Zirkusdirektor Karl Frank steht nach einem Brandanschlag vor dem Nichts - Hilfe über Spendenkonto möglich
Nach Brandanschlag: Durchhalten – für die Familie und die Tiere
An erster Stelle steht für Zirkusdirektor Karl Frank seine Familie, direkt danach folgen seine 30 Tiere, die ihn auch in diesen Zeiten zum Lachen bringen können und zum Durchhalten animieren. Den Neuwiedern ist der 58-Jährige für vielfältige Hilfsangebote dankbar.
Tim Saynisch

Neuwied. Seit März 2020 ist der Zirkus Dschungelshow in Neuwied gestrandet. Auf einem Privatgelände nahe dem Rhein-Wied-Stadion musste der 20-köpfige Familienzirkus zu Beginn der Pandemie einen ungeplanten Nothalt einlegen, da keine Aufführungen mehr möglich waren. Ausbleibende Einnahmen brachten Zirkusdirektor Karl Frank an den Rande seiner Existenz. Mit Hilfsjobs, vor allem Aushilfsfahrten mit seinen Lkw, hielt der 58-Jährige sich und seine Familie einigermaßen über Wasser. In der Nacht zu Sonntag ist der Zirkus nun Opfer eines Brandanschlages geworden (wir berichteten), der die Sorgenfalten auf der Stirn des Manegenveteranen Frank noch größer werden lässt, als sie ohnehin schon waren.

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An erster Stelle steht für Zirkusdirektor Karl Frank seine Familie, direkt danach folgen seine 30 Tiere, die ihn auch in diesen Zeiten zum Lachen bringen können und zum Durchhalten animieren. Den Neuwiedern ist der 58-Jährige für vielfältige Hilfsangebote dankbar.
Tim Saynisch

„In ganz Europa sind wir herumgefahren. Mal haben sie unsere Wagen besprüht, Kinder haben einen Heuballen angesteckt, und wir hatten auch mal Probleme mit Tierquälern, aber einen solchen Anschlag mussten wir bisher noch nie verkraften“, erzählt Karl Frank aus dem Nähkästchen der Dschungelshow. Der stämmige Mann mit schütterem schwarz-grauen Haar und kräftigen Arbeiterhänden spricht mit tiefer, fast schon gelassener Stimme, obwohl er eigentlich allen Grund zum Heulen hätte. Durch das gelegte Feuer am Packwagen ist nämlich ein Großteil der Technik verbrannt.

„In dem Auflieger waren die Lichtanlage, eine Tribüne, Holzbalken und Sattelzeug für meine Pferde“, berichtet Frank. Den verlorenen Wert der Ausrüstung weiß er gar nicht genau zu beziffern: „Da ist es mit 20.000 Euro nicht getan. Aber im Grunde ist das auch gar nicht wichtig, welche Zahl da am Ende steht.“ Wie diese Aussage zu verstehen ist, wird deutlich, als er mit seinem Zeigefinger auf einen der Wohnwagen deutet: „Stellen sie sich mal vor, der Irre hätte so einen angezündet, und meinen Kindern oder meiner Frau wäre etwas passiert. Nein, das will ich mir nicht ausmalen! Material kann man ersetzen.“ Kurz wendet sich der Zirkusdirektor ab, muss einmal tief durchatmen, erlangt aber schnell die Fassung zurück.

Verträge und Standortsorgen

Dass er unter enormem Druck steht, wird beim Blick in die Zukunft deutlich. „In Enschede und Oss bin ich zum Jahreswechsel gebucht. In Holland darf dann wieder Weihnachtszirkus gemacht werden. Außerdem habe ich den Platz hier in Neuwied nur noch bis Juli. Weil ich weiter fahren wollte.“ Bis dahin habe das Gelände einen neuen Eigentümer, berichtet Karl Frank: „Ob ich hier dann noch stehen bleiben könnte, müsste mit dem neuen Besitzer noch abgesprochen werden.“

Eine ungewisse Zukunft am jetzigen Standort und zu erfüllende Engagementverträge im Nacken, obwohl man seit Sonntag nicht mal mehr die erforderliche Technik hat: Dass Frank nicht längst hingeschmissen hat, lässt sich mit einem Blick in seine Vergangenheit erklären. „Bei einem Auftritt in Speicher ist uns mal das Stallzelt weggeflogen. Innerhalb von zwei Tagen hatte ich ein Neues besorgt. Ich habe schon alles erlebt, zwei Herzinfarkte hinter mir. Was soll mich noch schocken?“, fragt er und zuckt mit den Schultern.

Ein oder mehrere bislang unbekannte Täter zündeten den Packwagen des Zirkus Dschungelshow an.
Tim Saynisch

Europäische Zirkuslandschaft hält zusammen

Rückhalt erfährt Frank aus ganz Europa: „Mich hat eben ein Kollege aus Frankreich angerufen und erzählt, dass er den Zeitungsartikel online gelesen hat. Der hat mir jetzt Stühle angeboten. Auch aus Neuwied erfahren wir viel Hilfe.“ Umliegende Firmen würden kostenlos Reparaturen an Fahrzeugen übernehmen, und die SWN hätten bereits angekündigt, ihnen bei Strom und Wasser entgegenkommen zu wollen.

Auch seine Tiere geben Karl Frank Kraft. Von seiner geliebten Giraffe Sabu musste er sich allerdings nach 15 gemeinsamen Jahren trennen: „Mir geht es darum, dass meine Tiere immer bestens versorgt sind. Das konnte ich in der jetzigen Situation für Sabu nicht mehr gewährleisten. Deshalb habe ich die Giraffe selbst in einen Safaripark nach Ungarn gebracht. Dort ist er in guten Händen, und dennoch schmerzt es. Es ist, wie ein Familienmitglied zu verlieren.“

Für die übrigen 30 Tiere, vorwiegend Pferde und Wüstenschiffe, kommen hingegen immer wieder Futterspenden an, über die sich Frank freut. Die Kolpingsfamilie hat jüngst beispielsweise drei Heuballen gespendet. Das Dreierteam des katholischen Sozialverbandes Kolping mit Schreinermeister Joachim Laser, Stadtratsmitglied Christoph Menzenbach und Sozialverbandsvorsitzendem Werner Hammes hatte sich zusammengetan, um eine Soforthilfe zu organisieren.

Spendenkonto eingerichtet

Für alle, die den Zirkus unterstützen möchten, ist bei der Sparkasse Neuwied mittlerweile außerdem ein Spendenkonto eingerichtet worden. Die IBAN lautet DE 41.5745.0120.0130.8720 54, als Verwendungszweck ist „Spende Zirkus Dschungelshow“ anzugeben. Wie die Sparkasse auf RZ-Anfrage mitteilt, sei das temporäre Konto aufgrund einer privaten Initiative eingerichtet worden und läuft wegen des gemeinnützigen Zwecks zu Sonderkonditionen.

Der Zirkusdirektor sucht überdies noch jemanden, der für ihn kleinere Lkw-Reparaturen machen könnte. Karl Frank warnt ausdrücklich davor, Menschen, die an Türen klingeln, Spenden mitzugeben: „Bürger haben mich darauf hingewiesen, aber ich kann sagen: Wir gehen nicht von Haus zu Haus oder tragen an der Klinke vor, was uns passiert ist. Der einzige seriöse Weg zur Unterstützung läuft über das Spendenkonto.“

Obwohl die Zeit in Neuwied für den Zirkus Dschungelshow mit mehr Tiefen als Höhen verbunden ist, möchte Frank die Deichstadt in guter Erinnerung behalten: „Für das, was uns wiederfahren ist, können weder die Stadt Neuwied noch ihre Bürger etwas. Wir haben hier Unterstützung erfahren und Freunde kennengelernt. Und das ist, was zählt.“

Von unserem Reporter Tim Saynisch

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