Zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten ist eine 42-jährige Frau aus dem Landkreis Neuwied verurteilt worden, nachdem sie einen 91-jährigen Mann in einem Pflegeheim zunächst mit dem Medikament Lorazepam betäubt und ihn anschließend um 37.050 Euro beraubt hat. Dies hat die 10. Strafkammer um Richter Michael Krack entschieden. Das Gericht sah es als bewiesen an, dass die Angeklagte aufgrund ihrer jahrelangen Geldprobleme den Geschädigten ausgeraubt hat. Bis zum Ende hat die 42-Jährige sich gegen die Vorwürfe von Oberstaatsanwältin Gertraud Harnischmach gewehrt. Und das, obwohl die Beweislage am Ende erdrückend war.
Richter Michael Krack ging in seiner Urteilsbegründung detailliert auf die Tat ein, die so stattgefunden hat, wie es in der Anklageschrift stand. An einem frühen Morgen hat die 42-jährige Mutter den 91-Jährigen in seinem Zimmer aufgesucht. Auf Anordnung des Arztes hatte sie dem Geschädigten mitgeteilt, dass er ein flüssiges Medikament zu sich nehmen muss. Doch der Bewohner des Pflegeheims protestierte. Erst nach einer kurzen Diskussion trank der 91-Jährige den Inhalt des Behälters mit dem Betäubungsmittel Lorazepam. Der Senior wurde ohnmächtig, woraufhin die Angeklagte sein ganzes Bargeld, welches sich bei ihm im Zimmer befand, raubte. Der 91-Jährige ist schließlich in einem anderen Raum aufgewacht, wobei er nie in Lebensgefahr war.
Kreis Neuwied/Koblenz. Für die 42-jährige Angeklagte und Familienmutter aus dem Kreis Neuwied geht es um viel: Hat die Pflegerin tatsächlich etwa 38.100 Euro von einem 91-jährigen Mann geraubt, der in einem Pflegeheim wohnt, in dem sie diesen zuvor mit einem flüssigen Medikament außer Gefecht ...Prozess wegen Raub: Hat die Angeklagte aus dem Kreis Neuwied Pflegeheimbewohner betäubt?
Lorazepam im Körper nachgewiesen
Im Zuge der Beweisaufnahme hat sich zunächst herausgestellt, dass der Geschädigte tatsächlich das Medikament Lorazepam im Körper hatte. Da er dieses Medikament nicht nimmt, muss es zwangsläufig die Flüssigkeit sein, die die Geschädigte ihm zugeführt hat. Bei einer Hausdurchsuchung fragte die Polizei explizit nach Bargeld im Haus. Vehement erklärte die 42-Jährige seiner Zeit den Polizisten, dass sie kein Bargeld zu Hause bei sich hat, obwohl diese Spürhunde dabeihatten. Die Beamten fanden 31.050 Euro Bargeld, gestückelt in 50 und 100 Euro Scheinen. Auf einem dieser Scheine fand ein Sachverständiger Fingerabdrücke vom 91-Jährigen.
Bei ihrer Einlassung erklärte die Angeklagte, dass sie regelmäßig Besorgungen für den Geschädigten tätigte oder für ihn Geld wechselte. Der 91-Jährige, der zwar einige altersbedingte Einschränkungen hat, ist allerdings noch geistig fit genug und bestritt dies. Ihm sollen insgesamt 37.750 Euro geraubt worden sein. Wo die restlichen 6700 Euro geblieben sind, ist immer noch unklar.
Viele Mahnschreiben gefunden
Eine Polizistin berichtete vom Ehemann der Angeklagten, der bei der Hausdurchsuchung zugegen war: „Woher soll sie so viel Geld haben?“, sagte er seiner Zeit zur Beamtin. Außerdem fanden die Polizisten zahlreiche, ungeöffnete Mahnschreiben. Laut Einlassung der 42-Jährigen, die bereits eine Privatinsolvenz hinter sich hat, sollen das alles Geldforderungen sein, die sich allerdings durch ihre Privatinsolvenz erledigt haben sollen.
Insgesamt hat die Anklagte, die seit dem 17. Mai 2022 in U-Haft sitzt, fünf einschlägige Vorstrafen. Unter anderem ist sie wegen Betrug, Diebstahl und Urkundenfälschung meist zu Geld- oder Bewährungsstrafen verurteilt worden. Im Jahr 2008 saß sie zudem eine zweimonatige Haftstrafe ab. In einem Fall soll die Angeklagte das Testament einer Seniorin gefälscht haben, damit diese ihr ein Haus im Landkreis Neuwied vererbt.
Vertrauen ausgenutzt
Oberstaatsanwältin Gertraud Harnischmacher verdeutlichte in ihrem Plädoyer, dass die Angeklagte das Vertrauen des Geschädigten ausgenutzt hat: „Es sollte ganz bewusst das Ersparte des Geschädigten gestohlen werden“, und ergänzt weiterhin: „Der Zeuge hat ein besonderes Vertrauen zu dieser Person gehabt.“ Der Rechtsanwalt des Nebenklägers fand überdies die Einlassung der Angeklagten merkwürdig: „Schulden haben und Geld sparen. Das geht doch gar nicht!“ Daher forderten beide unter anderem eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren für die 42-Jährige wegen dieses schweren Raubes.
Am Ende wurde die Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die bereits eingezogenen 31 050 Euro werden dem Geschädigten zurückgezahlt. Zudem muss die 42-Jährige die restlichen 6700 Euro an den 91-Jährigen zurückzahlen. Darüber hinaus hat sie ein lebenslanges Berufsverbot als Pflegekraft auferlegt bekommen.