Ratsmitglieder wollen wissen, wie Beiträge für 50 Ortsteile in Zukunft abgerechnet werden
Neustädter Rat sieht Klärungsbedarf: Straßenausbaubeiträge lassen viele Fragen offen
Wie werden die Beiträge für den Ausbau von Straßen (Symbolbild) in Neustadt künftig abgerechnet? Die Einführung wiederkehrender Beiträge wirft im Rat Fragen auf.
dpa

Neustadt. Die Einführung der wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge (wkB), die ab dem 1. Januar 2024 flächendeckend in Rheinland-Pfalz umgesetzt wird, wirft im Ortsgemeinderat Neustadt Fragen auf. Die SPD-Fraktion formulierte sie in einer Anfrage zur jüngsten Ratssitzung. Anlass war die Berichterstattung in unserer Zeitung über die bereits beschlossene Einführung der wkB in der Stadt Unkel. Die SDP sah Klärungsbedarf im Hinblick auf die Situation in der eigenen Gemeinde.

Lesezeit 2 Minuten

Jürgen Jonas (SPD) unterstrich, dass die SPD-Fraktion ganz klar für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge steht. Auch die SPD im Asbacher Land hatte schon 2018 eine Resolution formuliert, die diese Abschaffung fordert. Jonas wies im Rahmen der Anfrage auch darauf hin, dass die CDU-Fraktion im Mainzer Landtag sich für die gänzliche Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen ausgesprochen habe. „Da im März Landtagswahlen anstehen, ist es nicht auszuschließen, dass der Vorschlag der CDU eventuell zur Umsetzung kommt“, so Jonas. Vor dem Hintergrund des Beispiels in Unkel, wo die Schaffung von Abrechnungsgebieten bei der Einführung der wkB für Diskussionen sorgt, wollte er wissen, wie in Neustadt Abrechnungseinheiten gebildet werden können. Schließlich müsste für 50 Ortsteile eine gerichtsfeste Satzung erarbeitet werden. In Unkel gibt es bei nur drei Ortsteilen, die jetzt drei Abrechnungseinheiten bilden, erheblichen Klärungsbedarf.

Die SPD wollte auch wissen, wie das Konzept der Landes-CDU rund um die komplette Abschaffung der Straßenausbaubeiträge aussieht – nicht nur im Hinblick auf die Finanzierung, sondern auch auf die Selbstverwaltung der Gemeinden. Dabei gehe es um die Frage, wer im Falle der Abschaffung bestimmt, welche Straßen wann und wie ausgebaut werden.

Das Thema Abrechnungseinheiten ist nicht leicht zu fassen. Das wurde klar, als André Gottschalk, Bauabteilungsleiter der Verbandsgemeinde, die Frage detailliert beantwortete. „Die Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit ist nur zulässig, wenn mit der Verkehrsanlage ein konkret-individuell zurechenbarer Sondervorteil für das beitragsbelastete Grundstück einhergeht“, erläuterte er die Rechtslage. Das heißt im Klartext: Es ist unwahrscheinlich, dass aus Neustadt mit seinen vielen Ortsteilen nur eine Einheit gebildet werden kann. Aber: Je größer eine Einheit ist, umso besser, weil sich mehr Eigentümer im Rahmen der wkB die Ausbaukosten teilen. In Neustadt sind voraussichtlich viele Abrechnungseinheiten zu erwarten. „Sollte die Landesregelung über die Zwangseinführung des wkB, auch nach den Landtagswahlen 2021 weiterhin Bestand haben, so ist eine schrittweise Umstellung auf wkB möglich“, so Gottschalk. Das ziehe auch Personalkosten nach sich. Die Verbandsgemeinde Asbach habe im Stellenplan bereits vorsorglich zwei Stellen für den Beitragsbereich für die Zukunft ausgewiesen.

Über das Konzept der Landes-CDU konnte Gottschalk nichts sagen, verwies aber darauf, dass schon andere Bundesländer wie Hessen oder Bayern auf die Beiträge verzichten. Nach deren Vorbild sollen die auf die Anlieger entfallenden Beiträge künftig auch in Rheinland-Pfalz aus dem Landeshaushalt gezahlt werden. Gottschalk hat zu diesem Themenkomplex die Landtagsabgeordnete Ellen Demuth (CDU) um Stellungnahme gebeten. „Die wkB stellen keine Entlastung der Bürger dar, vielmehr wurde flächendeckend eine Art Straßensteuer eingeführt, die auch diejenigen zahlen, deren Grundstück an qualifizierten Straßen wie Kreis-, Landes oder Bundesstraßen liegen“, erklärte Demuth. Die Selbstverwaltung der Gemeinden sei bei der Abschaffung nicht gefährdet. „Wir haben mit unserem Vorschlag ein Verfahren etabliert, mit dem die Gemeinden auch in Zukunft die Entscheidungshoheit behalten. Da bereits heute viele Gemeinden für den Ausbau ihrer Straßen Gelder aus dem Investitionsstock des Landes beantragen, kann durch ein ähnlich gelagertes Verfahren sichergestellt werden, dass die Mittel landesweit verteilt und die Gemeinderäte vor Ort die Entscheidungshoheit darüber behalten, welche Straßen zuerst ausgebaut werden. Schließlich müssen sie weiter den Gemeindeanteil aufbringen“, erläutert Demuth, wie Straßenausbau ohne Anliegerbeiträge funktionieren kann.

Von unserer Reporterin Sabine Nitsch

Top-News aus der Region