Mehrere Großprojekte in Neuwied befinden sich in Entwicklung – unter anderem das Rasselsteingelände, die Marina und das Bösner Gelände in Oberbieber. Zu einem weiteren Projekt stand bei der jüngsten Sitzung des Stadtrats im Heimathaus nun eine wichtige Abstimmung an: zur Erweiterung im Gewerbegebiet Friedrichshof.
„Wir beraten schon viele Jahre über dieses Projekt. Schon 2021 wurde mit der Aufsichtsbehörde versucht, eine Einigung zu finden. Jetzt kommt der entscheidende Schritt“, warf Ralf Seemann (Bündnis 90/Die Grünen), Beigeordneter der Stadt, einen Blick zurück. Die bestehenden Gewerbeflächen der Stadt seien komplett belegt. Es gebe aber Anfragen von Unternehmen, die sich erweitern oder ansiedeln wollen. Kann die Stadt hier keine Angebote machen, gingen Einnahmen und Arbeitsplätze verloren, legte er die Argumentation der Stadt dar.
„Das bringt Zinsaufwendungen über einen langen Zeitraum mit sich.“
Ralf Seemann, Beigeordneter der Stadt
„Diesen Unternehmen müssen wir konkrete, auch zeitlich verbindliche Angebote machen können“, stellte Seemann fest. Die Stadtverwaltung verspricht sich von den Neuansiedlungen erhebliche Einnahmen, die auch anderen Projekten zu Gute kämen – etwa der Sanierung der Infrastruktur. Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Kommunen. Das macht den Ausbau aus Perspektive der Stadt sehr attraktiv.
Aber: Laut der vorgestellten Pläne liegt die Investitionssumme für den Kauf und die Erschließung des Gebietes bei 56 Millionen Euro. „Das ist eine Herausforderung. Darauf kann man mit Sorge blicken. Das bringt Zinsaufwendungen über einen langen Zeitraum mit sich“, erklärte der Beigeordnete. Eine Investition in der Größe ist für die Kommune nur zulässig, wenn die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sie genehmigt. Doch die Behörde verlangt von der Stadt nun einerseits eine Finanzierungszusage – diese ist aktuell in Bearbeitung, so Seemann – und anderseits eben den Grundsatzbeschluss, um den es in der Abstimmung des Stadtrates ging.

Neuwied wehrt sich gegen ADD-Kritik am Friedrichshof
Im Streit zwischen der Aufsichts- und Genehmigungsdirektion und Neuwied um die Genehmigung von Krediten für das Gewerbegebiet Friedrichshof nimmt nun die Stadt Stellung. Denn in ihrer Antwort an uns nannte die ADD einige Kritikpunkte.
Darin wird die Verwaltung beauftragt, die entsprechenden Flächen, auf denen Industrie- und Gewerbebetriebe angesiedelt werden sollen, zu entwickeln und Verhandlungen zum Erwerb führen, hieß es in der Beschlussvorlage. Der Kaufpreis soll bei maximal 38,50 Euro pro Quadratmeter liegen. Zudem soll das Gebiet erschlossen und vermarktet werden.
Die Diskussion dazu fiel erstaunlich kurz aus. Lars Ebert versicherte die Zustimmung der Freien Wählergruppe, Patrick Simmer merkte an, dass die Fraktion „Ich tu’s“ das Projekt zwiegespalten sieht. Es gebe die Meinung, dass die Vermarktung der Flächen deutlich schwieriger sein werde, als die Stadt sich das vorstelle. Deshalb stimmte die Fraktion mit einer Ja- und einer Nein-Stimme.
„Wer kauft das? Ist das nicht zu teuer?“
Sven Lefkowitz, Fraktionssprecher der SPD im Stadtrat
Jutta Etscheidt (Wählergruppe Etscheidt) wies auf ökologische Folgen hin: „Die ungeheure Größe dieses Industriegebiets finden wir schockierend angesichts der Diskussionen um Flächenfraß, Grundwasserneubildung, Artenschwund und Hitzeentwicklung in Städten, deren Auswirkungen hiermit einfach ignoriert werden.“ Sie regte an, die Planungen möglichst nachhaltig zu gestalten.
Die SPD sei grundsätzlich für die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe in Neuwied und auch für Unternehmen, die hier Arbeitsplätze schaffen, machte Sven Lefkowitz deutlich. Doch: „Wer kauft das? Ist das nicht zu teuer? Muss man eventuell an weniger attraktive Unternehmen verkaufen, weil das Investment jetzt so hoch ist?“, fragte er. Da seine Partei die Euphorie nicht teile, die im Bündnis für Neuwied zum Projekt herrsche, kündigte er eine Enthaltung der Fraktion an.
„Neuwied soll ein innovativ wachsender, moderner Industriestandort werden.“
Martin Hahn (CDU), Sprecher des Neuwieder Bündnisses
„Neuwied soll ein innovativ wachsender, moderner Industriestandort werden. Ein Beispiel ist das Robotics-Projekt bei Asas. Mit Arbeitsplätzen schaffen wir Wohnraum und beleben die Innenstadt“, gab sich Martin Hahn (CDU), Sprecher des Bündnisses aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, BSW und FWG, Mühe, die Bedenken zu zerstreuen. Das Abstimmungsergebnis war eindeutig: Neben der Enthaltung der SPD gab es zwei Gegenstimmen – ein wichtiger Schritt auf dem Weg für das Gewerbegebiet im Gladbacher Feld.