Sobald Ersatz für das kaputte Zugfahrzeug gefunden ist, geht die Familie auf Tournee
Nach Strandung in Vettelschoß: Zirkus Balu darf endlich weiterziehen
Mit einem weinenden und einem lachenden Augen wird sich die sechsköpfige Zirkusfamilie aus Vettelschoß verabschieden, sollte sich das Zugfahrzeugproblem lösen lassen. Denn während ihrer Corona-Strandung hat die Familie viel Hilfsbereitschaft erfahren und Freundschaften geschlossen.
Simone Schwamborn

Im Clownkostüm Spaß verbreiten, Kunststücke mit Tieren zeigen und Akrobatik in der Luft präsentieren – die bunte Manege ist das Metier von Roland Lauenburger und Angela Klempke. Mit ihrem Zirkus Balu, den sie in elfter Generation betreiben, reisen sie von Stadt zu Stadt, um Kinder und Erwachsene gleichermaßen zu begeistern. Normalerweise.

Lesezeit 3 Minuten

Wie der Zirkus Dschungelshow, der zu Beginn der Pandemie in Neuwied strandete und jetzt auch noch Opfer eines Brandanschlages wurde (die RZ berichtete), steht auch der Balu-Zirkusbetrieb seit März vergangenen Jahres still. Ohne Einnahmen geriet die sechsköpfige Familie Lauenburger/Klempke vom Zirkus Balu schnell in Not und wurde von zahlreichen Bürgern mit Futter, Lebensmitteln und Geldspenden und auch von der Gemeinde unterstützt. Sie darf mit der Lockerung der Corona-Verordnung nun endlich wieder reisen, doch daraus wird erst einmal nichts. Das Zugfahrzeug, das die sechs Anhänger und zwei Aufleger, allesamt 3,5-Tonner, von einem Vorstellungsort zum anderen brachte, musste wegen seines Zustandes im vergangenen Jahr verschrottet werden. „Die Kosten wären einfach zu hoch gewesen, um den Motorschaden zu reparieren. Auch war das Fahrzeug zu alt, um da noch so viel Geld hinein zu investieren“, sagt Lauenburger. Um mit ihrem Zirkus Balu wieder auf Wanderschaft gehen zu können, bräuchten Lauenburger und Klempke wieder ein Zugfahrzeug. Doch das Geld für ein gebrauchtes haben sie nicht. Deshalb sind sie auch hier auf Hilfe angewiesen. „Wir sind mit Leib und Seele Zirkusleute und können uns kein anderes Leben vorstellen, so hart das Zirkusleben auch manchmal ist“, sagt Klempke. Sie habe dem Moment entgegengefiebert, in dem ihr Zirkus den Vorhang wieder öffnen darf. Als die rheinland-pfälzischen Corona-Lockerungen vor wenigen Tagen veröffentlicht wurden, setzte sie einen Hilferuf über die sozialen Medien ab. „Ich habe jeden, den ich kenne, angeschrieben, ob er uns etwas für die Anschaffung eines gebrauchten Lkw oder Bus als Zugfahrzeug dazu tun kann. Jeder Euro zählt für uns.“

Drei Ponys, zwei Lamas, ein Esel, acht Ziegen, fünf Hunde, vier Hühner und drei Hasen gehören noch zur Zirkusfamilie. Von einigen Tieren trennte sich die Zirkusfamilie im vergangenen Jahr, um die laufenden Kosten zu reduzieren. Die Entscheidung sei ihnen sehr schwergefallen, aber die Tiere wären in sehr gute Hände gekommen, berichtet Klempke. Als die Bürger von dem in Vettelschoß gestrandeten Zirkus erfuhren, brachten sie Heu, Futter und Lebensmittel – und bringen immer noch. Auch Weihnachtsgeschenke organisierten Spendenwillige für die vier Kinder. Die Gemeinde übernimmt Gas und Strom. Für die Nutzung der Fläche in der Karl-Ferdinand-Braun Straße (Gewerbegebiet) müssen Lauenburger und Klempke keine Miete an den Eigentümer entrichten. „Ohne diese Hilfe hätten wir es garantiert nicht geschafft“, sind Lauenburger und Klempke sehr dankbar.

Weil der Zirkus Balu endlich wieder Zirkus sein darf, wird er an zwei Juni-Wochenenden in Vettelschoß Vorstellungen geben. Die Einnahmen sind sowohl für die für den TÜV notwendigen Reparaturen an den vorhandenen Zirkus-Fahrzeugen und als auch die TÜV-Abnahme eingeplant. Dass sie wieder spielen dürfen, lässt sie aufatmen, sagt Lauenburger. Die Vorstellungen (mit Kartenvorreservierungen) sind vom 11. bis 13. und 18. bis 20. Juni jeweils von Freitag bis Sonntag. Außerdem ist am kommenden Wochenende Tag der Offenen Tür von 11 bis 18 Uhr mit Ponyreiten, Showeinlagen, Tiere füttern, Hüpfburg und Trampolin – alles unter freiem Himmel. Neben den Lamas, Ponys, Ziegen und weiteren Tieren lockt richtiges Zirkusfeeling, denn die Familie baute die Manege auf der Wiese auf.

„Bis zur ersten Vorstellung am 11. Juni werden wir die Zeit nutzen und viele Vorbereitungen treffen“, sagt Lauenburger. Ihm leuchten die Augen, als er davon erzählt, dass er sämtliche Kostüme aus dem „Corona-Schlaf“ holen und überprüfen wird. Außerdem werden die Zeltanlagen gewaschen, die Lichtanlagen gecheckt und das neue Zirkusprogramm zusammengestellt. Die Vorfreude ist groß. Und die wäre noch größer, wenn das Zugfahrzeugproblem gelöst wäre. „Eines kann ich jetzt schon sagen: Sollten wir eines Tages wieder reisen können, tun wir das mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Wir haben hier sehr viel Hilfe erfahren und Freundschaften geschlossen. Uns fällt es schwer, uns von den vielen lieben Menschen zu trennen. Andererseits ist der Zirkus das, wofür wir leben. Wir wollen mit unseren Händen arbeiten. Uns brennt es unter den Nägeln, endlich wieder zu reisen“, meint Lauenburger. Sie haben sich vorgenommen – sofern die fahrtechnischen Voraussetzungen erfüllt sind – erst einmal im Landkreis zu gastieren. „So wollen wir Abschied nehmen“.

Wer helfen möchte, kann sich unter Telefon 0176/614.837 55 mit der Zirkusfamilie in Kontakt setzen. Über dieselbe Nummer können auch Eintrittskarten reserviert werden.

Von unserer Mitarbeiterin Simone Schwamborn

Top-News aus der Region