Kritik unbegründet
Marktplatz in Neuwied ökologisch aufgewertet
Das Laub ist noch nicht ganz ausgebildet – doch der Marktplatz wirkt nun schon einladender als im Winter.
Rainer Claaßen

Die Stadt und ein an der Planung beteiligter Experte äußern sich zur Kritik am neuen Marktplatz, er sei zu stark versiegelt. Allerdings erfüllt er die Wünsche der Bürger, die an der Planung beteiligt waren, und ökologische Ansprüche.

Vor wenigen Wochen wurde der neu gestaltete Marktplatz offiziell eröffnet – und die Meinungen über das Erscheinungsbild gehen deutlich auseinander. Kritiker bemängeln insbesondere, dass bei der Planung des Platzes zu wenig Rücksicht auf die Natur genommen wurde. Nicht erst seit der Ahrflut-Katastrophe wird dem Thema Flächenversiegelung viel Aufmerksamkeit geschenkt. Bürger werfen der Stadt diesbezüglich vor, sich nicht an die eigenen Vorgaben zu halten. So ist etwa in dem von der Stadt im Jahr 2023 beauftragten Starkregenvorsorgekonzept an sehr vielen Stellen die Rede davon, dass Versiegelungen zurückgenommen werden sollen. Ein großer Teil des Platzes ist aber gepflastert. Auch der Mangel an Schatten auf dem Platz wird immer wieder kritisiert.

Erstes Grün lässt erahnen, wie der Platz in einigen Wochen und Jahren aussieht.
Rainer Claaßen

Stadtsprecher Ulf Steffenfauseweh bringt Gegenargumente vor: „Der neue Marktplatz ist in vielerlei Hinsicht ein Fortschritt – auch ökologisch. Wir haben im Vergleich zum früheren Zustand deutlich mehr Grün: Es wurden rund zwei Dutzend Amberbäume in Allee-Form gepflanzt, dazu mehrstämmige Solitärahorne – außerdem wurden fünf alte Linden erhalten. Das sind keine kleinen Pflänzchen, sondern bereits große, gezielt ausgewählte Bäume, die wir extra aus den Niederlanden geholt haben. Klar ist aber auch: Selbst große Jungbäume brauchen Zeit, um zu wirken – und jetzt, mit dem Frühling, wird man das Grün ganz anders wahrnehmen als im Winter“, teilt er der Rhein-Zeitung mit.

Das neue Pflaster lässt teils Regenwasser durchsickern und soll dank seiner hellen Farbe für weniger Hitze bei Sonneneinstrahlung sorgen.
Rainer Claaßen

Nicht versiegelte Fläche von 52 auf 1200 Quadratmeter gewachsen

Tatsächlich spendet das noch zaghafte Laub der neu gepflanzten Bäume inzwischen schon etwas Schatten. Perspektivisch wird der Platz dank der zusätzlichen Bäume deutlich schattiger werden als vorher. Und während es auf dem alten Platz nur 52 Quadratmeter nicht verschlossene Fläche gab, sind es nun mehr 1200 Quadratmeter.

Für Veranstaltungen braucht es eine feste Unterlage.
Rainer Claaßen

Basis der umgesetzten Planung war ein intensiver Beteiligungsprozess. In mehreren Veranstaltungen hatten Neuwieder Bürger Gelegenheit, Einfluss auf die Planung zu nehmen. Die dabei ermittelte Aufgabenstellung für die Umsetzung war eindeutig: Die Bürger wünschten sich einen möglichst belebten Platz, auf dem auch Veranstaltungen stattfinden. „Dafür braucht es auch offene, belastbare Flächen. Die verschiedenen Ansprüche – Klima, Nutzbarkeit, Aufenthaltsqualität – mussten in Einklang gebracht werden“, erklärt Steffenfauseweh.

„Es war nie ein Ziel, aus dem Marktplatz einen kleinen Park zu machen.“
Stadtsprecher Ulf Steffenfauseweh

Gegenüber der Situation vor dem Umbau haben sich auch bezüglich der Ökologie nachweislich Verbesserungen ergeben. So war bisher der komplette Platz mit Asphalt und zum Teil buckeligem Pflaster versiegelt. Nun gibt es versickerungsfähige Beläge, Pflanzinseln mit bienenfreundlichen Stauden und einen Brunnen – auch der soll zum besseren Klima auf dem Platz beitragen.

„Auch wenn manche hier jetzt andere Ansprüche stellen – es war nie ein Ziel, aus dem Marktplatz einen kleinen Park zu machen“, sagt Steffenfauseweh. Roland Becker, dessen Unternehmen den Beteiligungsprozess begleitet hat, erinnert sich: „Es ist eher ungewöhnlich für eine Kommune dieser Größenordnung, so intensiv auf Bürgerbeteiligung zu setzen. Da das Resultat sehr eindeutig war, wurden entsprechend klare Vorgaben an die ausführenden Planungsbüros gegeben. Die Bürger wünschten sich einen Multifunktionsplatz mit sehr vielen Veranstaltungen – da führt um eine Pflasterung kein Weg herum.“

Ein Balanceakt: Der Platz wurde umgesetzt, um multifunktional zu sein und bestmöglich ökologische Ansprüche zu erfüllen.
Rainer Claaßen

Grünen-Stadtratsfraktion lobt Balance zwischen Funktionalität und Ökologie

Immerhin ist das Pflaster laut Becker teilversickerungsfähig – durch die Fugen wird ein Teil des Regenwassers in den darunter liegenden Schotter geleitet. Und die helle Farbe soll dazu beitragen, dass sich die Luft über dem Platz auch bei Sonneneinstrahlung weniger aufheizt.

Regine Wilke, Leiterin der Grünen-Fraktion im Stadtrat, war in den Planungsprozess eingebunden. Auch sie ist der Überzeugung, dass die Balance zwischen multifunktionalen und ökologischen Anforderungen gelungen ist.

Die Kritik an der Neugestaltung ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. In vielen Details wurde aber offenbar auf die Belange der Umwelt eingegangen. Wie gut der Platz tatsächlich funktioniert, wird sich sicher erst mit der Zeit herausstellen.

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