Mindestalters für die Führerscheinklasse AM herabgesetzt - Änderung hat seine Vor- und Nachteile
Mopedführerschein mit 15: Mehr Mobilität auf dem Land
Fahrlehrer wie Ralf Brüggemann aus Oberbieber und Niederbreitbach müssen sich wohl auf mehr Fahrschüler für den Roller einstellen. Foto: Jörg Niebergall
Jörg Niebergall

Kreis Neuwied. Wenn man sich mit 15 Jahren nach einem Ausbildungsplatz oder einem Praktikum umschaut, kann der Weg zur Stelle mitunter steinig sein – Lage und Erreichbarkeit sind für alle ein großes Thema, die nicht immer von den Eltern gefahren werden können oder wollen. Gerade im ländlichen Raum wie dem Kreis Neuwied mit einem ausbaufähigen ÖPNV ist Mobilität ein großes Thema für Jugendliche – aber auch für Arbeitgeber, die nach Auszubildenden suchen, wie Odette Freytag vom Hotel zur Post in Waldbreitbach meint. Dass das rheinland-pfälzische Kabinett jüngst beschlossen hat, die Führerscheinklasse AM schon für 15-Jährige zu öffnen, befürwortet die Gastronomin deshalb. Doch noch sind einige Fragen offen.

Wann das genau sein wird, steht indes noch nicht fest. Während es in Bundesländern wie Sachsen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern bereits Modellversuche für den Moped-Führerschein mit 15 gegeben hat, die durchaus positiv verliefen, hinkt Rheinland-Pfalz noch ein Stück weit hinterher. „Die Angabe für Rheinland-Pfalz ist noch sehr schwammig. Im Sommer soll der AM mit 15 kommen, ein genaues Datum gibt es nicht“, sagt Herbert Fuss, Abteilungsleiter Verkehr und Technik beim ADAC Mittelrhein. Doch: Andere Bundesländer wie Baden-Württemberg haben nicht einmal geplant, das Projekt AM 15 anzugehen. Die föderale Gesetzgebung stelle mal wieder einen „großen Flickenteppich“ dar, kritisiert Fuss. Gerade für Grenzgänger, die in einem Bundesland leben und im anderen ihre Lehrstelle haben, kann das Folgen haben, betont der Mann vom ADAC. Beispiel: Ein in Rheinbreitbach arbeitender 15-Jähriger, der in Bad Honnef lebt, begeht derzeit noch eine Straftat, wenn er mit seinem Moped oder Roller zur Arbeit fährt – NRW hat den AM mit 15 nämlich schon seit Januar.

„Es ist zu begrüßen, dass die jungen Leute den Führerschein früher machen können“, beurteilt ADAC-Experte Fuss die Lage. Gerade in den vielen Ortsgemeinden im Westerwald fahren die Busse fast ausschließlich zum Schülerverkehr und selten an die Ausbildungszeiten von Betrieben angepasst. „In manchen Gegenden im Westerwald ist man mit dem Fahrrad schneller als mit dem ÖPNV“, meint Fuss. Doch der AM mit 15 könne dem entgegenwirken.

Wie es in der Praxis aussieht, weiß Gregor Löwen, Kreisvorsitzender des Fahrlehrerverbands für Neuwied. „Im ländlichen Raum im Westerwald wird der Moped-Führerschein sehr gut angenommen, in der Stadt eher weniger“, sagt Löwen – in einer Stadt wie Neuwied fahren eher die Autos und Fahrräder. Auch er begrüßt, dass sich das Kabinett dazu durchgerungen hat, das Mindestalter zu senken. Er rechnet damit, dass es in Zukunft einen größeren Ansturm an Fahrschülern für den AM in den mehr als 20 Fahrschulen im Kreis Neuwied geben wird. Aber: Die Fahrlehrer müssten bei jüngeren Fahrschülern umso mehr darauf achten, das Bewusstsein für den Straßenverkehr sowie eine gute Einschätzung des Gefahrenpotenzials zu vermitteln. „Ein 15-Jähriger ist ein 15-Jähriger. Ein 16-Jähriger hat vielleicht mehr Übersicht. Ich weiß, das ist kein großer Unterschied, aber ein kleiner Tick ist es doch“, sagt Gregor Löwen und mahnt zu „Vorsicht, Weitsicht und Nachsicht“, wenn man als junger Mensch mit dem Roller im Straßenverkehr unterwegs ist – nicht von ungefähr, stellen doch die jungen Fahrer in den jährlichen Polizeistatistiken oft eine Risikogruppe bei Unfällen dar.

Da noch nicht klar ist, wann der AM mit 15 kommt, kann Löwen nur schwer absehen, wann der Ansturm kommen wird und wie er sich verteilt. „Derzeit schieben wird wegen Corona ohnehin schon eine Bugwelle vor uns hin. Aber die Fahrschulen sind gerüstet, wir bekommen das hin“, meint der Kreisvorsitzende. Sein kleiner Kritikpunkt an der Herabsetzung des Mindestalters für den Führerschein ist, dass es bei Jugendlichen „immer schwarze Schafe gibt“, die für den Straßenverkehr noch nicht reif genug sind. Aber dies seien nur ein paar Ausreißer.

Odette Freytag vom Hotel zur Post in Waldbreitbach sieht diesen Aspekt der Gesetzesänderung ebenfalls kritisch. „Aber als Arbeitgeber kann ich den Führerschein mit 15 nur befürworten. Und ich glaube, die Jugendlichen freuen sich auch“, hofft sie auf mobilere Auszubildende. Nun heißt es abwarten, wann der AM ab 15 in konkret eingeführt wird.

Von unserem Reporter Daniel Rühle

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