Bei fünf Stimmen der SPD gegen neun Stimmen der CDU lehnte der Rat den Doppelhaushalt für 2023/24 auch in der neuen, überarbeiteten Fassung ab. Ein Grund: Die vom Land geforderten Steuererhöhungen, die Rheinbrohl ablehnt (wir berichteten). Aber ein Haushalsausgleich ist gesetzlich vorgeschrieben. Der ist jedoch unter anderem für Rheinbrohl nicht zu schaffen. Die Gemeinden werden vom Land dazu verdonnert, immer mehr Aufgaben zu übernehmen: Zum Beispiel teure Kitas zu bauen, die sich die Gemeinden gar nicht leisten können. Nur versäumt es das Land, die Gemeinden mit den entsprechenden Finanzmitteln auszustatten. Die Folge: Rheinbrohl hat keinen genehmigten Haushalt und bleibt bis Ende des Jahres unter vorläufiger Haushaltsführung.
Klage gegen die Kommunalaufsicht soll angestrengt werden
Nun will Rheinbrohl klagen. Im Januar hatte die Gemeinde bereits fristgerecht Widerspruch gegen die Beanstandung des ersten Haushaltsentwurfs durch die Kommunalaufsicht eingelegt. Jetzt soll eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt werden, den Widerspruch fachlich zu begründen. Mit neun Stimmen der CDU und gegen vier Stimmen der SPD (bei einer Enthaltung) stimmte der Rat dafür, diesen Weg zu gehen. „Wir sind damit die letzte Kommune in Rheinland-Pfalz, die die Erhöhung der Steuersätze nicht beschlossen hat“, behauptete Ortsbürgermeister Oliver Labonde zu Beginn der Haushaltsdiskussion, bevor Kämmerer Ulrich Simon das Zahlenwerk beleuchtete und die Folgen skizzierte, mit denen man rechnen muss, wenn der Rat erneut den Haushalt samt der geforderten Steuererhöhungen ablehnt.
Dass die Gemeinde den Haushaltsausgleich nicht hinbekommt, ist nicht neu. Das war, wie Simon ausführte, in den vergangenen 20 Jahren kaum anders. Jetzt fordert die Kommunalaufsicht jedoch alle Städte und Gemeinden auf, das dringend zu ändern, indem sie entweder Ausgaben reduzieren oder Einnahmen erhöhen – oder beides zu tun, wenn der Haushalt genehmigt werden soll. Viele Gemeinden seien in der gleichen Situation. Simon verwies auf Erpel, wo die Grundsteuer B wie von der Aufsichtsbehörde gefordert jetzt sogar 610 Prozent betrage. „Die Erhöhung kommen natürlich zu einem denkbar unglücklichen Zeitpunkt. Aber die gesetzlichen Regelungen lassen keinen Spielraum, es nicht zu tun“, mahnte Simon und Bürgermeister Jan Ermtraud ergänzte: „Die Finanzausstattung der Gemeinde ist nicht ausreichend. Aber, wenn Sie nicht erhöhen, kann die Gemeinde keine Förderungen aus dem I-Stock beantragen oder auch Vereine nicht unterstützen.“
Die Steuererhöhungen sind alternativlos. Auf Zeit zu spielen, bringt uns nichts. Die Gemeinde muss sonst die Konsequenzen tragen.
Klaus Anhäuser (SPD)
Einsparungen sind in Rheinbrohl jedoch kaum möglich, also sollen die Einnahmen erhöht werden. Dabei soll die Gemeinde die Steuern nicht nur auf die Nivellierungssätze des Landes anheben, sondern noch ein ordentliches Schippchen drauflegen und die Grundsteuer B auf 520 Prozent anheben (Vorgabe: 465 Prozent). Aber auch diese Anhebung bringt keinen ausgeglichenen Haushalt. Der Rheinbrohler Etat wies in der ersten Fassung vom Dezember ein Defizit von 1,2 Millionen auf. Der aktuelle Haushaltsentwurf, in dem Steuererhöhungen schon eingerechnet sind, weist trotzdem noch ein Minus von mehr als 800.000 Euro auf. Das gleiche gilt für 2024. Was heißt das für Zukunft? Müssen die Steuern jetzt jedes Jahr erhöht werden, fragten sich einige Ratsmitglieder.
Das Land in der Kritik
„Unsere Einnahmen können unsere Ausgaben, nicht decken. Es ist ein Fehler im System, dass Kommunen nicht mit ausreichend mit Finanzmitteln ausgestattet werden. Stattdessen fließen fast alle Einnahmen in die Umlagen, und Rheinbrohl wurde auch noch vom Land dazu verdonnert, eine 4 Millionen Euro teure Kita zu bauen“, kritisierte Steffen Jungbluth (CDU). Die Kita wird zwar über den Zweckverband finanziert, jedoch nach Anzahl der Kinder aus einem Ort abgerechnet. Rund 95 Prozent der Kinder in der neuen Kita sind aus Rheinbrohl. Entsprechend hoch ist der Anteil, der auf Rheinbrohl entfällt.
Klaus Anhäuser (SPD) mahnte, dass „die Gesetzeslage nun mal so ist, wie sie ist, auch wenn sie uns nicht gefällt“. „Die Steuererhöhungen sind alternativlos. Auf Zeit zu spielen, bringt uns nichts. Die Gemeinde muss sonst die Konsequenzen tragen. Die Finanzausstattung der Gemeinden muss überdacht werden“, forderte er. Die CDU hatte einen Antrag formuliert, die Steuern anzuheben, aber dabei 5 Prozentpunkte unter den Nivellierungssätzen des Landes zu bleiben. Dieser Idee erteilte Simon eine Absage, denn der Rat sei vom Kreis aufgefordert worden, bis spätestens 30. Juni eine Haushaltssatzung zumindest für das Jahr 2023 zu erlassen. Der Zeitrahmen, einen geänderten Etat vorzulegen, sei nicht mehr umsetzbar. Ob Rheinbrohl es schaffe, einen genehmigten Haushalt für 2024 hinzubekommen, so Simon, sei eher schwierig, auch vor dem Hintergrund, dass im Frühjahr eine Kommunalwahl ansteht. Sicher sei, dass Rheinbrohl in diesem Jahr ohne Haushalt auskommen muss.