Angesichts der Lage auf dem freien Markt kündigte Landrat Achim Hallerbach ein dynamischeres Geschehen an, zu dessen Auftakt jetzt der Kreistag für eine Gebührenanhebung votierte.
Was das konkret bedeutet, wird an zwei ausgewählten Beispielen deutlich: So steigen die Jahresgebührensätze für einen Einpersonenhaushalt um 9 Euro auf dann 153 Euro. Landrat Hallerbach sprach von einer „moderaten Steigerung“ und argumentierte mit Zahlen: „Über die neun Jahre Stabilität gesehen, entspricht das einer Steigerungsrate von 0,7 Prozent pro Jahr. Zum Vergleich dazu lag die Inflationsrate in dieser Zeit zwischen 0,7 und 1,8 Prozent. Aktuell liegt sie bei 4 Prozent.“ Ein Vierpersonenhaushalt zahlt künftig 21 Euro mehr, die Jahresgebühr wird nach der Anhebung auf 222 Euro festgesetzt. Die Steigerungsrate, auf die Jahre der Gebührenstabilität heruntergerechnet, liegt laut Hallerbach in diesem Fall bei 1,16 Prozent: „Das liegt ebenfalls in der Bandbreite der üblichen Inflation.“
Hinzu kommt: Auch beim Gewerbemüll sind laut Landrat vor allem in den Sparten Papier/Pappe/Kartonagen und Restmüll Aufschläge unumgänglich. „Bei einer monatlichen Betrachtung liegt der Aufschlag für Gewerbebetriebe zwischen 75 Cent und 3 Euro“, konkretisierte er.
Die Gründe für die „moderate Anhebung“ der Abfallgebühren umriss der Landrat in der digitalen Kreistagssitzung am Montag so: Bereits 2020 musste der Kreis bei den europaweiten Ausschreibungen auf dem freien Markt immense Kostensteigerungen von 60 bis 460 Prozent hinnehmen. Für Sammlung, Transport und Verwertung des Abfalls seien Mehrkosten von 3 Millionen Euro gegenüber 2019 aufgelaufen.
Beim Restmüll etwa verteuerte sich die Entsorgung der sogenannten heizwertreichen Fraktion, also Abfall, der für die Energiegewinnung in Verbrennungsanlagen infrage kommt. „Größere Mengen bedeuten da automatisch Mehrkosten. Bei einem 140-Liter-Behälter fallen 1,41 Euro mehr je Leerung an, bei einem 1,1-Kubikmeter-Container sind es gut 9 Euro mehr bei wöchentlicher Leerung“, nennt Hallerbach weitere Zahlen. Auch bei den Selbstanlieferungen würden sich Kostensteigerungen bemerkbar machen. Das treffe vor allem auf asbesthaltige Abfälle und Dämmmaterial zu. Der Markt, so der Landrat, sei gerade bei diesen Abfällen sehr konzentriert und deshalb in der Lage höhere Preise zu diktieren. „Die Entsorgungsgebühren steigen hier zwischen 100 und 225 Prozent“, berichtete er.
Im Gegensatz dazu helfe die Tatsache, dass der Kreis bereits gewichtige Teile der Abfallentsorgung zurück in kommunale Hände gelegt hat. „Preissteigerungen in diesen Sparten bewegen sich nur im Rahmen tariflicher, allgemeiner oder inflationär bedingter Steigerungen und sind somit gut handhabbar“, erklärte der Landrat und kündigte einen weiteren Schritt zur Kommunalisierung an. Demnach laufe auch die Scheckkartensammlung der Abfallwirtschaft ab 2022 unter kommunaler Regie. Damit verbunden sollen sich auch die Termine für die Scheckkartenabfuhr ändern.
Doch die Möglichkeiten der Kommunalisierung scheinen aus heutiger Sicht endlich zu sein. Leistungen wie die Entsorgung und Verwertung der heizwertreichen Fraktion im Restabfall oder die Sperrmüll- und Baumischabfallentsorgung „könnten aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten absehbar nicht in Eigenregie durchgeführt werden“, sagte Hallerbach.
So bleibt der Kreis dem Spiel der Kräfte auf dem freien Markt ausgesetzt. Und Mehrbelastungen sind mit den derzeitigen Gebührensätzen nicht mehr aufzufangen. Dabei betonte Hallerbach: Die Anstalt des öffentlichen Rechts, die AöR, unter deren Dach die Abfallwirtschaft seit einiger Zeit firmiert, unterliege nicht den Prinzipien der Gewinnmaximierung. „Um es deutlich zu sagen, der kommunale Betrieb ist nicht der Kostentreiber.“
Mit einer einmaligen Gebührenanhebung wird es aber auf Dauer nicht getan sein. Auch daran ließ der Landrat keinen Zweifel aufkommen. Bereits für das nächste Jahr kündigen sich weitere Ausschreibungen von Entsorgungsleistungen an. „Deren Ergebnisse könnten sich dann im Rahmen einer Dynamisierung auswirken“, so Hallerbach. Soll heißen: Im Verwaltungsrat der AöR ist laut Landrat bereits vereinbart worden, 2022 mit Blick auf die Ausschreibungsergebnisse auch die Gebühren erneut zu betrachten. „Das erfolgt mit dem Ziel, den Bürgern die Kostenentwicklungen zeitnah und damit verursachergerechter zu berechnen oder vergüten zu können“, sagte er. Um künftig größere Sprünge zu vermeiden, sollen Gebühren regelmäßig nach oben oder unten geschraubt werden.