Um die Restaurants in der Pandemie zu entlasten, war der Steuersatz 2020 von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden – so konnten die Gastronomen ihre Speisen und Getränke günstiger anbieten. In Anbetracht einer insgesamt schwierigen Lage für viele Restaurants hatten viele im Gastgewerbe darauf gehofft, dass die Regelung dauerhaft erhalten bleibt – aber der Staat wollte nicht dauerhaft auf die Einnahmen von geschätzten 3,3 Milliarden Euro pro Jahr verzichten.
Wir wollten wissen, wie die Gastronomen im Kreis auf die Anpassung reagieren: Finden sich die höheren Preise direkt in den Speisekarten wieder? Oder konnten die Kosten anderweitig aufgefangen werden?
Dirk Paganetti, Inhaber von „Paganetti’s Zur Erholung“ in Verscheid, erinnert sich an den vergangenen November: „Ich war sehr zuversichtlich, dass die Proteste fruchten würden, und habe noch neue Speisekarten mit den etablierten Preisen drucken und binden lassen. Natürlich habe ich mich erst mal geärgert. Wir haben dann aber versucht, durchzuhalten, und die Preise nicht zu ändern“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Eine Zeit lang ließ sich das auch umsetzen.
Wir haben versucht durchzuhalten und die Preise nicht zu ändern.
Das hat aber nur eine Weile geklappt, sagt Dirk Paganetti, Inhaber von „Paganetti’s Zur Erholung“ in Verscheid
Doch die Bilanz nach dem ersten Vierteljahr zeigte, dass eine Anpassung nötig war „Die Steuererhöhung allein hätten wir vielleicht noch auffangen können. Aber die Preise sind in so vielen Bereichen gestiegen, dass wir reagieren mussten. Das haben sogar unsere Kunden wahrgenommen. Mehrere von ihnen haben uns darauf hingewiesen, dass sie in anderen Restaurants für schlechtere Qualität mehr bezahlen mussten.“
Verständnis bei den Gästen erleben auch andere Gastronomen. „Die merken ja auch, dass die Preise in vielen Bereichen gestiegen sind“, erklärt Frank Ruck, der das „Früh im Landratsgarten“ in Heddesdorf leitet. „Wir haben die Preise zum Jahreswechsel entsprechend angepasst, und ich habe den Eindruck, dass unsere Kunden das auch akzeptieren“, fährt er fort.
Qualität und Service sind wichtiger denn je
„Allerdings ist es in dieser Situation besonders wichtig, dass sowohl Qualität als auch Service stimmen. Die Leute sparen eher, indem sie die Frequenz reduzieren, in der sie ins Restaurant gehen. Für den relativ hohen Preis erwarten sie dann aber auch eine hochwertige Leistung – mein Team und ich geben uns große Mühe, diese sicherzustellen“, sagt er.
Auch Odette Freytag vom „Hotel zur Post“ in Waldbreitbach sah keine Alternative dazu, die Preise zu erhöhen. „Wir haben das genau durchgerechnet und haben zum Jahreswechsel exakt die entstandene Differenz auf die Preise aufgeschlagen“, erklärt sie.
Die Lebensmittelpreise sind enorm gestiegen – das ist für die Gastronomen nicht anders als für den Verbraucher. Und auch der gestiegene Mindestlohn macht sich in dieser Branche besonders stark bemerkbar.
Patrick Doll, Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands
Alle angesprochenen Gastronomen sprechen an, dass es nicht allein an der Steueranpassung liegt, dass sie die Preise erhöhen mussten. Das bestätigt auch Patrick Doll von der Monte-Mare-Betriebsgesellschaft, der auch Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) ist.
„Die Lebensmittelpreise sind enorm gestiegen – das ist für die Gastronomen nicht anders als für den Verbraucher. Und auch der gestiegene Mindestlohn macht sich in dieser Branche besonders stark bemerkbar. Hinzu kommen noch die weiterhin hohen Energiekosten – und der immer weitere Verwaltungsaufwand, den die Gastronomen betreiben müssen“, erklärt er.
Unverständnis gibt es bei den Gastronomen auch, weil sie sich im Vergleich zu den Kollegen aus anderen EU-Ländern benachteiligt sehen: In 23 der 27 EU-Mitgliedstaaten gibt es einen ermäßigten Steuersatz für die Gastronomie. Einen weiteren Punkt spricht Dirk Paganetti an: „Imbisse, die Speisen außer Haus verkaufen, haben weiterhin einen Steuersatz von 7 Prozent – das ist nur schwer nachzuvollziehen.“
Es wird scharf kalkuliert
Auch Giuseppe Leonardi vom Pino Italia in Neuwied hat die Preise in diesem Jahr etwas angehoben – versucht aber, die allgemeine Kostensteigerung mit anderen Methoden aufzufangen. So fällt etwa für die Anmietung der Veranstaltungsräume eine Saalmiete an – außer wenn dort auch gegessen wird. Bestellen Gäste zum Essen weitere Brotkörbe nach, schlägt sich auch das jetzt auf der Rechnung nieder. „Das sind natürlich keine gewaltigen Summen“, sagt Ulrike Leonardi. „Aber wir müssen scharf kalkulieren, um wirtschaftlich arbeiten zu können.“
Auch im Fischrestaurant „La Mer“ in Niederbieber sind die Preise in diesem Jahr gestiegen. Betreiber Burkhard Weller erklärt, dass dafür neben der Umsatzsteuer die Steigerungen bei Einkaufspreisen sowie den Löhnen verantwortlich sind. „Die Lohnkosten sind insgesamt um etwa 30 Prozent gestiegen“, sagt er. „Das lässt sich ohne Preissteigerungen nicht auffangen.“