In der „Moto59-Foodgarage“ an der A3, wo seit Dezember zwischen alten Motorrädern Fastfood gereicht wird, bricht am Sonntag gegen 21.55 Uhr lauter Applaus aus. Es gibt nur noch strahlende Gesichter. Ellen Demuth, CDU-Direktkandidatin im Wahlkreis Neuwied, hat es rechnerisch in den Bundestag geschafft. Noch sind zu diesem Zeitpunkt nicht alle 426 Wahlbezirke ausgezählt worden, aber es reicht schon jetzt zum Jubeln. „Ich will kurz das Wort ergreifen und mich vor allem bedanken. Wir haben es geschafft, ein großartiges Ergebnis für die CDU zu erzielen“, sagt Ellen Demuth bei ihrer Wahlparty in Oberhonnefeld-Gierend.
Rückblickend habe der intensive Wahlkampf die Gesellschaft gespalten wie selten zuvor. „Ich bin froh, dass es geschafft ist. Ich bin als neue Kandidatin in den kurzen Wahlkampf gestartet. Ich hatte Respekt davor, dass mich die Menschen im Landkreis Altenkirchen nicht so gut kennen. Ich wusste nicht, ob sie mir ihr Vertrauen schenken würden“, erklärt das neue Bundestagsmitglied unserer Zeitung. Müde, aber glücklich lächelt sie in die Kamera, die Erleichterung ist bei der 42-jährigen Betriebswirtin aus Linz spürbar. Zu den Gratulanten aus der CDU-Familie zählen unter anderem Martin Buchholz, Beigeordneter der VG Asbach, und Pierre Fischer, Beigeordneter der VG Rengsdorf-Waldbreitbach. Glückwünsche gibt es auch in digitaler Form aus Neuwied vom am selben Abend wiedergewählten Oberbürgermeister Jan Einig.
„Das überrascht mich sehr.“
Ellen Demuth über das verbesserte Erststimmenergebnis der CDU im Wahlkreis Neuwied im Vergleich zur Bundestagswahl 2021
In der Nacht zum Montag wird klar: Die Linzerin hat das Wahlergebnis von Erwin Rüddel im Jahr 2021 um 3,7 Prozentpunkte getoppt. Laut vorläufigem Wahlergebnis sichert sich Ellen Demuth 35,6 Prozent der Erststimmen. „Das überrascht mich sehr“, sagt Demuth. Sie tritt nun das politische Erbe von Erwin Rüddel an, der von Oktober 2009 bis zu seinem völlig unerwarteten Tod am 3. Februar dieses Jahres im Bundestag saß. Angesichts einer drohenden Kampfabstimmung im Vorfeld der diesjährigen Wahl hatte Rüddel eine erneute Kandidatur zurückgezogen. Bei der Delegiertenversammlung im November setzte sich Ellen Demuth schließlich klar gegen Justus Brühl aus Scheuerfeld durch. Noch am späten Sonntagabend berichtet das neue Bundestagsmitglied, wie ihr Wochenstart in der Bundeshauptstadt verläuft: Am Montagnachmittag geht es nach Berlin, denn schon am Dienstag treffen sich die Landesgruppe und die neue Fraktion der CDU/CSU.

Rückblick: Der Wahlabend am Sonntag in Oberhonnefeld-Gierend beginnt für die langjährige Landtagsabgeordnete mit Rückenwind, denn in Berlin haben sich nach Veröffentlichung der Wahlprognose Kanzlerkandidat Friedrich Merz und die CDU im Konrad-Adenauer-Haus zum Wahlsieger erklärt. „Wir sind stärkste Kraft geworden. Jetzt ist es sein Auftrag, den Wahlerfolg und das Vertrauen der Wähler anzunehmen und dafür zu sorgen, eine stabile Regierung zu bekommen“, sagt Ellen Demuth.
„Natürlich bin ich noch nervös, wie der Abend ausgeht.“
Ellen Demuth nach den ersten Auszählungen am Wahlabend
Bei Pizza und Antipasti blicken Familie, Freunde und Parteikollegen gebannt auf die im Restaurant aufgebaute Leinwand und ihre Smartphones, um die Auszählung im Wahlkreis Neuwied zu verfolgen. Das obere Stockwerk im „Moto59“ ist im Rechenfieber. „Im Moment bin ich noch sehr angespannt. Ich warte erst mal ab, wie es steht und ob es gut ausgeht. Es geht ja nicht nur darum, dass wir den Wahlkreis gewinnen, sondern auch wie deutlich“, erklärt Demuth, nachdem 257 der 426 Wahlbezirke ausgezählt sind.
Aufgrund der Wahlrechtsreform herrscht noch Unsicherheit, denn nicht mehr alle Direktkandidaten ziehen automatisch in den Bundestag ein. „Ich bin sehr optimistisch. Ich freue mich, dass mich schon so viele Wähler gewählt haben, und bedanke mich für das Vertrauen. Natürlich bin ich noch nervös, wie der Abend ausgeht“, gibt die CDU-Kandidatin einen Einblick in ihr Seelenleben. Mental und rechnerisch unterstützt wird sie von ihrem Lebensgefährten Markus Köhler, ihrer Tochter Emilia und dem Rest ihrer Familie.

Einer ihrer Leidensgenossen ist ebenfalls Jan Petry, der Vorsitzende des Neuwieder CDU-Kreisverbands. „Diese Rechnerei mit den Erststimmen ist auch für uns neu. Sonst hat man zwar auch bis in die Nacht gesessen, da kam es auf die Landesliste an. Jetzt muss man immer quergucken, wie die anderen Kandidaten in Rheinland-Pfalz stehen. Da kann sich noch gar nicht so eine richtige Freude einstellen,“ so Petry, nachdem mehr als die Hälfte der Wahlbezirke im Wahlkreis ausgezählt ist und Ellen Demuth vorn liegt. Es bleibe dennoch ein spannender Abend.
Zu den rund 100 Gästen in Oberhonnefeld-Gierend, die Demuth als ihre „intensivsten Unterstützer“ bezeichnet, zählt auch Ralf Seekatz, Westerwälder EU-Abgeordneter. „Die Ungewissheit ist bei allen da, aber ich bin ganz zuversichtlich, dass die Ellen das hier schafft. Mit dem Ergebnis auf der großen bundespolitischen Bühne können wir nicht zufrieden sein. Da hätte ich mir ein klares Ergebnis gewünscht – auch mit Blick auf Europa. Wir brauchen stabile Verhältnisse in Deutschland“, so Seekatz wenige Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe des Triumphs der Linzerin.

Ellen Demuth (CDU) will nach der Wahl Brücken bauen
In der dritten Legislaturperiode ist die CDU-Politikerin Ellen Demuth Abgeordnete des Landtags. Nun tritt sie als Direktkandidatin ihrer Heimat für den Bundestag an. Was möchte die Linzerin dort bewegen und woher kommt ihre Begeisterung für Politik?