Streit um Gewerbegebiet
Neuwied wehrt sich gegen ADD-Kritik am Friedrichshof
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Jörg Niebergall

Im Streit zwischen der Aufsichts- und Genehmigungsdirektion und Neuwied um die Genehmigung von Krediten für das Gewerbegebiet Friedrichshof nimmt nun die Stadt Stellung. Denn in ihrer Antwort an uns nannte die ADD einige Kritikpunkte.

Um das Gewerbegebiet Friedrichshof zu erweitern, muss die Stadt Neuwied Geld aufnehmen. Doch bevor das geht, muss die ADD dafür ihre Genehmigung erteilen. Seit Jahren warten die Verantwortlichen in der Deichstadt auf diese Freigabe. Das Neuwieder Bündnis im Stadtrat warf den Verantwortlichen der Trierer Behörde kürzlich sogar Wortbruch vor.

Auf unsere Nachfrage zu den Gründen antwortete die ADD-Pressesprecherin unter anderem: „Bislang gibt es keine Markterkundung wegen des zu erzielenden Verkaufspreises, es gibt keine Angaben zu den potenziell neu zu schaffenden Arbeitsplätzen und keine Entscheidung, welche Gewerbe angesiedelt werden sollen bis auf den Ausschluss des Logistikgewerbes. Die Kostenermittlung der verkehrlichen Erschließung ist nicht auf dem aktuellen Stand. Sie fand 2013/14 statt. Ein Bebauungsplan existiert ebenfalls noch nicht.“

Stadt: Reihenfolge ist falsch

Wir wollten wissen, was die Stadt Neuwied dazu sagt, und fragten nach. „Wenn wir das Statement der ADD in der von Ihnen geschriebenen Form ohne weiteren Kontext sehen, können wir nur antworten, dass die Reihenfolge falsch ist“, erklärt Pressesprecher Ulf Steffenfauseweh dazu. Die benannten Unterlagen lägen deshalb noch nicht komplett vor, weil die Projektentwicklung einem mit der ADD im Jahr 2020 abgestimmten Fahrplan folge: „Zuerst muss die grundsätzliche Finanzierungsfähigkeit des Vorhabens bestätigt werden. Erst danach können weitere planerische und wirtschaftliche Details sinnvoll und zielgerichtet erarbeitet werden“, so Steffenfauseweh.

Die Stadt Neuwied könne ihre Einnahmesituation langfristig nur durch die Entwicklung neuer Gewerbeflächen verbessern, ist der Sprecher der Verwaltung überzeugt. „Mit der ADD wurde daher frühzeitig – 2020 – eine Verständigung erzielt: Für Investitionen in die Entwicklung von Gewerbegebieten und den Ausbau von Kindertagesstätten gibt es eine Ausnahme vom Neuverschuldungsverbot, wenn wir unsererseits sparsam wirtschaften und die Einnahmen steigern durch die – politisch alles andere als einfache – Erhöhung der Grundsteuer“, blickt Steffenfauseweh zurück. Hier sei die Stadt in Vorleistung getreten und hätte die Steuer spürbar angehoben.

„Aufgrund fehlender Vergleichswerte im Stadtgebiet ist eine belastbare Ermittlung herausfordernd.“
Ulf Steffenfauseweh, Pressesprecher der Stadt Neuwied

Auf dieser Basis sei das Projekt weiterentwickelt worden. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung – einschließlich eines Worst-Case-Szenarios – liege vor, so Steffenfauseweh: „Dabei steht für uns nicht der kurzfristige Verkaufserlös im Vordergrund, sondern die Möglichkeit, gezielt zukunftsfähige Unternehmen anzusiedeln, die langfristig Arbeitsplätze sichern und Gewerbesteuern zahlen. Eine branchenspezifische Festlegung wurde bewusst nicht vorgenommen, einzig bestimmte Gewerbe, zum Beispiel Logistik, wurden ausgeschlossen.“

Zur Frage des Verkaufspreises erklärt er: „Aufgrund fehlender Vergleichswerte im Stadtgebiet ist eine belastbare Ermittlung herausfordernd.“ Es seien in den vergangenen Jahren keine fertig entwickelten Gewerbegrundstücke in nennenswerter Zahl verkauft worden. Die ADD, die in einem Schreiben an die Verwaltung, das unserer Zeitung vorliegt, von Kosten für Ankauf, Erschließung und Vermarktung von 51 Millionen Euro ausgeht, nennt zum möglichen Verkaufswert Zahlen. Dort heißt es, die Stadt rechne mit einem zu erwartenden Verkaufserlös von 137,50 Euro pro Quadratmeter. Die aktuellen Bodenrichtwerte in Neuwied lägen dagegen zwischen 44 und 80 Euro pro Quadratmeter.

Die Stadt Neuwied möchte das Gewerbegebiet Friedrichshof seit Jahren erweitern.
Michael Bleidt. xx

„Es gibt regionale Beispiele, die aber auch wieder andere Voraussetzungen haben. Wir könnten Ihnen Mülheim-Kärlich als Beispiel nennen, wo höhere Verkaufserlöse erzielt werden, als die von uns errechneten – allerdings wäre das dort dann auch für Handel, was eben auch nicht hundertprozentig vergleichbar ist“, erklärt Steffenfauseweh und weiter: „Aber noch einmal: Unserer Ansicht nach steht ja ohnehin nicht der kurzfristige Verkaufserlös im Vordergrund, sondern die langfristige Steigerung der Einnahmen.“

Dass die ADD einen fehlenden Bebauungsplan anmahne, verwundere die Stadt, fährt er fort: „Denn selbstverständlich können wir diesen erst aufstellen, wenn ein gesicherter Zugriff auf die Grundstücke besteht – ein üblicher und fachlich nachvollziehbarer Ablauf.“ Die Aussage, es gebe keine Kostenermittlung zur verkehrlichen Erschließung, treffe in dieser Form nicht zu, zeigt Steffenfauseweh auf: „Zwar stammt die ursprüngliche Berechnung aus dem Jahr 2013/14, sie wurde jedoch indexiert hochgerechnet. Eine Aktualisierung wird selbstverständlich vorgenommen, sobald das Projekt von der ADD grundsätzlich freigegeben ist.“

„Was uns – offen gesprochen – ärgert, ist das Vorgehen der Aufsichtsbehörde.“
Ulf Steffenfauseweh, Pressesprecher der Stadt Neuwied

Die benannten Punkte seien nicht falsch, merkt der Pressesprecher schließlich an: „Sie ergeben sich jedoch aus der aktuellen Projektreihenfolge, die wir bewusst und im engen Austausch mit der ADD gewählt haben. Wir haben uns jederzeit um Transparenz und frühzeitige Abstimmung bemüht – und erwarten im Gegenzug eine verlässliche Grundlage, auf der wir weitere Planungsschritte einleiten können.“ Weitere Vorleistungen ohne klare Perspektive einer Genehmigung seien aus Sicht der Stadt nicht verantwortbar.

„Was uns – offen gesprochen – ärgert, ist das Vorgehen der Aufsichtsbehörde“, macht Ulf Steffenfauseweh deutlich. „Natürlich hat sie jedes Recht, Fragen zu stellen. Es geht um viel Geld. Aber wir sind frühzeitig in den Dialog gegangen und haben immer gesagt, dass wir offene Fragen gern frühzeitig klären. Stattdessen passiert oft monatelang nichts und dann tauchen neue Fragen auf“, so der Sprecher.

Das sieht auch das Bündnis im Neuwieder Stadtrat so. „Statt im Drei-Monats-Rhythmus immer neue Hürden aufzubauen, erwarten wir kurzfristig ein gemeinsames Gespräch von Stadtspitze, Fraktionen und der ADD-Führung, um den Weg für den Erwerb der dringend benötigten Flächen freizumachen“, so Michael Bleidt (CDU) für das Neuwieder Fünf-Parteien-Bündnis aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, FWG und BSW im Neuwieder Stadtrat.

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