Der Wolf emotionalisiert. Herdentierhalter machen sich große Sorgen. Seitdem ein Wolfsrudel auch in der VG Puderbach nachgewiesen wurde, ist das Thema noch präsenter. Die große Frage, die die Akteure im vollen Puderbacher Gemeinschaftshaus teilweise leidenschaftlich diskutierten, ist, wie der Wolf in Schach gehalten werden kann. Hier gibt es unterschiedliche Ansichten – vor allem im Hinblick auf das Töten der Tiere. Das Koordinationszentrum Luchs und Wolf (Kluwo) als zuständige Stelle für das operative Wolfsmanagement des Landes hatte, gemeinsam mit dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, zum Infoabend „Der Wolf im Westerwald“ eingeladen. Die Veranstaltung ging insgesamt knapp drei Stunden und war eine Programmmischung aus Vorträgen, Podiumsdiskussion und Fragen aus dem Publikum, die digital gesammelt und gewichtet wurden.
„Die meisten Übergriffe passieren bei den Hobbytierhaltern.“
Peter Sound vom Umweltministerium des Landes

Nach Einführungsworten von Puderbachs VG-Bürgermeister Volker Mendel und Moderator Thomas Uhlendahl führte Peter Sound vom Umweltministerium des Landes in das Wolfsthema ein. Die Zahl der Wölfe in Deutschland beziffert Sound mit rund 1500. „In Rheinland-Pfalz spielt die Musik im Westerwald“, betonte er. Das Puderbacher Rudel bezeichnete er als relativ ruhig. Am Ende seines Vortrags hob er unter anderem hervor, dass der Wolf inzwischen ein Teil unserer Natur sei, das Jagdrecht kein Problem löse, aber helfen könne, Problemwölfe zu entnehmen. Für ihn sei der Herdenschutz die einzige nachhaltige Lösung, um die Wölfe in Schach zu halten. Das Nahrungsspektrum des Wolfes würde hier nur zu gut 1,4 Prozent aus Nutztierübergriffen bestehen: „Die meisten Übergriffe passieren bei den Hobbytierhaltern“, so Sound. Auf ein Thema ging er in seinem Vortrag bereits ein, das später auch durch die Fragen und vor allem auch in den Podiumsdiskussionen immer wieder diskutiert wurde: Wie entnimmt man Problemwölfe richtig? Es geht also im Notfall, wenn kein Herdenschutz mehr greift und ein Wolf beispielsweise über von Kluwo empfohlene Zäune springt und Nutztiere reißt, darum, wie Wölfe intelligent getötet werden könnten. Sound unterstrich mehrfach, dass eine Tötung grundsätzlich nur bedingt gut sei.
Notfalls das ganze Rudel entnehmen
Durch Erkenntnisse, die er auch durch den Erfahrungsaustausch mit anderen Ländern zum Wolf gewonnen habe, gab er die Einschätzung von schwedischen Wolfsexperten wieder. Seine schwedischen Kollegen rieten ihm, bloß vorsichtig zu sein, einzelne Wölfe in Deutschland abzuschießen. „Der Wolf hat ein soziales Gebilde, er lebt im Rudel. Wenn ihr anfangt, die Elterntiere heranwachsender Wölfe zu schießen, laufen die Jungtiere Amok“, stellte Sound die Warnung der Schweden dar. Die Empfehlung der Schweden sei es, bei Problemwölfen, wenn die Entscheidung auf die Entnahme fällt, das ganze Rudel und nicht nur einzelnen Tiere abzuschießen. Das wurde auch in den Podiumsdiskussionen immer wieder Thema.

Wäller Problemwolf darf nicht abgeschossen werden
Hunderte tote Weidetiere gehen auf sein Konto. Dennoch schützt ein Gericht den Wolf GW1896m vor dem Abschuss, den das Umweltministerium verfügt hatte. Wie die Richter ihr Urteil begründen und wie die Reaktionen aus dem Westerwald ausfallen.
Debatte um Entnahme der Wölfe
Doch in der ersten Runde der Podiumsdiskussion äußerte erst Landwirt und Herdentierhalter (Rinder, Kühe und auch Pferde) Matthias Müller vom Bauernverband des Westerwaldkreises seine Sorge vor Übergriffen des Wolfes bei Rindern und verdeutlichte Unterschiede zwischen Schafen und Rindern – bei Rindern seien Übergriffe durch Wölfe ein anderes Thema. Seiner Einschätzung nach sei es ein großes Problem, wenn Rinder in Wallung geraten. Sie würden schnell ausbrechen, egal wie hoch der Zaun sei: „Die rennen da durch.“ Im Verlauf der Podiumsdiskussionen zeigte sich Müller überzeugt, dass man Wölfe durch Bejagung grundsätzlich erziehen könne: „Wölfe sollen auch durch Bejagung scheuer werden.“ Man könne nicht alles mit Herdenzäunen schützen. Dem widersprach Sound deutlich und verwies auf die etwa in Schweden gesammelten Erfahrungen. Sonja Schütz vom Bund für Umwelt- und Naturschutz war auch anderer Ansicht als Müller und sagte, dass einfache Lösungen in Sachen Töten ein Problem seien. Davon abgesehen sagte Sound zudem: „Der Wolf ist ein wehrhaftes, aber kein aggressives Tier.“ Für Kinder und Menschen stelle der Wolf keine Bedrohung dar.

Eine klare Position hatte in der Debatte auch Schäfer Werner Neumann aus dem Kreis Neuwied: „Wölfe, die über Zäune gehen, müssen sofort weg.“ Dafür gab es Applaus.

Absperrband soll springenden Wolf von Weiden fernhalten
Ein Wolf als „Hochspringer“: Immer wieder schafft es der Rüde GW1896, in geschützte Haltungen einzudringen und Weidetiere zu reißen. Sein geplanter Abschuss wurde dennoch gestoppt. Nun gibt es eine neue Empfehlung zum Schutz vor dem Problemwolf.
Aufruf zu mehr Sachlichkeit und Grauzonen
Auf das Thema und die grundsätzliche Debattenführung beim Thema Wolf ging Carsten Nowak (Naturschutzgenetik Senckenberg) vor seinem Vortrag zum Thema Genetik (siehe Info) ein: „Ich mache mir große Sorgen, weil ich seit 15 Jahren im Geschäft bin, und das Niveau, wenn wir über Wölfe reden, nach wie vor derart primitiv ist, dass immer alles auf die Pro- und Kontra-Ebene geschoben wird. Wer immer noch nicht verstanden hat, dass man Wölfe nicht wie Schwarzwild bejagen kann – dann ist es wirklich ein Trauerspiel.“ Und er ergänzte als Aufforderung an das Publikum: „Informieren Sie sich über Wölfe. Wölfe muss man intelligent bejagen.“ Mit einfachen und polemischen Lösungen würde man nicht weiterkommen. Dafür spendete das Publikum viel Applaus.
Im letzten Vortrag informierte der Leiter des Kluwos, Julian Sandrini, über die Aufgaben des Kluwos und Fördermöglichkeiten für Weidetierhaltende. Wichtig zu wissen sei, dass nur das Kluwo analysiert, berät und entschädigt. Deshalb empfahl er den Tierhaltern beispielsweise Nutztierrisse durch Wölfe so zeitnah wie möglich dem Kluwo zu melden, sodass Mitarbeiter des Kluwos schnell herausfahren und eine Probe entnehmen können. Infos zur Förderung finden sich hier: https://herdenschutz.wald.rlp.de/foerderung-herdenschutz
Genetik
In seinem Vortrag informierte Carsten Nowak (Naturschutzgenetik Senckenberg) über das Thema Genetik bei Wölfen. Hierbei ging er näher auf DNA-Nachweise ein, beispielsweise durch Kot, Haar oder Nutztierrisse: „Die Feuchtigkeit ist der größte Feind der DNA. Man kann nicht immer zuverlässig DNA-Spuren nachweisen.“ Bei einem Rissabstrich liegt die Erfolgsquote etwa bei knapp 75 Prozent.