Nach jahrelanger Hängepartie soll das Gebäude nun tatsächlich abgerissen werden. „Es muss möglichst bald der ordnungsgemäße Zustand hergestellt werden“, erklärt der Neuwieder Stadtsprecher Erhard Jung auf Anfrage unserer Zeitung. Nachdem alle Versuche, eine einvernehmliche Lösung zu erzielen, gescheitert seien, bedeutet das in letzter Konsequenz: Das Bienenhaus muss weg.
Die Geschichte beginnt vor genau 17 Jahren. Im Oktober 2004 beantragt Imker Golz eine Baugenehmigung für den Neubau eines eingeschossigen, nicht unterkellerten landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes. Die Genehmigung bekommt er von der Stadt Neuwied im Februar 2005. Golz baut, die Stadt kontrolliert – und stellt Abweichungen von den Festsetzungen der Baugenehmigung fest. Es folgen Nachtragsbauanträge des Imkers, die nur zum Teil genehmigt werden, neuerliche Kontrollen, bei denen die Stadt weitere, teils erhebliche Abweichungen feststellt, Bescheide zum Rückbau, Widersprüche des Imkers und letztlich eine Klage gegen die Stadt.
All das kann man im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz nachlesen, das im Jahr 2012 in der Sache entscheiden muss. Imker Erwin Golz unterliegt auf ganzer Linie. Das Verwaltungsgericht sieht in seinem Bienenhaus eine „formell und materiell illegale Baulichkeit“. An anderer Stelle im Urteil heißt es, dass „anstelle eines schlichten, eingeschossigen Wirtschaftsgebäudes ein zweigeschossiges, wie ein Wohnhaus in Erscheinung tretendes Bauwerk in Massivbauweise und mit gehobenem Innenausbau“ errichtet worden sei. Die Beseitigungsanordnung sei „angezeigt und ermessensgerecht“.
Selbst ein teilweiser Rückbau sei nicht wirklich eine Option, wie das Gericht feststellt: „Schließlich betreffen die Abweichungen von den erteilten Genehmigungen derart viele Einzelpunkte von der Firsthöhe über die Anordnung der Türen und Fenster bis zum Innenausbau und die Anordnung der Räume sowie der Errichtung einer als Terrasse zu bezeichnenden Bodenplatte, dass […] der Aufwand für einen Rückbau dem einer vollständigen Beseitigung des Gebäudes gleich kommen, wenn nicht gar deutlich übersteigen dürfte.“
Darauf beruft sich die Stadt Neuwied. „Es gibt eine klare Rechtslage und ein Urteil. Das haben wir umzusetzen“, sagt Stadtsprecher Erhard Jung.
Imker Erwin Golz sieht sich dadurch in seiner Existenz bedroht. Sein Imkerhaus sei als Arbeits- und Lagerstelle unverzichtbar, betont der 64-Jährige. „Ich habe einen Fulltime-Job und bin fast jeden Tag dort.“ Zu tun gebe es immer etwas. „Wenn das Haus abgerissen wird, wo soll ich dann meinen Honig schleudern? Wo soll ich das ganze Material lagern? Wie soll das gehen?“
Das Imkern liegt in der Familie
Die Imkerei, erzählt Golz, liegt bei ihm in der Familie. Sein Großvater, sein Vater, zwei Tanten, ein Cousin – alle hielten oder halten sie Bienen. „Wir sind eine ganze Sippe von Imkern.“ Bei ihm begann die Leidenschaft im Alter von 13 Jahren. „Damals hatte ich bei meinem Opa fünf Völker.“ Den Honig habe er geschleudert und verkauft, „damit ich ein wenig Geld hatte, um mit Mädchen auszugehen“, erzählt Golz, der aus Kirgistan stammt und 1979 als junger Mann nach Deutschland kam. Seit gut 40 Jahren lebt er in Segendorf, wo er 1981 mit der Imkerei begann. Heute, sagt er, versorge er 72 Bienenvölker. „In guten Jahren bringen die einen Ertrag von 2 Tonnen Honig.“ Wenn die Stadt Neuwied sein Bienenhaus wirklich abreißt, „dann werde ich klagen!“
Das wiederum ist laut Stadtsprecher Erhard Jung ein Grund, warum das Bienenhaus überhaupt noch steht – obwohl seit dem Urteil des Verwaltungsgerichts mittlerweile neun Jahre ins Land gegangen sind. Die Stadt habe prüfen müssen, ob möglicherweise Schadenersatzforderungen auf sie zukommen. „Außerdem mussten wir überlegen, wie wir mit den Bienen und den Gerätschaften im Haus umgehen“, sagt Jung. Eine neuen Standort für die Bienenvölker hat die Stadt mittlerweile gefunden. Dass der Abriss noch nicht vollzogen wurde, habe zuletzt auch an der Corona-Pandemie gelegen.
Andrea Welker, die Ortsvorsteherin von Segendorf, hofft, dass es nun nicht mehr allzu lang dauern wird. Sie selbst werde oft auf das Bienenhaus angesprochen. „Die Bürger können nicht verstehen, warum das Gerichtsurteil nicht umgesetzt wird“, erzählt sie. „Die Leute hier sind ziemlich erbost.“
Diese Aufregung kann Erwin Golz nicht nachvollziehen. „Immer so eine Hetze“, sagt er. „Ich habe doch niemandem etwas angetan.“ Er ist nach wie vor davon überzeugt, nichts falsch gemacht zu haben. „Ich habe gedacht: Genehmigt ist genehmigt“, sagt er mit Blick auf die erste positive Baugenehmigung der Stadt. Daraufhin habe er etwas aufbauen wollen: Angebote für Kinder, Projekte mit Schulen, noch mehr Bienenvölker. „Ich hatte Pläne“, sagt Golz.
Große Pläne, für die es vielleicht ein großes Bienenhaus braucht. Aber das ist nahe der Monreposstraße nach den Buchstaben des Gesetzes nicht erlaubt.