Wie mehrere Quellen übereinstimmend bekunden, hatte Bollinger vergessen, ein Mitglied einzuladen. Weil daraufhin die Drohung im Raum stand, die Wahllisten anzufechten, zog der Kreisvorsitzende die Wahllisten für den Stadtrat und den Kreistag zurück. Um aber bis zum Stichtag, Montag, 22. April, 18 Uhr, den Wahlkommissionen ordnungsgemäß gewählte Listen vorlegen zu können, braucht es eine neuerliche Wahlgebietskonferenz samt erneutem Wahlprozedere.
Satzung der Kreis-AfD sieht keine Ausnahmereglung vor
Allerdings ist das in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Zeit mehr als schwierig zu bewerkstelligen. Der größte Hinderungsgrund für ein schnelles Heilen des Fehlers liegt in der Satzung des AfD-Kreisverbandes begründet. Die sagt klipp und klar, dass es für eine Wahlgebietskonferenz eine Einladungsfrist von zwei Wochen gibt, ein Ausnahmetatbestand ist nicht definiert.
Das sollte auch der Kreisvorsitzende wissen. Gleichwohl hat Bollinger nach RZ-Informationen am 14. April die Parteimitglieder neuerlich eingeladen – und zwar zu einer „außerordentlichen Wahlgebietskonferenz“. Eine solche Konferenz ist aber überhaupt nicht in der Satzung vorgesehen. Dort taucht aber ein „außerordentlicher Kreisparteitag“ auf, für den es in Ausnahmefällen eine Einladungsfrist von nur einer Woche gibt. Da drängt sich der Verdacht auf, dass mangels Zeit eine von der Satzung nicht gedeckte Lösung ersonnen wurde, um doch noch pünktlich Wahllisten vorlegen zu können. Wie das von den Wahlkommissionen bei der Stadt Neuwied und beim Kreis bewertet wird, bleibt abzuwarten.
Kritik am Führungsstil von Bollinger
Jan Bollinger selbst ist fest davon überzeugt, am Montag „fristgerecht restsichere Wahlvorschläge für den Neuwieder Kreistag, den Neuwieder Stadtrat und den Ortsbeirat von Heimbach-Weis“ bei den Wahlkommissionen abliefern zu können, wie er schreibt. Auf die Anfrage unserer Zeitung, wie das satzungskonform zu bewerkstelligen sei, gab er indes keine konkrete Antwort.
Abgesehen von der offenbar zumindest beim Kreisvorsitzenden nicht vorhandenen Torschlusspanik rund um die Wahllisten für den Neuwieder Stadtrat und den Kreistag, scheint es aber im Kreisverband gehörig zu rumoren. Kenner des Parteiinnenlebens, die allerdings ihre Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, sprechen von „schlechter Stimmung“ und „unzufriedenen Mitgliedern“. Für die sei vor allem der Kreisvorsitzende mit seiner Art, den Verband zu führen, verantwortlich. Bollingers Kritiker werfen ihm in informellen Gesprächen und Schreiben mangelnde Kritikfähigkeit vor und den Drang, niemanden neben sich dulden zu können, der in seine Machtsphäre einzudringen droht.
Enges Ergebnis für Bollinger bei Vorstandswahlen
Als Beleg für das Gegeneinander innerhalb des Kreisverbandes kann durchaus das Ergebnis der Wahlen zum AfD-Kreisvorstand vom 24. Februar herangezogen werden. Nach Informationen unserer Zeitung setzte sich Bollinger bei der Vorsitzendenwahl nur sehr knapp mit 13 zu 11 Stimmen durch. Zu dieser Wahl gab es bislang aber noch keine offizielle Verlautbarung seitens der AfD.
Auch dazu fragte die RZ bei Bollinger nach, wollte konkrete Ergebnisse und Namen wissen. Dessen Antwort lautet: „Der AfD-Kreisverband Neuwied ist sehr aktiv und erfolgreich, führt viele gut besuchte Veranstaltungen durch und kann sich deshalb über ein starkes Mitgliederwachstum freuen. Bei den Vorstandswahlen sind alle amtierenden Vorstandsmitglieder wieder und zusätzlich zwei neue Kollegen gewählt worden.“