tiefgang läuft auch gut.

„Wir waren uns nicht sicher, ob Themen wie Gendern und politisch korrekte Sprache nicht schon wieder etwas aus dem Fokus der Diskussion geraten sind. Andererseits funktionieren gerade Komödien am besten, wenn die Themen sich schon im Bewusstsein gesetzt haben“, schildert Heinersdorff.
Die beiden Autoren, die in Neuwied die vierte Inszenierung ihres Stückes sehen konnten, waren begeistert: „Hier ist insbesondere das Timing ganz hervorragend. Es ist verblüffend zu sehen, wenn Dinge anders umgesetzt werden, als man sie geplant hatte – und sie dann umso besser funktionieren“, erklären sie. Und sagen unisono, dass dies die bisher beste Umsetzung des Stückes sei, die sie gesehen haben. Auch das abgeänderte Ende gefällt ihnen. Regisseurin Katarina Schmidt hat eine versöhnliche Szene an den Schluss gestellt.

Wie in Neuwied ein Trauerfall in einem Shitstorm endet
Mit dem Gendern und Standpunkten dazu setzt sich das Schlosstheater Neuwied in seinem neuen Stück „Kalter weißer Mann“ auseinander. Trotz Aufregerthema: Dem Publikum gefällt es – und es bringt vielleicht den einen oder die andere zum Nachdenken.
„Die spaltenden Diskussionen um Gendersprache, kulturelle Aneignung, Sexismus und Political Correctness gehen ja hoch her, und das Stück zeigt, dass es dafür außer Toleranz keine gangbare Lösung gibt. Wir wollten die verbindenden Elemente gern in den Mittelpunkt und auch ans Ende stellen“, erklärt Schmidt.
Dazu gehört auch, dass Heinersdorffs Rolle als typischer alter, weißer Mann relativ „nett“ angelegt ist. Viele im Publikum dürften sich in Sätzen wie „Ich komme vom Dorf – da wurde das Geschlecht genommen, das auf den Tisch kam“ wiederfinden. Ein Stück, das Besucher und Besucherinnen noch bis zum 25. Mai zum Lachen und Nachdenken bringt.