Saniertes Fachwerkhaus "Alte Schule" in Oberhonnefeld gehört zu den landesweit 57 Bauprojekten am "Tag der Architektur"
Märchenhafte Wendung: Wie aus einem Abbruchhaus in Oberhonnefeld ein Schmuckkästchen wurde
In Oberhonnefeld erstrahlt das Fachwerkhaus „Alte Schule“ nach aufwendiger Sanierung in neuem Glanz. Das frühere Schulgebäude gilt als das älteste im Westerwald. Im Jahr 1678 wurde es erstmals schriftlich erwähnt. Beim „Tag der Architektur“ kann es besucht werden.
Thomas Kesseler

Oberhonnefeld. Erst abrissreif und nun ein Musterbeispiel für Kreislaufwirtschaft beim "Tag der Architektur": Das Fachwerkhaus "Alte Schule" in Oberhonnefeld ist von zwei kreativen Köpfen aus Bad Hönningen wach geküsst worden. Das ist die Geschichte hinter der vielen Arbeit. 

In Oberhonnefeld erstrahlt das Fachwerkhaus „Alte Schule“ nach aufwendiger Sanierung in neuem Glanz. Das frühere Schulgebäude gilt als das älteste im Westerwald. Im Jahr 1678 wurde es erstmals schriftlich erwähnt. Beim „Tag der Architektur“ kann es besucht werden.
Thomas Kesseler

Erstmals im Jahr 1678 schriftlich erwähnt, befindet sich das Fachwerkhaus „Alte Schule“ in der Hauptstraße 4 neben der Evangelischen Kirche in Oberhonnefeld. Es gilt als das erste Schulgebäude im Westerwald. Nach Jahre langem Leerstand stand es 2021 kurz vor dem Abriss. Doch statt eines schmucklosen Neubaus an derselben Stelle erstrahlt das Fachwerkhaus nach einer umfangreichen Sanierung seit Ende 2022 in neuem Glanz. In diesem Jahr zählt es sogar zu den 57 Bauprojekten in Rheinland-Pfalz, die am „Tag der Architektur“ (24./25. Juni) besucht werden können. Doch wie kam es zu dieser 180-Grad-Wende?

Liebe zu Islandpferden führte spätere Bauherren zum Fachwerkhaus

Dahinter stecken Thomas Kesseler, Bildender Künstler und Architekt, und seine Frau, die Kunsthistorikerin Jutta Kleinknecht. Beide leben seit einigen Jahren in Bad Hönningen und haben dort ihr Wohnhaus sowie ihr Atelier saniert. Selbst wenn Kesseler und Kleinknecht in Urlaub sind, schauen sie rechts und links welche Altbauten vor dem Verfall gerettet werden können. Als Freunde von Islandpferden kennen sie auch die Raiffeisen-Region sehr gut. Wegen ihres Hobbys sind sie häufiger an dem Oberhonnefelder Fachwerkhaus vorbeigekommen.

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Hier geht es in das frisch sanierte Fachwerkhaus, dass Ende 17. Jahrhunderts erstmals erwähnt wurde.
Thomas Kesseler

„Meine Frau hat leichtsinnigerweise gesagt, wenn so ein Häuschen mal zu verkaufen ist, dann machen wir das“, berichtet Kesseler. Anfang 2021 fand Kleinknecht schließlich eine Anzeige, die auf den Verkauf des abrissreifen Hauses samt Grundstück aufmerksam machte. Nach einem Besichtigungstermin schlugen sie zu. „In einem Abrisshaus funktioniert nichts mehr: kein Telefon, kein Kanalanschluss, kein Stromanschluss und keine Heizung. Mit Ach und Krach kann man eine Wasserleitung reaktivieren“, so Kesseler.

Schädling hat sein Unwesen im Fachwerkhaus getrieben

Zudem war das Haus vom Hausbockkäfer befallen. „Dieser zertrümmert Holzbalken von jeder Größe. Das heißt, sie müssen sämtliche Holzbalken freilegen. Sie können alles, was in dem Haus aus Holz ist, mehr oder weniger rausschmeißen. Wir haben schon viele alte Häuser restauriert, aber das war das schlimmste Fachwerkhaus, was ich hatte!“, erklärt Kesseler. Mehr als 60 laufende Meter Eichenholzbalken musste er bestellen, um das Haus wiederinstandzusetzen. Zwei Seiten des Hauses mussten neu aufgemauert werden. Da fiel es den beiden Bauherren nicht immer leicht, „das Lächeln im Gesicht zu behalten“. Trotz Rückschlägen hatten sich die Bauherren nicht entmutigen lassen. Sie ließen das Haus sogar unter Denkmalschutz stellen.

Ihr Prinzip war es, die wesentliche Raumstruktur und alle Details, die erhalten werden können, zu erhalten. „Wir verfolgen beim Bauen eine wichtige Strategie, dass wir so wenig wie möglich abreißen“, sagt Kesseler. Denn Bau- und Abbruchabfälle machen laut Statistischem Bundesamt mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland aus. Daher verwendeten Kesseler und Kleinknecht nach eigenen Angaben – so weit es ging – gebrauchte Baumaterialien. „Wenn eine Tür kaputt war, haben wir eine gleichwertige Tür aus dem gleichen Bauzeitraum organisiert, die größenmäßig und gestalterisch identisch war mit der Tür, die wir hatten.“

“Elende Recherchearbeit„ nach alten Baumaterialien

Vom Schlüssel bis zum Heizkörper kauften Kesseler und Kleinknecht das Material selbst ein. „Im Erdgeschoss lagen alte Jugendstilfliesen, die der belgische Designer Henry van de Velde entworfen hat. Dann waren das nicht genug. Über Freunde konnten wir dann den Rest besorgen. Dann fehlten noch die Randsteine, die wir dann in Holland gekauft haben. Das ist eine elende Recherchearbeit“, so Kesseler.

Die Kosten für die Sanierung lagen durch viel Eigenleistung im unteren sechsstelligen Bereich. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit verfügt das „Effizienzhausdenkmal“ eine Kombination aus Solarwarmwassererzeugung und einer Gasheizung. Durch den Ausbau des Dachgeschosses hat das Mietshaus nun mehr als 100 Quadratmeter Wohnfläche. Hinzukommen noch 22 Quadratmeter durch den nutzbaren Gewölbekeller. Außerdem besitzt es einen komplett neugestalteten Garten mit Terrasse. „Was wunderschön geworden ist, ist das Dachgeschoss, das vorher eine wilde Rumpelkammer war“, schwärmt Kesseler.

Architektenkammer zu Gast in Oberhonnefeld

Im Kreis Neuwied würde es sehr viele Häuser geben, die wie zuvor das „Alte Schulhaus“ verrotten. Bevor sich Kesseler und Kleinknecht möglicherweise einem weiteren Projekt in der Region widmen, wollen sie sich erst einmal eine Pause gönnen. Vorher präsentieren die Eigentümer Kesseler und Kleinknecht aber am 25. und 26. Juni von 14 bis 18 Uhr noch das wiederbelebte Fachwerkhaus. Auch die Architektenkammer will sich ein Bild machen.

“Tag der Architektur"

Weitere Infos rund um den „Tag der Architektur“ gibt es unter www.diearchitekten.org

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