Nach dem Tod von Sandra Kühn ist sie die neue Ausgabeleiterin der Tafel Puderbach-Dierdorf - Zahlen sind trotz Corona stabil
Marion Hoffmann behält nun den Überblick: Die Tafel Puderbach-Dierdorf hat stabile Zahlen trotz Corona
Die ehrenamtlichen Helfer in Puderbacher bereiten die Waren zur Ausgabe an die Bedürftigen vor. Dafür sortieren sie die Waren. Fotos: Lars Tenorth
Lars Tenorth

Puderbach. Nach dem Tod von Sandra Kühn ist sie die neue Ausgabeleiterin. Aktueller Standort ist nicht ganz ideal.

Die Ehrenamtlichen sind voll beschäftigt. Es dauert nicht mehr lang, bis sie die Waren an die Bedürftigen ausgeben. Nun sortieren sie in den Räumlichkeiten der Tafel in Puderbach alles geschwind vor. Genau inspizieren sie jedes Gemüse, bei den Frühlingszwiebeln schneidet eine Helferin braune Stellen ab. Warenpakete stellen sie passend nicht nur mit Gemüse zusammen, sondern auch mit Brot, Waschmittel oder Körperpflegelotionen. Während sie fleißig sind, kommt die nächste Lieferung Kühlwaren. Jetzt wird es wuselig, aber jeder weiß genau, was zu tun ist. Eine undurchsichtige Hektik keimt zu keinem Zeitpunkt auf. Gemeinsam leisten die Ehrenamtlichen eine wichtige Arbeit, die Tafel Puderbach-Dierdorf ist für viele Menschen unverzichtbar.

„Aktuell beziehen rund 300 Menschen Waren von der Tafel“, erklärt Volker Mendel, Bürgermeister der VG Puderbach und zugleich gemeinsam mit Dierdorfs VG-Bürgermeister Horst Rasbach im Vorsitz der Tafel. Insgesamt teilt sich die Anzahl auf 116 Haushalte auf, davon 71 in der VG Puderbach und 45 in Dierdorf. Knapp 195 Erwachsene und fast 105 Kindern profitieren vom Angebot der Tafel. „Während der Corona-Krise sind die Zahlen stabil geblieben“, betont Mendel. Dennoch sagt er grundsätzlich: „Es ist ein Armutszeugnis, eine Tafel vorhalten zu müssen.“ Horst Rasbach fügt hinzu: „Ohne die vielen Ehrenamtlichen ist das System nicht aufrechtzuerhalten.“ In den vergangenen Jahren war die Anzahl teilweise deutliche höher – insbesondere aufgrund der Flüchtlingswelle. „Teilweise hatten wir hier von 2015 bis 2018 mehr als 560 Menschen.“ Generell sind unter den Bedürftigen derzeit vor allem auch Rentenbezieher und einige Alleinerziehende, sagt Marion Hoffmann, neue Ausgabeleiterin der Tafel und wichtige Organisatorin.

Marion Hoffmann füllt die Lücke

Lange Zeit war sie nicht direkt an der Spitze. Aber nach dem Tod der bisherigen Ausgabeleiterin Sandra Kühn im September nahm sie ihren Platz ein. Mit nur 49 Jahren verstarb Kühn. Für die Tafel Puderbach-Dierdorf spielte sie eine bedeutende Rolle. Im Nachruf der Tafel wurde sie als Aktivposten beim Aufbau und Betrieb der Ausgabestelle in Puderbach gewürdigt, federführend zeigte sie sich für die Planung und Koordination aller Aufgaben betreffend der Ausgabestelle verantwortlich. Ihr Engagement und Herzblut wurden ausdrücklich gelobt. Demnach war es ihr immer ein Anliegen, die Versorgung der bedürftigen Menschen zu verbessern. Nun versuchen die Ehrenamtlichen, und vor allem auch Marion Hoffmann, diese Lücke bei der Tafel aufzufangen. Ab und an sprang sie schon als Vertretung ein, und Kühn lernte sie auch an: „Sandra Kühn war immer erreichbar“, betont Hoffmann.

Jetzt übernimmt sie den Job bei der Tafel, die vor rund zwölf Jahren als reine Puderbacher Tafel gegründet wurde. „Seit drei Jahren ist auch Dierdorf dabei“, sagt Mendel. Es gibt immer viel zu tun. Ein fester Stamm von regelmäßig 14 bis 18 Ehrenamtlichen kümmert sich darum, dass alles glatt läuft. Immer dienstags und freitags geben sie die Waren aus. Doch bis dahin müssen diese auch beschafft werden. Mit zwei Fahrzeugen sind Ehrenamtliche regelmäßig unterwegs, dabei steuern die Fahrer nicht nur Geschäfte aus der direkten Umgebung an, sondern transportieren auch Waren aus einem Zentrallager von Koblenz nach Puderbach. In der Regel sind es Produkte, die nicht mehr verkauft werden, kurz vor dem Ablaufdatum stehen oder schon drüber sind. „Nicht alle Unternehmen beteiligen sich, aber ein großer Teil“, unterstreicht Mendel. Natürlich ist es für die Unternehmen, die einen sozialen Beitrag leisten mit der Spende an die Tafel, auch praktisch. Denn oft sparen sie damit die teureren Entsorgungskosten der Waren, erklärt Philipp Rasbach.

Wenn die Ware in Puderbach eintrifft, sortieren die Helfer sie nach und schmeißen auch schlechte Produkte weg. Die guten verteilen sie in verschiedene Körbe: Müsli, Brot, Waschmittel, Gemüse oder auch kleine Präsente für Kinder. „Der Warenwert eines Korbes liegt so bei 30 bis 40 Euro“, erklärt Mendel. Aufgeteilt werden die Bedürftigen in drei Gruppen je nach der im Haushalt lebenden Anzahl der Personen. Als symbolischen Beitrag zahlen Bedürftige ab 16 Jahren 1 Euro pro Kopf pro Kiste, die sind dann selbst abholen an der Ausgabestelle an der Hauptstraße in Puderbach. „Für eine Gebühr von fünf Euro bringen wir die Kiste auch bis zur Haustür“, sagt Philipp Rasbach, Geschäftsführer der Tafel Puderbach-Dierdorf.

Einsatz in Notlagen

Auch springt die Tafel in extrem prekären Lagen ein, etwa, wenn eine alleinerziehende Mutter gerade kein Geld zur Verfügung hat. „Wir können akute Notlagen ablindern“, sagt Philipp Rasbach. In der Organisation ist immer das Zusammenspiel von Verwaltung und Ehrenamtlichen wichtig. Vor allem werden auch die Listen der Bedürftigen gepflegt und darauf geachtet, dass diejenigen auch ihre vorbereiteten Kisten abholen, sofern sie sich nicht abgemeldet haben. „Wer zweimal infolge nicht zum Abholen kommt, wird vorerst gesperrt“, sagt Mendel. Denn das führe auch dazu, dass Lebensmittel einfach weggeschmissen werden müssen. Manche Produkte nehmen dann noch Landwirte und können sie als Tierfutter gebrauchen. Bei Produkten, die grundsätzlich das Haltbarkeitsdatum überschritten haben, können Bedürftige entscheiden, ob sie diese noch probieren wollen.

In diesen Tagen können sich die Bedürftigen vor allem auch über kleine Überraschungen freuen wie Süßigkeiten oder aber auch Weihnachtsdeko oder Spielzeug, sagt Marion Hoffmann. Momentan läuft der Betrieb bei der Tafel ganz gut, wie sie erzählt, aber sie wünscht sich vor allem auch mal mehr junge Helfer, die kräftig mit anpacken. Vor allem engagieren sich bisher Rentner für die Tafel, es ist oft auch anstrengend. Und es gibt eine Sache, die darüber hinaus als störend empfunden wird: der Standort direkt an der Hauptstraße. „Die Privatsphäre kann nicht so geschützt werden“, sagt Horst Rasbach. Deshalb wird schon ein neuer Standort gesucht, der auch in der Nähe der Puderbacher VG-Verwaltung sein soll – doch: „Die Tafel kann nicht mit zahlungskräftigen Investoren mithalten.“ Deswegen habe sich noch nichts ergeben. Überdies könnte sich, obwohl die Zahlen in der jüngeren Vergangenheit stabil waren, die Lage mittel- bis langfristig wieder zuspitzen: „Die Tafel ist immer auch ein Spiegelbild der Arbeitslosigkeit. Meine Prognose ist, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren die Zahl der Arbeitslosen steigen wird“, erklärt Mendel, der die vorsichtige Prognose mit Corona begründet. Aber dann ist es umso wichtiger, dass es so fleißige Ehrenamtliche gibt, die sich um die Bedürftigen kümmern.

>>Info: Mehr zur Finanzierung:

Der eingetragene Verein, die Tafel Puderbach-Dierdorf, besteht aus zwölf Mitgliedern. Pro Mitglied beträgt der Jahresbeitrag 500 Euro, von den 6000 Euro werden Strom-, Wasser- oder auch Fahrzeugkosten bezahlt. Nur reicht das laut Horst Rasbach, Zweiter Vorsitzender des Vereins, nicht aus: „Wir sind auf Spenden angewiesen.“ Mehr zur Tafel steht unter www.puderbach.de.

Von unserem Redakteur Lars Tenorth

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