Rund 300 Bushaltestellen gibt es in Neuwied und den Stadtteilen. Zu erkennen sind sie am Haltestellenschild, das offiziell Zeichen 224 heißt – ein rundes Schild mit einem grünem „H“ auf gelben Grund. Bis zu 15 Meter vor und hinter dem Schild darf man nicht parken. Das ist nicht nur in Neuwied so, sondern überall in Deutschland, geregelt durch die Straßenverkehrsordnung.
Aber es gibt Ausnahmen. Sie werden durch gezackte Linien – offiziell: Zeichen 299 – gekennzeichnet. Die gezackte Linie zeigt eine Grenzmarkierung an, mit der ein vorgeschriebenes Halte- oder Parkverbot verlängert oder verkürzt wird. Dann gilt an einer Haltestelle eben nicht mehr das Parkverbot von 15 Metern vor und hinter dem Haltestellenschild, sondern die durch die Grenzmarkierung angegebene Sperrfläche.
So weit, so gut, so eindeutig. Kompliziert wird es, wenn der Zustand der Zickzacklinie zu wünschen übrig lässt. Das ist in der Germaniastraße der Fall. Der Verlauf der Linie und die Größe der Sperrfläche sind zwar zu erkennen, aber die Markierung ist inzwischen so weit abgetragen, dass man schon ein bisschen genauer hinschauen muss.
Man kann doch nicht 55 Euro vom Bürger behalten, wenn der gar nichts gemacht hat.
Die betroffene Autofahrerin ist empört.
Das hat die Autofahrerin aus dem Kreis Neuwied getan, als sie ihr Fahrzeug gegenüber der Hausnummer 50 abstellte – außerhalb der Zickzacklinie, wie sie versichert. Genau hingesehen hat auch das Ordnungsamt der Stadt Neuwied – jedoch nicht auf die Markierung, sondern auf den Abstand zum Haltestellenschild. Der betrug lediglich 8 Meter, was eine Ordnungswidrigkeit darstellt. „Gemäß dem Tatbestandskatalog kommt hier der Tatbestand 141.402 zum Tragen“, erklärt das Ordnungsamt in einer E-Mail an die vermeintliche Parksünderin. Das Verwarngeld beträgt 55 Euro.
Warum die Zickzacklinie für das Ordnungsamt keine Rolle spielt, erklärt Stadt-Pressesprecher Erhard Jung auf Anfrage unserer Zeitung: „Nach unserer Auffassung ist dort keine Linie mehr zu erkennen.“ Die Linie sei während einer Baumaßnahme entfernt und danach nicht wieder neu eingezeichnet worden. Deswegen sei zur Beurteilung, ob richtig oder falsch geparkt wird, eben nicht die – laut Stadt ohnehin nicht mehr erkennbare – Sperrfläche maßgeblich, sondern das Bushaltestellenschild.
Das will die betroffene Autofahrerin jedoch nicht hinnehmen. Sie fühlt sich abgezockt. „Ich habe nichts falsch gemacht“, betont die Frau. „Das Verwarngeld ist nicht in Ordnung.“
Für das Ordnungsamt ist der Fall abgeschlossen
Bezahlt hat sie es zunächst trotzdem, legte dagegen aber schriftlich Widerspruch ein. Die Antwort der Stadt sorgte dann für die nächste böse Überraschung. Denn für das Ordnungsamt ist der Fall längst abgeschlossen. „Die Zahlung des Betrages stellt juristisch gesehen die Anerkennung der Ordnungswidrigkeit seitens des Beschuldigten dar. Auf diese Weise wird die Verwarnung wirksam“, erklärt das Amt in einer E-Mail an die vermeintliche Parksünderin.
Deren Empörung ist groß. So wie sie die Sache sieht, geht die Stadt von einem falschen Tatbestand aus. Dagegen richte sich auch ihr Widerspruch. Dass die Stadt ihren vermeintlichen Fehler nicht korrigieren will, kann sie nicht nachvollziehen. „Man kann doch nicht 55 Euro vom Bürger behalten, wenn der gar nichts gemacht hat“, sagt die Frau. Sie lässt nun anwaltlich prüfen, ob sie mit einer Leistungsklage ihr Geld zurückerhalten kann. Bis der Knöllchen-Krach beigelegt wird, könnte es also noch ein wenig dauern.