Rheinbrohler Paar kann sich nach langem Bangen über drei gesunde Töchter freuen
Neuwieder St.-Elisabeth-Krankenhaus kann helfen: Drillinge vor Geburt in der 21. Woche gerettet
Die glücklichen Eltern Lea und Marcus Emmel zusammen mit Prof. Dr. Richard Berger, dem Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, am Bettchen von Henriette. Sie war mit knapp 1500 Gramm die Kleinste der Drillinge. Foto: Marienhaus Holding GmbH
Marienhaus-Klinikum

Neuwied. Lea und Marcus Emmel sind auf dem Weg zum Familienglück durch die Hölle gegangen. Dass ihre drei Töchter Henriette, Charlotte und Johanna lebend auf die Welt gekommen sind, grenzt an ein kleines Wunder. Als sich in der 20. Schwangerschaftswoche eine Frühgeburt anbahnte, suchte das Rheinbrohler Ehepaar auf Anraten des Frauenarztes zunächst Hilfe in der Bonner Uniklinik – und wurde schwer enttäuscht. Hoffnung bekamen sie dann jedoch durch einen Artikel in unserer Zeitung.

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Im November 2019 konnten wir über das ungewöhnliche Zusammentreffen zweier Drillingsgeburten im Neuwieder St.-Elisabeth-Krankenhaus berichten. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Emmels gerade eine Schocknachricht bekommen: Der Muttermund von Lea Emmel hatte sich verkürzt und etwas geöffnet, sodass ihr Gynäkologe sie an die Uniklinik nach Bonn verwies. Dort allerdings sagte man ihr, dass es noch zu früh wäre, um Maßnahmen zu ergreifen, um die Schwangerschaft aufrechtzuerhalten. „Es hieß, dass man uns erst ab der 24. Woche helfen kann“, berichtet Marcus Emmel im Gespräch mit unserer Zeitung.

Das Risiko, dass die Kinder trotz Eingriff nicht überlebensfähig oder behindert zur Welt kommen, wurde als zu hoch eingestuft. Besonders harter Tobak war für Emmel die Aussage, dass eine Behinderung der Kinder etwas sei, „an dem Ehen scheitern“ würden.

Nach der Untersuchung und der ärztlichen Beratung stellte sich laut Emmel ein Gefühl der Ohnmacht ein. Geschockt und mit dem Wissen, dass ihre Kinder eine Geburt in diesem frühen Stadium nicht überleben würden, wurden sie nach vier Tagen unter Beobachtung im Krankenhaus nach Hause geschickt. „Wir sind davon ausgegangen, dass wir jetzt irgendwie die kommenden vier, fünf Wochen überstehen müssen“, sagt Marcus Emmel.

Wettlauf gegen die Zeit

Doch der Gebärmutterhals verkürzte sich weiter, eine Frühgeburt wurde immer wahrscheinlicher. Die Nerven lagen blank, als die Emmels den Zeitungsbericht über das doppelte Drillingsglück in Neuwied zu Gesicht bekamen. Um eine zweite Meinung einzuholen, vereinbarten sie einen Termin beim Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde im St.-Elisabeth-Krankenhaus, Prof. Dr. Richard Berger. „Wir können jetzt zuschauen, wie der Muttermund weiter aufgeht, oder wir handeln“ – dieser Satz ist Marcus Emmel von diesem ersten Zusammentreffen besonders im Gedächtnis geblieben. Er hält fest: „Auch wenn Prof. Berger uns damals nicht versprechen konnte, dass er die Schwangerschaft sicher aufrechterhalten kann und unsere Drillinge überleben werden, so gab er uns wieder neue Hoffnung.“

Prof. Berger ist unter anderem spezialisiert auf die Vermeidung von Frühgeburten. „Inzwischen wurde viel auf diesem Gebiet geforscht, und wir verfügen über neue Untersuchungsmethoden, um eine Frühgeburt besser vorherzusagen, und gezielte Maßnahmen, mit denen wir das Frühgeburtsrisiko senken können“, erklärt Berger.

Um die vorzeitige Geburt der Drillinge zu verhindern, verwendete der Frauenarzt bei Lea Emmel ein sogenanntes Cerclage-Pessar (siehe Infokasten). Im Gespräch mit der RZ erklärt Berger, dass es für diese Methode im Bereich der Mehrlingsschwangerschaften noch sehr wenig Erfahrungswerte gibt. Dazu passt auch das allgemein gehaltene Statement der Uniklinik Bonn, die auf Nachfrage unserer Zeitung hin wissen lässt, dass die Klinik für Geburtshilfe und Pränataldiagnostik sich „an den aktuellen Studienergebnissen und den Leitlinien zur Vermeidung von Frühgeburten bei Zwillingen und Drillingen“ orientiert. Der Einsatz eines Cerclage-Pessars sei „bei Mehrlingsschwangerschaften nicht empfohlen“. Berger, der nach eigenen Worten an der Erstellung der deutschlandweit geltenden Leitlinien zur Prädiktion (also Vorhersage) und Prävention (Vermeidung) von Frühgeburten maßgeblich beteiligt war, weist auf die notwendige Einzelfallentscheidung hin und sagt im Bezug auf die Emmels: „Es gab die Möglichkeit, es zu versuchen, und wir haben Glück gehabt.“

Viele Angstmomente

So konnten zehn Wochen Schwangerschaft gewonnen werden – viel wertvolle Zeit für die Mädchen, sich zu entwickeln. „Jeden Sonntag haben wir uns gefreut – wieder eine Woche geschafft“, erinnert sich Marcus Emmel. Als die Mädchen die 1000-Gramm-Grenze knackten, fiel den werdenden Eltern ein erster Stein vom Herzen. Doch es gab auch viele Angstmomente, und mehrfach mussten Lea Emmel, die das Bett nicht verlassen konnte, wehenhemmende Mittel verabreicht werden. In der 32. Schwangerschaftswoche erfolgte dann allerdings der Blasensprung.

Berger und sein Geburtshilfeteam holten die Kinder mittels Kaiserschnitt Mitte Februar ans Licht der Welt. Mit ihrem Gewicht von 1500 bis 1600 Gramm waren sie noch sehr klein, aber gesund. Jeden Tag haben Lea und Marcus Emmel die Drillinge, von denen zwei eineiige Zwillinge sind, seitdem besucht. Trotz der Strapazen der vergangenen Wochen sind sie überglücklich zu sehen, wie gut sich ihre Töchter entwickeln. Noch liegen sie auf der neonatologischen Intensivstation, aber bald schon sollen sie verlegt werden. Dann steht ein neues Abenteuer für die junge Familie an: „Wir wissen noch gar nicht, was da auf uns zukommt“, meint Emmel aufgeregt.

Der Cerclage-Pessar ist ein elastischer, etwa zwei bis drei Zentimeter hoher Kunststoffring, der über den Muttermund geschoben wird. Er umschließt dann den Muttermund und sorgt dafür, dass dieser nach hinten in Richtung Wirbelsäule gekippt wird. Der Druck, den die ungeborenen Kinder durch ihr Gewicht ausüben, liegt jetzt nicht mehr auf dem inneren Muttermund. In vielen Fällen kann mit dieser nebenwirkungsarmen Methode eine Frühgeburt verhindert werden.

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