Gut gelaunt und leger in seine Lieblingsfarbe Blau gekleidet treffen wir Oberbürgermeister (OB) Jan Einig an der Ecke Rheinstraße und Kappelstraße am Rhein mit Blick auf die Raiffeisenbrücke zu einem Stadtspaziergang. Hinter ihm liegt das Werthviertel, vor ihm das Deichufer. Der Startpunkt ist für den amtierenden Kandidaten beides: Erfolgsmeldung für bereits Geleistetes und Ausblick für das, was in einer zweiten Amtszeit noch kommen mag.
Wohnen sei ein wichtiges Thema für Neuwied, macht Einig einmal mehr deutlich. Im Werthviertel sollen 350 Wohnungen saniert werden. Das werde den Bereich massiv aufwerten und auch der Innenstadt sehr guttun, erklärt der 48-Jährige. Weiter geht es am Rhein entlang, Richtung Pegelturm. Einige Spaziergänger sind unterwegs, viele grüßen den OB. Er ist bekannt in der Stadt.
„Das Erfüllende dabei sind die Menschen.“
Jan Einig, amtierender Oberbürgermeister und Kandidat
Stolz berichtet er von Frau Rebecca und den drei Söhnen, mit denen er auch Fahrradausflüge in die Stadt unternimmt. „Wenn ich Zeit habe“, schränkt der CDU-Politiker ein. Denn so ein OB-Amt bedeute 60, 70, 80 Stunden Arbeit in der Woche. Das könne man nur machen, wenn man eine Familie habe, die das mittrage, und wenn man Spaß daran habe. „Das Erfüllende dabei sind die Menschen“, so Einig.
Seine Mutter sei in seiner Kindheit mit ihm zum Einkaufen nach Neuwied gefahren, erzählt der gebürtige Mendiger im Weitergehen, deshalb kenne er auch das „Lappeloch“, ein mit zwei Segeln überspannten Forum auf dem Luisenplatz, das 2002 abgerissen wurde. Später, nach seinem Abitur in Andernach, leistete Einig seinen Zivildienst bei der Behinderten- und Seniorenhilfe in Neuwied ab.
Mehrere Lösungen für Lokschuppen
Als Abteilungsleiter Tiefbau der Stadt kam der diplomierte Bauingenieur 2011 nach Neuwied, bevor er nach dem plötzlichen Tod seines Vorgängers Nikolaus Roth 2017 zum neuen OB gewählt wurde. Damit beendete der CDU-Mann eine fast 50 Jahre andauernde SPD-Ära in der Stadt. Seitdem wohnt er mit seiner Familie in Neuwied. Alle seien hier integriert, engagiert, seine Frau singe im Chor und sei im Karneval aktiv, seine Söhne spielten Fußball, erzählt er.
Auf ein zentrales Großgebäude für den abgebrannten Lokschuppen angesprochen, wie es der eine oder andere in Neuwied vorschlägt, weist der OB auf Tradition und weite Fahrwege hin: „Ich glaube, wir brauchen da mehrere Lösungen“, sagt er. Der Deichuferradweg, die neu gestaltete Uferpromenade, das neue Tourismuskonzept, der dritte positive Haushalt: Einig punktet mit einigen Dingen.
„Nicht ganz so einfach, das ist Privateigentum, es gibt ein Verfahren dazu. Mehr kann und darf ich leider dazu im Moment nicht sagen.“
OB Jan Einig zur verlassenen „Rheinperle“
Beim Hauptwahlthema der Bundesparteien, Migration, weist er auf das städtische Integrationskonzept hin. „Wir müssen einfach sehen, dass wir die Menschen, die geflüchtet sind und hierbleiben wollen, in die Gesellschaft einfügen.“ Es gebe sehr viele Angebote, die in den kommenden Jahren verstärkt werden müssten. „Auf der anderen Seite brauchen wir auch Fachkräfte und Arbeitskräfte, und da müssen wir sie hinführen“, so Einig.
An der verlassenden „Rheinperle“ wird er fast zurückhaltend: „Nicht ganz so einfach, das ist Privateigentum, es gibt ein Verfahren dazu. Mehr kann und darf ich leider im Moment nicht sagen.“ Ehrlichkeit hat sich Einig auf die Wahlwebsite geschrieben, Kompetenz und Herzlichkeit. Was sagt er zum kurzen Wahlkampf? „Der letzte Wahlkampf war auch sehr kurz“, so Einig. Bei seinen Terminen sei das derzeit immer Thema. Ob die Neuwieder am Wahlsonntag wieder Frühstücksbrötchen bekommen, wie 2017? Er lacht: „Da müssen sich die Menschen überraschen lassen.“

In der sanierten Marktstraße winkt eine Frau mit Familie. „Das sind meine Cousine und meine Patentochter“, lächelt der OB; sie kämen aus der Eifel. Mit Blick auf die Geschäfte sagt er, grundsätzlich sei der Besatz der Stadt ausreichend, doch der Leerstand sei hoch. Nach Versuchen, die Eigentümer einzubeziehen, wolle er sie nun persönlich ansprechen. Die Tendenz gehe zu mehr Aufenthaltsqualität, mehr Frequenz in der Stadt. Kaffee trinken, Dienstleistungen erfahren, Wohnen: „Es muss auch Spaß machen“, stellt er fest und verabschiedet sich, um schnell einen Anzug zu kaufen.