Wenn es um eine Vision für die Stadt Neuwied geht, spielen auch Großprojekte eine Rolle. Der Investor ASAS etwa plant auf dem Rasselsteingelände im Grunde einen komplett neuen Stadtteil. Zahlreiche Wohnungen sollen entstehen, ein weiterer Schritt zum erklärten Ziel, die Marke von 70.000 Einwohnern zu übertreffen. Planungen existieren bereits seit Längerem, doch für den Otto-Normal-Bürger scheint es nicht wirklich voranzugehen. Skeptische Stimmen mehren sich. Aus Sicht unserer Zeitung ist es das außergewöhnlich große Vorhaben wert, darüber mit den drei Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl zu sprechen.

Conrad Lunar (Ich tu’s) muss bei diesem Thema als „einfacher Bürger“ mit einem klaren Informationsnachteil leben. Er befindet sich nicht unmittelbar im Austausch mit Investor, Planern und Gutachtern und erfährt zunächst mal nichts von neuen Entwicklungen aus erster Hand. In diesen Genuss kommen Stadtrat Sven Lefkowitz (SPD) und OB Jan Einig (CDU) als Mitbewerber von Lunar sehr wohl, wobei Einig auch da noch einen Vorsprung qua Amtes genießt.
„Wenn der Stadtteil tatsächlich wie geplant umgesetzt wird, wäre das für die Stadt Neuwied ein großer Gewinn.“
Conrad Lunar, Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl in Neuwied
Lunar irritiere es angesichts der Jahre, in denen nun schon von dem Großprojekt gesprochen werde, dass OB Einig im Wahlkampf so tue, als seien die 3000 Wohnungen, die im neuen Stadtteil entstehen sollen, schon in trockenen Tüchern. Wörtlich sagt er: „Ich weiß nicht, wie lange die Verfahrenprozesse bis zum tatsächlichen Baubeginn dauern und ich will auch nicht mutmaßen, dass man sich in acht Jahren noch mal über die Umsetzung unterhalten muss. Aber der Rückbau auf dem riesigen Gelände ist im Gange, und ich weiß nicht, wann das beendet sein wird.“
Es gab eine Infoveranstaltung für Bürger
Skeptisch blickt Lunar zudem auf die Frage, ob es gelingen kann, den neuen Stadtteil an die bestehende Verkehrsinfrastruktur anzuschließen. „Ich bin jeden Tag im Bereich Rasselsteiner Straße und B42 unterwegs und kann mir angesichts des Verkehrsaufkommens nicht vorstellen, wie da noch zusätzlicher Verkehr aufgenommen werden kann.“ Trotz aller Skepsis und der „vielen großen Fragezeichen“ steht für Lunar fest: „Wenn der Stadtteil tatsächlich wie geplant umgesetzt wird, wäre das für die Stadt Neuwied ein großer Gewinn.“

Das kann Sven Lefkowitz nur unterstreichen. Nachdem sich Lunar dafür ausgesprochen hatte, mit den Infos zum Projekt noch transparenter umzugehen, damit die Bürger es besser verstehen können, verwies der SPD-Kandidat auf eine Informationsveranstaltung, bei der konkrete Pläne erläutert worden seien. Für Lefkowitz steht außer Zweifel, „dieses Vorhaben ist in dieser Dimension etwas Einzigartiges in unserer Stadt“. ASAS habe die Pläne zwischendurch durchaus geändert. „Aber bei der Frage, ob das Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden kann, bin ich sehr zuversichtlich“, betont er.
Lefkowitz: Verkehrsanbindung ist mitgedacht
Als positiv erachtet es Lefkowitz, dass ein grüner Stadtteil mit sozialem Wohnungsbau und Infrastrukturmaßnahmen geplant ist, bei dem auch Kita und Schule sowie die Verkehrsanbindung mitgedacht sind - und zwar ökologisch nachhaltig. „Laut Planern ist die Straßenanbindung absolut möglich. Und wenn das alles so kommt, wie es meinem letzten Stand entspricht, wird es etwas Gutes für die Stadt“, weiß Lefkowitz. Er könne allerdings nicht absehen, wann der erste Bagger auf dem Gelände steht. Er sei aber optimistisch und spricht sich dafür aus, dass das nicht mehr allzu lange bis zum ersten Bauabschnitt dauern sollte.
„Wir reden von 350.000 Quadratmetern, das ist eine ganz andere Nummer als ein kleineres Baugebiet.“
OB Jan Einig kandidiert erneut für das Amt
Der amtierende Verwaltungschef Jan Einig hegt ebenfalls keine Zweifel daran, dass ASAS den Stadtteil Schritt für Schritt entwickeln und bauen wird. Und er zeigt Verständnis dafür, wenn Bürger sagen, dass es lange dauern würde. Beim Blick auf den Faktor Zeit führt er den gewaltigen Aufwand für das Planungsverfahren ins Feld: „Wir reden von 350.000 Quadratmetern, das ist eine ganz andere Nummer als ein kleineres Baugebiet.“ In den vergangenen Jahren seien im Hintergrund viele Arbeitsschritte abgelaufen. Einig spricht von unzähligen Gutachten, etwa dem zum Grundwasser, das durchaus zwei Jahre Zeit in Anspruch nehmen kann.
„Der Masterplan des Investors sieht das gesamte Areal vor inklusive aller infrastrukturellen Bestandteile, die ein Stadtteil braucht“, erklärt Einig. Dazu gehöre auch eine Nahversorgung. Jetzt gehe es zunächst darum, den ersten Bauabschnitt möglich zu machen. Der Planprozess dauere normalerweise zwei bis fünf Jahre. Einig sagt dazu: „Weil wir aber schon viele Vorarbeiten gemacht haben, denke ich, dass es schneller gehen kann.“ Die Erschließung sei fürs nächste Jahr angepeilt.