Er betont schmunzelnd: „Das Alter bezieht sich nur auf das Bestehen des Vereins. Die Mitglieder im MGV Linz fühlen sich allesamt jung, denn schließlich gilt regelmäßiges Singen als ein besonderer Jungbrunnen. Forscher sagen sogar, dass es ,Gymnastik für die Seele' ist.“ Den Jungbrunnen scheint der Verein tatsächlich gefunden zu haben. „Wir haben keine Nachwuchssorgen und keinen Mitgliederschwund. Aktuell haben wir 45 aktive Mitglieder. Zwei weitere haben ihr Interesse angekündigt“, zeigt sich Klein sehr zufrieden darüber, wie agil und jung geblieben sich der Senior unter den Laienchören präsentieren kann.
Vor zwei Jahrhunderten, am 1. Januar 1822, wurde der Linzer MGV gegründet, was aus dem ältesten erhaltenen Dokument aus dem Jahr 1837 hervorgeht. In den folgenden Jahren gab es weitere Gründungen von Gesangvereinen in Linz – Es kam zu Kooperationen mit dem MGV. 1922 wurde schließlich der Männergesangverein Eintracht gegründet. Der Zweite Weltkrieg lähmte das Vereinsleben, bis sich im Oktober 1947 die beiden Chöre zu einem gemeinsamen Verein zusammenschlossen, der heute noch unter dem Namen Linzer Männergesangverein 1822 firmiert.
“Wir haben keine Nachwuchssorgen und keinen Mitgliederschwund. Wir haben 45 aktive Mitglieder.“
MGV-Vorsitzender Norbert Klein
Die Linzer Sänger können auf große Erfolge blicken. 1957 erhielt der MGV die Zelterplakette durch Bundespräsident Theodor Heuss und im Jahr 1993 den Kulturförderpreis der Stadt Linz am Rhein. „Eine Mitwirkende haben wir übrigens besonders in Erinnerung behalten. Als die Sonntagskinder aus Köln beim Konzert in Linz mitmachten, sang im Kinderchor auch die heutige Moderatorin Anke Engelke. Es wird von der jungen Schülerin berichtet, sie habe den Linzer Sängern zum Scherz Schnürsenkel zusammengebunden. Man kann also sagen, dass in Linz ihre bundesweite Karriere als Comedian begonnen hat“, berichtet Klein lachend von einer Anekdote, die gern im Verein erzählt wird.
Die Linzer feiern den 200. Geburtstag ihres Männergesangsvereins in einer Zeit, wo viele Chöre aufgeben müssen, weil sie keine neuen Mitglieder finden. Was hat der MGV anders gemacht? „Wir haben vor Jahren unser Repertoire umgestellt. ,Am Brunnen vor dem Tore' ist zwar ein schönes Lied, aber das will heute kaum einer mehr hören. Wir haben für ein abwechslungsreiches musikalisches Angebot von klassischen Chorwerken über aktuelle Hits bis zu kölsche Tön gesorgt. Da melden sich bei Konzerten spontan Leute, die mitsingen wollen“, so Klein. Beim MGV tanzen die „Stääne“ am Himmel über Köln, aber auch Elvis schaut vorbei – und es wird auch mal ein Volkslied gesungen.
Der neue Taktgeber
Der Männergesangverein hat im Jubiläumsjahr einen neuen Dirigenten. Die musikalische Leitung hat Marco Zimmermann übernommen. Er löst damit Axel Hoffmann ab, der den Chor seit 1994 leitete. In der Musikszene ist Zimmermann bekannt als Pianist, Gitarrist, Mitglied und Leiter einer Jazzband und einer Big Band und als Chorleiter des Frauenensembles „CHORallen“ aus Leubsdorf. Sein Credo: „Es gibt in der Musik nur eine Wahrheit; die steht auf dem Notenblatt, über die Schattierungen kann man diskutieren.“ Kölsche Tön gehören für den Dirigenten ebenfalls dazu. Außerdem sollen bekannte Hits auch aus anderen Sprachen möglichst bald dazukommen, kündigt Zimmermann an.
„Außerdem halten unsere Sänger uns die Treue“, sagt Klein, der selber seit mehr als 40 Jahren beim MGV singt. Wie Peter Labonte, der in vier Wochen seinen 95. Geburtstag feiert. Er ist seit fast 85 Jahren Sänger. Seit 61 Jahren ist der gebürtige Meckenheimer beim Linzer MGV. Damit er ist das älteste Vereinsmitglied. Mit 83 ist Peter Windheuser der älteste aktive Sänger.
Corona hat auch den Linzer Verein vor große Herausforderungen gestellt. Geprobt wurde aus der Not heraus auch online. Im Jahr 2020 einmal auch in Begleitung des Kölner Liedermachers Björn Heuser, der für seine Mitsingkonzerte mit den Hits bekannter Bands bekannt ist.
„Jetzt proben wir aber wieder in unserem Vereinsheim am Roniger Weg“, so Klein. Auch dank des vereinseigenen Domizils hat der Verein eine Sonderstellung. Dort proben die Sänger „unter Spannung“: „Vor rund drei Jahren mussten wir aus unserem Probenraum im Altgymnasium ausziehen. Ein Sangesbruder hatte aber das alte stillgelegte Umspannwerk am Roniger Weg gekauft. Wir haben es in Eigenleistung umgebaut und eingerichtet. Wir haben viel Platz. Wir hatten da wirklich Glück“, freut sich Klein und ist sicher, dass auch das schicke Domizil den MGV noch attraktiver gemacht hat.
Etliche Veranstaltungen prägen das Jubiläumsjahr des MGV, das unter dem Motto „200 Jahre und kein bisschen leis“, steht . Höhepunkt des Jubiläums ist das große Konzert am 23.April in der Linzer Stadthalle. Eine Ausstellung zur Vereinsgeschichte ist für Juli und der Festkommers für den 16. Oktober geplant. Malu Dreyer hat die Schirmherrschaft übernommen. Derzeit wird auch eine Festschrift erstellt, die im Spätsommer 2022 präsentiert wird.