Als Gerd Finkemeier und Jürgen Eisel im Jahr 2004 über die Gründung eines Kleinkunst-Vereins nachgedacht hatten, konnten sie nicht ahnen, wie viel sie da in Bewegung setzen würden. Zuvor hatten sie die Neuwieder schon einige Jahre lang als Comedy-Duo „Deichgesichter“ auf verschiedenen Bühnen zum Lachen gebracht. Dieser Erfolg brachte sie zu der Überzeugung, dass auch andere Kleinkunst-Veranstaltungen in Neuwied ein Publikum finden würden.
Geschichte der Kleinkunstabende
Familie und Freunde unterstützten bei der Vereinsgründung, und schnell fanden die ersten Kleinkunstabende im Restaurant „Landratsgarten“ statt. 76 Plätze gab es dort und schon bald waren die regelmäßig ausverkauft.
Zu Künstlern aus der Region kamen Auftritte von bekannteren Acts, die nach Neuwied reisten. Finkemeier erinnert sich etwa an Thorsten Sträter, der ihm bei einer Lesung in Bonn aufgefallen war. Ein Termin war leicht zu finden, denn die Anfrage aus Neuwied war laut dem Management die einzige, die bei dem damals noch unbekannten Comedian einging.

Nachdem die inzwischen fast 300 Veranstaltungen des Vereins in unterschiedlichen Veranstaltungsorten stattgefunden haben, hat er nun mit dem Jungen Schlosstheater eine neue Heimat gefunden. Um den 20. Geburtstag gebührend zu feiern, hatte der Verein aber den großen Saal des Schlosstheaters gebucht – und der war bei dem exklusiven Programm auch ausverkauft.
Stammgäste standen im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt der Jubiläumsshow standen einige Stammgäste des Vereins. Den Auftakt machte die Freie Bühne Neuwied, krankheitsbedingt allerdings dezimiert: Tammy Sperlich hatte Probleme mit der Stimme, sodass Boris Weber, begleitet von Holger Kappus am Keyboard, allein am Mikrofon stand.
Recht extravagant in einen Samtanzug gekleidet, trug er gekonnt mehrere Stücke von Rainer Bielefeldt vor, ergänzt durch weniger bekannte Lieder von Zarah Leander und Hildegard Knef. Der Neuwieder Schauspieler arbeitet offensichtlich immer weiter an seiner Stimme, die hier von ihm eher unbekannte Nuancen zeigte.

Trotz humoristischer Elemente lag bei den Chansons etwas Schwermut in der Luft. Die kontrastierte anschließend der Zauberkünstler Toby Rudolph, der seine faszinierende Show mit Schlagfertigkeit und viel Witz garnierte. In der anschließenden Pause drehten sich die meisten Gespräche darum, wie wohl der 20-Euro-Schein, den eine Besucherin zur Verfügung gestellt hatte, aufgerollt in das Innere der Tomate geraten war, die eine andere Besucherin durchgängig in der Hand gehalten hatte.
Marcel Gruner moderierte
Die Moderation des Abends übernahm der neu gewählte Vereinsvorsitzende Marcel Gruner. Obwohl er es als Lehrer gewohnt ist, vor Publikum zu sprechen, war ihm zu Beginn der Veranstaltung die Nervosität etwas anzumerken. Beim Interview mit dem scheidenden Vorsitzenden Gerd Finkemeier, das der zweiten Hälfte des Programmes vorausging, wirkte er aber schon deutlich lockerer.
Da war allerdings auch schon klar, dass der Abend ein voller Erfolg war. Finkemeier demonstrierte noch einmal, warum die „Deichgesichter“ in Neuwied so erfolgreich waren. Sehr souverän und mit viel Humor gab er Anekdoten aus der Geschichte des Vereins zum Besten.

Als weiterer Preisträger des „Neuwieder DeichKunstPreises“ (NDKP) folgte dann der Kabarettist Lothar Boelck, der sich mit spitzer Zunge und in irrer Geschwindigkeit durch verschiedene aktuelle, vorwiegend politische Themen arbeitete. Oberbürgermeister Jan Einig und Beigeordneter Ralf Seemann im Publikum dürften froh gewesen sein, dass der aus Frankfurt/Oder (wie er sagt: „Deutsch Nahost“) angereiste Wortkünstler mit der lokalen Politik nicht vertraut ist. Die beiden hätten sonst sicher ähnlich viel Fett abbekommen wie die alte und die neue Bundesregierung.

Zum Abschluss spielte die „Hausband“ des Vereins, Corzilius, Dames & Hoff. Kein anderer Künstler war so oft Gast der Kleinkunstbühne wie Michael Dames. Die drei interpretierten gewohnt virtuos einige Klassiker, die man von ihnen schon kennt („Here comes the sun“), boten aber auch eine Vorschau aufs neue Programm, mit dem sie ab Herbst auftreten.