Konzepte in der VG Dierdorf
Ortschaften vor Wasserfluten schützen
Ein Baum ragt in Dierdorf in den Abflussquerschnitt des Holzbachs.
Jörn Reißig

Isenburg ist bei anhaltendem Starkregen und Hochwasser besonders stark gefährdet, aber auch andere Ortschaften in der VG Dierdorf weisen kritische Punkte auf. Unsere Zeitung blickt auf die Ortschaften, in denen kürzlich Ortsbegehungen stattfanden.

Als besonders gefährdete Ortsgemeinde bei Wasserfluten gilt das im Tal gelegene Isenburg. Viele Bäche fließen in und um Isenburg und stellen potenzielle Gefahrenquellen dar. Doch nicht nur Isenburg hat kritische Punkte in der Verbandsgemeinde Dierdorf, auch weitere Ortschaften weisen diese auf. Während für Isenburg bereits im Jahr 2021 ein Hochwasser- und Starkregenkonzept auf den Weg gebracht wurde, ziehen nun andere Ortsgemeinden sukzessive nach. Vor Kurzem wurden die Ortsbegehungen abgeschlossen. Jörn Reißig, Mitarbeiter des zuständigen Ingenieurbüros Brendebach, erklärt die Vorgehensweise und blickt in die einzelnen Ortschaften. Die zu entwickelnden Konzepte, die von der Verbandsgemeinde Dierdorf beauftragt werden, sollen schließlich in Maßnahmenumsetzungen münden. Aktiv werden auch die Bürger eingebunden.

Ortsbegehungen gab es zuletzt in Elgert, Marienhausen, Brückrachdorf, Giershofen, der Stadt Dierdorf, Wienau und Kleinmaischeid. Dierdorfs Verbandsgemeindebürgermeister Manuel Seiler spricht insgesamt von gut besuchten Ortsbegehungen, sagt aber auch, dass es ein paar Menschen hätten mehr sein können. Er hätte sich mehr Mitwirkung gewünscht. Reißig erklärt, dass im Schnitt 15 bis 20 Personen an den Terminen teilgenommen hätten.

Die Vorgehensweise: Wie Jörn Reißig konkret erläutert, mache man zunächst eine Grundlagenermittlung und eine Gefährdungsanalyse. Bei der Grundlagenermittlung werden „alle möglichen Daten zusammengetragen von den Fachbehörden und -ämtern in Rheinland-Pfalz zu den Themen Hochwasser, Starkregen und Bodenerosion“. Diese werden dann schließlich in einem Computerprogramm zusammengeführt. Es werde laut Reißig geprüft, ob eine Überlagerung zwischen den drei Naturgefahren und kritischen Bereich - wie Wohnbebauung, Brückenbauwerke und auch Gewerbebetriebe - bestehe. Für die Gefährdungsanalyse wurden die Ortsbegehungen durchgeführt und eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen. Zur Ortsbegehung sagt Reißig: „Die Gefahrenstellen, die am Schreibtisch von uns ausgewertet werden, werden zu 80 bis 90 Prozent bestätigt.“ Zum weiteren Vorgehen erklärt er: „Jetzt werden die Erkenntnisse im entsprechenden Kartenmaterial und den Maßnahmenlisten aufbereitet. Wenn das so weit ist, werden wir noch mal Bürgerworkshops anbieten.“ Laut Seiler sollen diese Anfang nächsten Jahres stattfinden.

Die kritischen Stellen in den einzelnen Ortschaften

Elgert: „In Elgert hielt es sich von den kritischen Punkten in Grenzen, weil man recht weit oben am Berg ist und noch nicht viel Einzugsgebiet hinter den Flächen hat“, so Reißig. Zu nennen sind etwa die potenziellen Gefahrenquellen der Seibertsbach und vor allem der Dorfbach, hier geht es primär um den Schutz der unmittelbaren Anwohner nahe der Bäche.

Eine potenziell kritische Stelle in Marienhausen kann die Holzbach-Brücke, die K124 (Marother Straße), darstellen, wenn etwa die Brücke etwa bei Starkregen mit Totholz zugesetzt ist.
Jörn Reißig

Marienhausen: Der zentrale Punkt in Marienhausen ist laut Reißig der Holzbach, hier geht es insbesondere um die Gefährdung von Anliegern am Holzbach. Zudem spielen in Marienhausen Brückenbauwerke als kritische Stellen eine Rolle. Wie Reißig erklärt, geht es hier darum, ein Zusetzen des Abflussquerschnittes durch etwa Totholz vorzubeugen. „Wenn etwas mitgeschwemmt wird, geht Abschnittsquerschnitt verloren“, so Reißig. Somit geht also Wasserabflussvermögen verloren. „Wenn bei einer Brücke Totholz vorliegt oder Ablagerungen, nimmt es schnell 30 bis 40 Prozent an Abflussquerschnitt, also müssen 30 bis 40 Prozent des Wassers woanders abfließen.“ Dann staue es sich in so einem Fall oberhalb der Brücke auf und können Auswirkungen haben, wenn eine direkte Wohnbebauung angrenze.

In Brückrachdorf haben Anwohner eine private Vorsorge gegen möglichen Starkregen ergriffen, nämlich die eigene Garagenzufahrt abgeschottet.
Jörn Reißig

Brückrachdorf: Auch hier kann eine potenzielle Gefährdung vom Holzbach ausgehen. Neben Brückenbauwerken ist hier auch der Starkregenabfluss über die Straßen ein Thema, so Reißig. Im konkreten Fall spricht er von der Bergstraße, von der der Regen sich den Weg über die Straße Auf der Au entsprechend dem Gefälle bahnt, um in Richtung Holzbach abzufließen. „Der Knackpunkt sind die Straßenabläufe. Wenn die zugesetzt sind, trifft es die Örtlichkeit.“ Gefährdet seien potenziell vor allem die Anwohner zwischen der Straße Auf der Au und dem Holzbach. Ein weiterer beispielhafter Punkt sind Verrohrungen unter dem Mühlenweg, die laut Reißig freizuhalten seien - eine Maßnahme ist etwa, Bewuchs freizuschneiden.

Private Ablagerungen, wie in dem Fall Holzstapel, im Uferbereich des Ölsbachs können sich bei Hochwasser schneller zu einer Risikoquelle entwickeln.
Jörn Reißig

Giershofen: Ebenfalls ist hier das zentrale Gewässer der Holzbach. Zusätzlich ist der Ölsbach zu erwähnen, der in den Holzbach fließt. „Beim Ölsbach sind Verrohrungen ein Thema“, sagt Reißig. Aber nicht nur das: Am Ölsbach gebe es viele private Ablagerungen von Anliegern wie Holzstapel, die unter Umständen im Hochwasserfall Brückenbauwerke verstopfen können. So empfiehlt er, diese im Vorfeld zu beseitigen und auf potenziell gefährdende Ablagerungen zu achten. „Im Starkregenfall kann es einen Aufstau verursachen.“

Oberhalb des Dierdorfer Schulzentrums wurde ein zugesetzter Ablauf des Wegeseitengrabens an der L 267 festgestellt.
Jörn Reißig

Dierdorf: „In Dierdorf war der Holzbach zentraler Gegenstand der Begehung“, sagt Reißig. Die Teilnehmer der Ortsbegehung schauten sich die verschiedenen Durchlässe, Verrohrungen und Brückenbauwerke an. „Die Gefährdung liegt da auch maßgeblich bei den Anliegern am Holzbach - an der freien Gewässerstrecke.“ Da wäre Bewuchs zurückzuschneiden. Darüber war noch ein Schwerpunkt der Starkregenabfluss im Bereich Schulzentrum von der L267 auf die Johanniterstraße. Hier wurden mögliche Maßnahmen besprochen. Demnach sagt Reißig, dass es darum geht, den vorhandenen Einlauf vom Wegeseitengraben freizuhalten und zum Teil diesen neu herzustellen.

In Wienau kann sich bei Starkregen das Wasser potenziell den Weg über die Heide- und Dorfstraße bahnen und somit auch für Anwohner gefährlich werden.
Jörn Reißig

Wienau: In Wienau erstreckt sich die Topografie vom Berg bis ins Tal, sodass der Starkregenabfluss hier auch ein wichtiges Thema darstellt. Zu einer kritischen Stelle sagt Reißig: „Man könnte hier beispielsweise die Heidestraße oder auch Dorfstraße nennen.“ Positiv ließ er verlauten, dass von Anwohnern hier teilweise bereits ein Objektschutz umgesetzt wurde. Laut Reißig wurden dort, wo bei Starkregen Wasser auf das private Grundstück fließen könnte, Abflusswege abgeschottet und dichtgemacht, also Übertrittwege auf das Grundstück: „Wenn es zu großräumig wird, müssen Gebäudeöffnungen abgeschottet werden.“  Darüber hinaus erwähnt Reißig, dass das Gefahrenkartenmaterial in Wienau auch bei einem konkreten Fall in der Bauleitplanung genutzt werde, um eine Starkregengefährdung bei Neubaugebieten zu prüfen.

„Wenn man eine Maßnahme in der Oberliga ergreifen kann, kann es in der Unterliga besser sein.“
Jörn Reißig, Mitarbeiter des zuständigen Ingenieurbüros Brendebach

Kleinmaischeid: Die Ortsgemeinde ist, so sagt es Reißig, losgelöst von den bisherigen Gewässereinzugsgebieten.  Hier geht es um den Iserbach und den Saynbach. In Sachen Hochwassergefährdung sei Kleinmaischeid nicht betroffen, da es auf dem Berg liege. Klar sagt Reißig aber - mit Blick auf Isenburg: „Wenn man eine Maßnahme in der Oberliga ergreifen kann, kann es in der Unterliga besser sein.“ Konkret nennt er hier eine Maßnahme in der Gemarkung Kleinmaischeid, die positive Auswirkungen haben könnte. Es geht um die Errichtung eines Regenrückhaltebeckens im Bereich des Ommelsbaches. Laut Reißig sei dies aber eher eine mittel- beziehungsweise langfristige Maßnahme, die viel Objektplanung erfordert. Im Kontext, Isenburg vor Wasserfluten besser zu schützen, konnte Manuel Seiler noch vermelden, dass die Wasserschutzmaßnahmen für Isenburg im Haushalt der VG Dierdorf für das Jahr 2025 eingestellt werden, um konkrete Maßnahmen umzusetzen.

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