Das gilt etwa für die „Herren im Bad“, mit denen der Abend beginnt. Das minimalistische, aber stilsicher gestaltete Bühnenbild versetzt das Publikum auf einen Blick in die Zeit der Entstehung – und bei diesem, wie bei allen folgenden Sketchen, stellt sich eine eigenartige Diskrepanz ein: So manches wirkt völlig antiquiert und unzeitgemäß. Sätze wie „Ich leite eines der bedeutendsten Unternehmen der Schwerindustrie“ oder „Ich möchte auch als Frau eine sinnvolle Tätigkeit ausüben und nicht nur am Kochtopf stehen und meinem Mann die Hauschuhe hinterhertragen“ hört man so heute wohl kaum noch.
Doch an den menschlichen Befindlichkeiten und Eigenarten, die in den verschiedenen Szenen vorgeführt werden, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert. Und so wundert es nicht, dass das Publikum offensichtlich große Freude an den insgesamt zwölf Kurzinszenierungen hat. Diese werden in schneller Abfolge präsentiert – die Drehbühne sorgt dabei für die flotten Szenenwechsel.
Zwei Schauspielerinnen und drei Schauspieler schlüpfen in die verschiedenen Rollen. Und alle verstehen es, den Originalton von Loriots Fernsehserie sehr exakt zu treffen. Man kann darüber streiten, ob hier etwas mehr Interpretationsfreiheit für neue Facetten gesorgt hätte. Viele Zuschauer freuen sich aber sicher darüber, auch die Details der Originale wiederzuerkennen – etwa den preußischen Dialekteinschlag des Lottogewinners Erwin Lindemann, der von einem Fernsehteam für ein Interview komplett aus dem Konzept gebracht wird. Nach mehreren Versuchen, seine Geschichte zu erzählen, kann er nicht mal mehr seinen Namen richtig aussprechen.
Das gesamte Ensemble überzeugt. Eine Überraschung bietet dabei Stella Withenius: Sie ist bisher in Neuwied vor allem durch ihre Darstellung der Sophie Scholl bekannt. Dass sie auch komische Figuren so überzeugend verkörpert, spricht für die vielseitige Begabung der 25-Jährigen.
Obwohl der Saal coronabedingt nicht komplett gefüllt ist und das Publikum auch am Platz Masken tragen muss, springt der Funke über – die ersten Lacher gibt es schon, als Karl-Heinz Dickmann und Stefan Gebelhoff in der Badewanne zu sehen sind. Laut wird es dann, als „Herr Müller-Lüdenscheid“ sich erhebt und seinen Körper präsentiert – wie die Kostümbildner das gelöst haben, soll hier nicht verraten werden.
Regisseur Jan Bodinus sagt zu der Inszenierung: „Die Sketche von Loriot sind einfach zeitlos. Vicco von Bülow hat es wie kein anderer verstanden, menschliche Schwächen und alltägliche Situationen mit liebevollem Blick humorvoll anzuzeigen. Nicht umsonst ist Loriot noch immer der beliebteste Humorist Deutschlands.“ Diese Zuneigung für Loriot merkt man dem Abend deutlich an – und der Schlussapplaus war entsprechend deutlich.
Rainer Claaßen
Tickets gibt es unter www.schlosstheater.de und unter Tel. 02631/222 88.