Nach einem Unfall ist er überwiegend gelähmt - Positive Denkweise - Große Pläne
Nach Kopfsprung ins Meer gelähmt: Marius Kaja aus Raubach kämpft sich zurück ins Leben
Der hochgelähmte Marius Kaja (von links), hier in der für ihn umgebauten Gartenhütte bei seinen Eltern in Raubach, erhält viel Unterstützung durch seine Mutter Andrea Nickel-Kaja, seine Freundin Leonie Hochstrate und seinen Vater Alfred Kaja.
Lars Tenorth

Raubach/Koblenz. Ein Unfall an der Algarve hat das Leben von Marius Kaja grundlegend verändert. Aufgeben kommt für den Raubacher aber nicht infrage. Die RZ sprach mit ihm über seine Pläne.

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Der hochgelähmte Marius Kaja (von links), hier in der für ihn umgebauten Gartenhütte bei seinen Eltern in Raubach, erhält viel Unterstützung durch seine Mutter Andrea Nickel-Kaja, seine Freundin Leonie Hochstrate und seinen Vater Alfred Kaja.
Lars Tenorth

Marius Kaja erinnert sich noch genau an den 19. Februar, der sein Leben einschneidend verändert hat. Damals war er mit Freunden am Strand an der Algarve, hatte sich an dem Tag seine Haare abgeschnitten, die er allein im Meer abwaschen wollte. „Ich habe einen Kopfsprung ins Wasser gemacht, einen flachen auf die Wellen drauf. Aber irgendwie hat es mich dann heruntergerissen und ich bin mit dem Kopf in den Sand gekommen“, sagt Marius Kaja. Direkt war alles anders. „Die Lähmung war sofort da.“ Heute kämpft er Tag für Tag dafür, sich wieder seinem früheren actionreichen Leben anzunähern und unabhängiger zu werden. Doch so wie früher wird es nie wieder werden.

Große Teile seines Körpers sind gelähmt, seine Brustmuskeln und sein Trizeps arbeiten nicht mehr. „Das bewusste Greifen kommt nicht mehr“, erklärt Marius Kaja. In seinen Bewegungen ist er somit sehr eingeschränkt, manches ist aber zurückgekehrt. „Die Schultern kann ich gut heben und der Bizeps ist sehr stark. Auch die Halsmuskulatur funktioniert noch“, betont der 34-Jährige. Nur: „Ab der oberen Brust geht nichts mehr. Ich brauche Unterstützung beim Anziehen, Aufstehen und kann mich nicht eigenständig drehen“, so Kaja, der in einem aktiven Rollstuhl sitzt, mit dem er sich bis zu einem gewissen Grad fortbewegen kann.

Vor seinem Unfall genoss Marius Kaja viel Action und war oft in der Natur. Am 15. Oktober 2020 war Marius Kaja mit seinen Freunden im Urlaub in Italien und ist dort Enduro gefahren.
Marius Kaya

Auch kann er nicht frei sitzen. „Wenn ich den Arm hebe, fällt der irgendwann und ich bekomme den nicht mehr hoch“, erklärt er. Sein ganzes Leben braucht er Hilfe im Alltag: „Es muss alle vier Stunden kathetert werden, weil ich selbst kein Wasser mehr lassen kann.“ Fest glaubt er aber trotzdem an seinen Lebenstraum, wieder in einem Van zu reisen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Große Unterstützung geben ihm nicht nur seine Familie aus Raubach und Freunde, sondern vor allem auch seine Freundin Leonie Hochstrate, die ihm bei allem beisteht. Sie und Marius Kaja haben zusammen einen gemeinsamen Leitsatz, an den sie sich trotz mancher schlechten Tage oft erinnern: „Grenzen sind nur dort, wo du sie dir selbst setzt“, blickt Leonie Hochstrate zuversichtlich für beide in die Zukunft.

Leonie Hochstrate lernte Marius Kaja im Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein am evangelischen Stift St. Martin in Koblenz kennen. Im Zentrum für Querschnittslähmung, wo Marius Kaja in den vergangenen Monaten einen Großteil seiner Zeit verbrachte, ist seine Freundin Pflegerin. Dort begegneten sie sich auch das erste Mal – und verliebten sich. Im Alltag ist sie für ihn eine große Hilfe.

Gemeinsam mit Leonie Hochstrate möchte er es heute sukzessive schaffen, an sein früheres Leben anzuknüpfen.
Marius Kaya

Unter der Woche ist Marius Kaja fast durchgehend beschäftigt mit verschiedenen Therapien. Am Wochenende hat er dann auch Zeit, Freunde zu treffen. Sein Leben ist nun ganz anders, als er früher bis zu seinem Unfall war.

Arbeitsbus zum Camper umgebaut

Mit 19 Jahren machte sich Marius Kaja selbstständig und hatte eine Schreinerei: „Bis ich 30 Jahre alt war, habe ich in Deutschland sehr viel gearbeitet, meistens sieben Tage die Woche. Irgendwann wollte ich nicht mehr so viel arbeiten.“ Er nahm einen Job in der Schweiz an, verdiente dort in wenigen Monaten viel Geld, wie er erzählt. Dann stand er vor einer wegweisenden Entscheidung: „Du kannst jetzt wieder nach Deutschland gehen und weiterarbeiten, bis du einen Schlag vor den Kopf bekommst oder du fährst einfach mal weg mit dem Auto.“ Genau für Letzteres entschied er sich. Seinen Arbeitsbus hatte er zum Camper umgebaut. Ursprünglich wollte er einen Monat am Stück Urlaub machen, daraus wurden sechs. Er war in Marokko, Portugal und Spanien unterwegs. Eines war ihm danach klar: „Ich gehe wieder so lange arbeiten, bis ich wieder loskann.“

Kurz bevor die Lampen ausgegangen sind, hat mich ein guter Freund herausgeholt.

Marius Kaja erinnert sich an den Unfall im Meer

Sein Reiseleben war wie generell schon seine Freizeit immer geprägt von Action. „Das Surfen habe ich für mich entdeckt.“ Ansonsten radelte er viel, gern auch Downhill auf herausfordernden Pisten oder fuhr auf seiner Enduromaschine. Klettern gehörte auch zu seinen Hobbys. „Da würde ich gern wieder anknüpfen“, sehnt sich Marius Kaja heute danach.

Sein Leben änderte sich mit dem Unfall am 19. Februar, der noch schlimmere Folgen hätte haben können. Als er damals kopfüber im Sand steckte, konnte er sich selbst nicht mehr helfen. „Kurz bevor die Lampen ausgegangen sind, hat mich jemand, ein guter Freund, herausgeholt“, erzählt Marius Kaja. Ein Rettungsschwimmer, der glücklicherweise in der Nähe war und half, forderte einen Helikopter an. Gut erinnert sich Marius Kaja an seine erste Reaktion, als er die Lähmung spürte und seine Freunde bei ihm waren: „Im ersten Moment habe ich gesagt: ‚Schmeißt mich wieder rein’.“

Ein Schock für die ganze Familie

Mit dem Helikopter wurde er dann ins Krankenhaus nach Lissabon geflogen, schnell folgte die erste Operation, sein Körper wurde durch Platten stabilisiert. „Nach der Operation konnte ich nicht mehr sprechen, über eine Maschine wurde meine Lunge beatmet. Den Körper habe ich überhaupt nicht gespürt.“ Für die Familie in Raubach war es ein gewaltiger Schock: „Von jetzt auf gleich bin ich losgefahren“, sagt sein Vater Alfred Kaja, der sich nicht nur in der Anfangszeit viel mit Versicherungsanträgen herumschlug. Marius Mutter Andrea Nickel-Kaja war allein in Raubach, für sie war es auch eine besonders harte Zeit.

Als Marius stabilisiert war, ging es zurück nach Deutschland. Dort stand eine weitere Operation an: „In Deutschland wurde die Beatmung über den Mund herausgeholt.“ Als die Mutter ihn das erste Mal sah nach dem Unfall, war es sehr schwierig für sie: „Dass er nicht richtig sprechen konnte, war sehr hart.“

Doch Marius Kaja hat nie aufgegeben. Das inspiriert auch seine Freundin Leonie: „Ich war immer eher ein pessimistischer Mensch. Er hat mich positiv geprägt.“ Gemeinsam wollen sie nach und nach seine Lebensqualität verbessern. Leonie leistet dafür einen wichtigen Beitrag: „Leo ist ein großer Lottogewinn“, lobt Alfred Kaja.

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