Schulden abgebaut, nennenswerte Verbesserungen erzielt, und dennoch ist der Kreishaushalt 2024 am Ende zumindest rechnerisch deutlich ins Minus gedriftet: Mit breiter Mehrheit hat der Neuwieder Kreistag den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr verabschiedet. Dabei segneten die Fraktionen, mit Ausnahme des Bündnisses Sahra Wagenknecht (drei Stimmen), auch einen kurzfristig erweiterten Stellenplan ab.
Caritas und AWO stellen Gemeindeschwestern nicht mehr ein
Warum der Kreishaushalt plötzlich mehr Geld für Personal ausgibt, erklärte Landrat Achim Hallerbach in der Sitzung des Gremiums am Montagabend in Neuwied. Im Mittelpunkt der Hauruckaktion stehen die vom Land geförderten Gemeindeschwestern plus. Die beiden bisher aktiven Gemeindeschwestern, die sich 1,5 Stellen teilen, liefen laut Landrat Gefahr, ihre Aufgaben zu verlieren. Regulär angestellt sind sie bei der Caritas und bei der AWO. Wie der Landrat darlegte, brachte zunächst eine vom Land initiierte Änderung Bewegung in die Sache. Demnach sollten die Gemeindeschwestern künftig nicht wie bisher bei karitativen Verbänden angestellt sein, sondern bei einer Kommune.
Weil die kommunale Seite jedoch für freiwillige Aufgaben, wie sie die Gemeindeschwestern plus darstellen, kaum Budget zur Verfügung hat, bat der Kreis laut Hallerbach das Land darum, weiterhin die Anstellung bei Caritas und AWO zu ermöglichen. Die Signale aus Mainz seien dann auch vielversprechend gewesen, allerdings kam nun von den karitativen Verbänden das Zeichen, „dass die Anstellung der Gemeindeschwestern nicht weiter übernommen wird“, so der Landrat.

Jetzt war guter Rat teuer. Die Kreisverwaltung ersann daraufhin zusammen mit den Bürgermeistern der Verbandsgemeinden und dem Neuwieder OB Jan Einig eine konsensfähige Lösung, die für den nächsten Förderzyklus gelten soll. Im Mittelpunkt steht dabei der Wille, das Angebot, das die Gemeindeschwestern an die Bürger unterbreiten können, auf jeden Fall aufrechtzuerhalten.
Die Lösung selber sieht wie folgt aus: Der Kreis wird das Konzept in der Gestalt anpassen, dass nicht nur das Stellenkontingent auf 2,5 Stellen aufgestockt wird, sondern sich das Einsatzgebiet der Gemeindeschwestern künftig auf das ganze Kreisgebiet erstreckt. Zudem stellt er den Förderantrag beim Land. „Der Kreis stellt dann die betreffenden Personen ein und steuert auch deren Einsatz“, erklärte Hallerbach.
„Wir sind übereingekommen, dass wir den Betrag, gemessen an der Einwohnerzahl, auf die Kommunen aufteilen.“
Landrat Achim Hallerbach zu den Kosten für die Gemeindeschwestern plus
Zum Konsens gehört auch eine gemeinsame Kostenübernahme. Die Kosten insgesamt liegen bei 220.000 Euro. Dabei trägt der Kreis neben der Förderung durch das Land den Teil, der rund um die Führung der Gemeindeschwestern anfällt. Hallerbach bezifferte ihn auf 31.000 Euro. Für die Kommunen bleiben 96.000 Euro zu finanzieren. „Wir sind übereingekommen, dass wir den Betrag, gemessen an der Einwohnerzahl, auf die Kommunen aufteilen“, so der Landrat.
Den Konsens unter den Verwaltungsspitzen zugunsten der Gemeindeschwestern plus trugen dann auch die Fraktionen im Kreistag mehrheitlich mit. Daneben äußerten sich deren Sprecher auch grundsätzlich zum vorliegenden Nachtragsetat. So sagte Michael Christ (CDU): „2013 lag die Verschuldung über Kassenkredite bei 150 Millionen Euro, jetzt sind es lediglich noch 14,1 Millionen Euro, das kann sich sehen lassen.“ Sorgenvoller schaue er hingegen auf den Haushalt 2025, den der Kreistag am 16. Dezember zu beschließen habe.
„Schön, dass wir das so erleben können.“
Petra Jonas (SPD) zum niedrigen Stand bei den Kassenkrediten
Auch Petra Jonas (SPD) hob den niedrigen Schuldenstand als positiv hervor: „Schön, dass wir das so erleben können.“ Für Andreas Bleck (AfD) bleibe der Kreis „nach wie vor chronisch unterfinanziert“. Inwieweit Kreisumlage und Zuweisungen vom Land 2025 die zusätzlichen Belastungen auffangen können, bleibe offen. Für Ralf Seemann (Grüne) gelingt mit dem Nachtrag angesichts der Größe des Gesamthaushaltes „immer noch eine Punktlandung“. Für 2025 müsse sich der Kreis wohl warm anziehen. Jochen Bülow (BSW) beklagte ebenfalls chronisch unterfinanzierte Kommunen und, dass beim Bürger nichts vom Schuldenabbau ankommt.