Der Kreis Neuwied sticht beim neuen Fahrradklima-Test 2024 des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) hervor – allerdings nicht im positiven Sinn. Die Stadt Neuwied und die Gemeinde Windhagen schneiden in ihrer jeweiligen Größe am schlechtesten in ganz Rheinland-Pfalz ab und landen auch bundesweit ganz weit hinten in der Rangliste. Die Menschen, die sich an der Umfrage des ADFC beteiligt haben, geben Neuwied und Windhagen in puncto Fahrradfreundlichkeit miserable Noten.
Während sich zum Beispiel Koblenz seit 2020 von der Schulnote 4,7 auf 4,0 deutlich verbessert hat, ist Neuwied weiterhin das Schlusslicht in Rheinland-Pfalz. Die Stadt liegt zum wiederholten Mal abgeschlagen am Ende des Felds der Städte zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern. Mit einer Note von 4,5 belegt Neuwied auch bundesweit nur Platz 106 von 113.

Besonders negativ sehen die Umfrageteilnehmer laut ADFC die Sicherheit im Straßenverkehr. Fast drei Viertel der Befragten gaben der Stadt in diesem Punkt die Note mangelhaft oder ungenügend. 94 Prozent der Befragten ist das Thema aber wichtig. „Hier besteht ein eklatanter Unterschied zwischen den Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger und der tatsächlichen Situation in der Stadt“, so der Fahrradklub.
Ein noch schlechteres Resultat als Neuwied erzielt Windhagen. Mit der Note 4,91 strandet die Ortsgemeinde auf dem vorletzten Platz bundesweit (Platz 422 von 423) in der Kategorie der Kommunen unter 20.000 Einwohnern – laut ADFC ein Wert, der die ungenügende Situation für Radfahrende vor Ort widerspiegelt.
Die Lage in Neuwied
„In Neuwied tut die Stadtverwaltung nichts, das ist ein Riesenproblem“, sagt Gerd Engel, stellvertretender Landeschef des ADFC, im Gespräch. „Es ist auch ein Wollen“, damit sich im Radverkehr etwas tut, findet er. Irgendwann sei der „Leidensdruck“ dafür groß genug.
Neuwied habe mittlerweile Jahrzehnte aufzuholen. Dabei könne der Radverkehr auch kostengünstig gefördert werden, indem dieser zunächst bei allen Planungen im innerstädtischen Bereich direkt mitgedacht wird, wie es seit einigen Jahren in Koblenz gemacht wird. Als anderes Positivbeispiel führt der ADFC Landau an. Die 48.000-Einwohner-Stadt ist mit der Note 3,34 eine der radfreundlichsten Städte in Rheinland-Pfalz und dem Fahrradklub zufolge ein Beispiel dafür, „was engagierte Radverkehrspolitik vor Ort erreichen kann“.

In Neuwied ist man da noch lange nicht, aber laut Stadt hat sich diese immerhin auf den Weg gemacht. „Wir sind in einen Prozess eingestiegen. Der läuft noch“, sagt Stadtpressesprecher Ulf Steffenfauseweh auf Anfrage. Bis tatsächliche Änderungen auch zu einer deutlichen Verbesserung der Stimmung bei den Radfahrern führen, die an der ADFC-Umfrage teilnehmen, dauere es seine Zeit. Auch wenn man sich bei dem jetzigen Fahrradklima-Test ein klein wenig verbessert habe, sei man mit dem Ergebnis nicht zufrieden. „Natürlich ist das weiterhin schlecht. Es bleibt viel zu tun.“
Der Stadtrat hat im Juli 2023 den Verkehrsentwicklungsplan beschlossen. Darin sind zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs enthalten, listet Steffenfauseweh auf. Enthalten sind zum Beispiel die Umwandlung der Engerser Straße (Baubeginn noch 2025) und der Kurtrierer Straße in Irlich in Fahrradstraßen.
„Es bleibt viel zu tun.“
Stadtpressesprecher Ulf Steffenfauseweh
Bereits Verbesserungen erreicht wurden demzufolge zum Beispiel in Engers. Hier hat die Stadt im Winter eine Lücke auf dem Radweg an der Rheinpromenade geschlossen, vor Kurzem wurden einige Ampeln mit grünen Pfeilen für rechtsabbiegende Radfahrer ausgestattet.
Auch der Radweg entlang der Andernacher Straße wurde verändert. „Das ist immer noch keine optimale Lösung, aber wir haben ihn auf Kosten einer Autofahrspur verbreitert und entschärft, was mit relativ geringem Aufwand möglich war.“ Der Aufwand ist für die Stadt Neuwied ein entscheidender Punkt bei der Infrastruktur für den Radverkehr: „Wir würden durchaus auch noch mehr machen, aber unsere personellen Ressourcen sind eingeschränkt, und es gibt leider auch kaum Fachkräfte auf dem Markt.“

Hinzu komme, dass es zurzeit bekanntlich einige Baustellen in der Stadt gibt, „das macht die Situation für die Radfahrer im Moment nicht einfacher“. Aber gerade bei der Schlossstraße werde sich nach Abschluss der Arbeiten die Situation für die Radfahrer deutlich verbessern, betont der Pressesprecher. Überhaupt werde Neuwied mit den laufenden und geplanten Maßnahmen ein Radverkehrsnetz in der Innenstadt bekommen.
Die Lage in Windhagen
Windhagen hat sich im Fahrradklima-Test 2024 verbessert, aber auf dem niedrigsten denkbaren Niveau: Die Gemeinde in der Verbandsgemeinde Asbach belegt nicht mehr den letzten Platz in ganz Deutschland, sondern „nur noch“ den vorletzten. „Das Hauptproblem hier ist das Sicherheitsgefühl“, sagt Gerd Engel vom ADFC. Es gebe kaum Infrastruktur speziell für die Radfahrer, und in der Gemeinde gibt es auch wegen einiger großer Firmen viel Schwerlastverkehr auf den Straßen. Und auch weil sich im benachbarten Rhein-Sieg-Kreis viel tut, schneidet Windhagen im Vergleich besonders schlecht ab, vermutet Engel.

Hans-Dieter Geiger, Bürgermeister von Windhagen, sieht ebenfalls klaren Handlungsbedarf. „Wir sind dran“, sagt er im Gespräch und verweist auf das Radwegekonzept, das die Gemeinde seit einer Weile hat und das man auch mit Unterstützung des Planungsbüros Stadt-Land-Plus angehen will. „Wir gucken, was wir in den nächsten Jahren machen können“, unter anderem eine Anbindung mit einem Radweg an das nahe NRW will man schaffen. Für ihn ist klar: „Wir müssen besser werden.“
Der Fahrradklima-Test des ADFC
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrer. Er wird alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt. Rund 213.000 Radfahrer haben bei der Online-Befragung laut ADFC abgestimmt, in Neuwied waren es diesmal 183, in Windhagen 79. Es handelt sich beim ADFC-Fahrradklimatest nicht um eine objektive Studie, sondern um eine subjektive und nicht repräsentative Umfrage, an der jeder teilnehmen und seiner Gemeinde Schulnoten geben kann, solange das Quorum von zum Beispiel 50 Teilnehmern in der Kategorie bis 20 000 Einwohner erreicht wird. Insgesamt holt Rheinland-Pfalz eine Schulnote von 4,2. Das ist schlechter als in jedem anderen Flächenbundesland.

So schlecht schneidet RLP bei Fahrradklima-Test 2024 ab
Die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests 2024 sind da: Rund 213.000 Radfahrer haben bei einer Online-Umfrage im Herbst über die Fahrradfreundlichkeit von Städten und Gemeinden abgestimmt. Rheinland-Pfalz kommt schlecht weg.