Wechsel in Dürrholz und Urbach: Anette Wagner und Brigitte Hasenbring waren jeweils 20 Jahre im Amt - Ihre Erfolge und Wünsche für die Zukunft
Langjährige Ortsbürgermeisterinnen verabschieden sich: Neubesetzung in Dürrholz und Urbach
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2005 hat sich Brigitte Hasenbring für den Bolzplatz in Urbach starkgemacht, den dieser hatte es nötig. Die Brauerei Bitburger hatte zu jener Zeit im Rahmen ihrer Aktion „Bolzplätze für Deutschland“ auf die Bewerbung der Urbacher reagiert und der Gemeinde die Renovierung des alten „Ackers“ geschenkt.
Jörg Niebergall. Archiv Jörg Niebergall

Dürrholz/Urbach. Anette Wagner und Brigitte Hasenbring waren jeweils 20 Jahre im Amt. Beim Rückblick auf ihre Zeit spricht Hasenbring unter anderem über die Zusammenarbeit mit Realos und Fundis und Erfolge, Wagner wünscht sich etwa für die Zukunft weiterhin engagierte Bürger, die Dürrholz nach vorn bringen.

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Beide haben ihre Ortsgemeinden durch ihr Engagement maßgeblich geprägt: Anette Wagner (Dürrholz) und Brigitte Hasenbring (Urbach) sind zwei Frauen, die jeweils 20 Jahre lang die Kommunalpolitik in ihren Dörfern vorangebracht haben. Nun verabschieden sie sich und treten nicht mehr bei der nahenden Kommunalwahl an. In den Startlöchern stehen Gert Winkelmeier oder Marie-Christin Schäfer für Urbach und Stephan Sokola für Dürrholz. Anette Wagner und Brigitte Hasenbring blicken auf ihre Zeit zurück, sprechen über ihre Rolle in der Kommunalpolitik, die Fortschritte und auch ihre Wünsche in der Zukunft. Auch ein übergeordnetes Statement darf am Ende der Amtszeit nicht fehlen.

Bereits zur Kommunalwahl 2019 kündigte Brigitte Hasenbring an, dass es ihr letzte Amtszeit wird. An dem Entschluss hat sich nichts geändert. „Nach 20 Jahren wird es Zeit für den Wechsel. Jede Ortsbürgermeisterin hat, wie ihre männlichen Kollegen auch, ihre Fans und Gegner. Wer mit der Amtsinhaberin nicht mitspielen will, entzieht seinem Dorf damit Ideen und Energie. Tritt die Amtsinhaberin ab, werden diese wieder freigesetzt. Meine Mitspieler haben nach zwei Jahrzehnten die Chance, dass sie tatkräftige Unterstützung bekommen“, begründet Hasenbring ihre Entscheidung.

„In großer wie in kleiner Politik ist mit Fundis oder Realos in der Demokratie auszukommen. Das Problem sind die Radikalos und die Mir-Egalos.“

Urbachs Bürgermeisterin Brigitte Hasenbring über die politische Zusammenarbeit

Als erstes Fazit geht sie auf die kommunalpolitische Arbeit ein: „In großer wie in kleiner Politik ist mit Fundis oder Realos in der Demokratie auszukommen. Das Problem sind die Radikalos und die Mir-Egalos.“ Für die Zukunft von Urbach wünscht sie der Gemeindespitze offene Ohren und gute Ideen, um dafür zu sorgen, dass Urbach lebenswert bleibt. Sie selbst freut sich nun auf ihre freie Zeit: „Vor allem die Abendtermine für Sitzungen fallen weg, und ich kann zukünftig jeden Tag neu überlegen, womit ich diese Zeit fülle.“

Auf verschiedene Erfolge kann Hasenbring in ihrer Zeit zurückblicken, zum Beispiel, dass mit ganz wenigen Schulden die Legislaturperiode 2004 begonnen wurde und sie ihre letzte nun ohne Schulden beendet. Eine Errungenschaft lag ihr aber abseits dessen besonders am Herzen: die Gründung des Fördervereins für „unser Freibad“. „Dass wir die Freibadfreunde jetzt haben, macht mich nicht stolz, sondern dankbar, weil es wichtig ist, Menschen mit Herzblut für das Bad zu haben.“

Doch inwieweit hat Hasenbring es möglicherweise als schwierig empfunden, sich als Frau in der Kommunalpolitik zu behaupten? War das überhaupt ein Thema? Hierauf hat sie eine klare Antwort: „Ehrlich gesagt, verwundert mich diese Frage seit 20 Jahren. Für mich persönlich hat das keine Rolle gespielt.“ Dass die Frage immer noch gestellt werde, zeige ihr allerdings auch, dass das nicht für jeden so sei.

Eine besondere Erinnerung

Neben den vielen kommunalpolitischen Themen, mit denen sie sich ständig beschäftigt hat, ist ihr eine Sache in ihrer Amtszeit ganz besonders in Erinnerung geblieben. „Eingebrannt hat sich mir die Erinnerung an Dieter Michel, der mit seiner jüdischen Familie als Kind Urbach verlassen musste, in Argentinien lebte und parallel zur Urbacher Gedenkfeier für die Opfer der Nazis in Argentinien die Glocken der Urbacher Kirche von Band läuten ließ.“ Bewegend. Wie wichtig ihr grundsätzlich ein gutes und friedvolles Miteinander sind, zeigt sie in ihrem Schlusssatz, der sich dem Blick der Kommunalpolitik entzieht und einen größeren Bogen zeichnet: „So wichtig gute Kommunalpolitik ist, ist mir bewusst, wie wichtig die nationale und internationale Politik dafür ist, dass wir in Frieden leben können. Diese Lebenschance haben momentan Millionen von Menschen nicht und können genauso wenig dafür, wie wir für unseren Frieden.“

Auch Anette Wagner tritt nicht mehr für die nächste Amtsperiode in Dürrholz an. „Nach vier Wahlperioden ist es gut, wenn es wieder einen Wechsel gibt. Ich durfte 20 Jahre Ortsbürgermeisterin meiner Heimatgemeinde Dürrholz sein. Gemeinsam mit den jeweiligen Räten konnten wir unsere Gemeinde in vielen Bereichen weiterentwickeln. Auch über die Gemeindegrenzen von Dürrholz hinaus sind wir bekannt für eine stets faire, sachliche und konstruktive Ratsarbeit, für die ich mich auch persönlich an dieser Stelle bei allen aktuellen und gewesenen Ratsmitgliedern bedanken möchte.“

Anette Wagner
Anette Wagner hat in Dürrholz viele Vorhaben vorangetrieben, umgesetzt oder auf Aktionen hingewiesen. Rechts ist sie mit der Arbeitsgemeinschaft Naturschutz anlässlich des mit der Kreisverwaltung und dem Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz ausgerichteten Erlebnistages zum „Tag des Wassers“ 2014 zu sehen.
Anette Wagner

Gemeinsam mit dem Rat nahm sie vor allem auch das Thema Kita und Familien in ihrer Amtszeit in den Blick. Als Beispiel führt sie den in Daufenbach entstandenen Generationenplatz an oder das Soccerfeld in Muscheid. Außerdem stand die Kita im Fokus. „Die Entscheidung zum Umbau und der Erweiterung der Kita vor circa fünf Jahren hat für uns erstmals seit Langem eine größere Kreditaufnahme nötig werden lassen, die wir zwischenzeitlich aber wieder weitestgehend tilgen konnten.“

Darüber hinaus sei sicherlich der Naturerlebnispfad herausragend, der viele Besucher auch aus dem weiteren Umland anziehe. „Da möchte ich auch dem Naturpark danken, mit dem wir über viele Jahrzehnte hervorragend zusammenarbeiten und natürlich unserer Arbeitsgruppe, die hier mit Herzblut ehrenamtlich unterwegs ist“, sagt sie.

„Es lohnt sich, sich für die Gemeinschaft einzubringen, sei es in Räten, in Vereinen oder bei uns in den Arbeitsgruppen. Es ist manchmal anstrengend, aber es macht Freude, wenn am Ende gute, gemeinsame Ergebnisse herauskommen.“

Anette Wagner, Ortsbürgermeisterin von Dürrholz

Die gemeinschaftliche Arbeit war in Dürrholz ein großer Schlüssel für den Erfolg: „Es lohnt sich, sich für die Gemeinschaft einzubringen, sei es in Räten, in Vereinen oder bei uns in den Arbeitsgruppen. Es ist manchmal anstrengend, aber es macht Freude, wenn am Ende gute, gemeinsame Ergebnisse herauskommen.“

Für Dürrholz wünscht sie sich weiter engagierte Menschen, die den Ort nach vorn bringen. Sie selbst wird in Sachen Engagement nach Ende ihrer Amtsperiode etwas kürzertreten, aber damit nicht komplett aufhören. Sie hat schon gewisse Pläne für ihre Zeit danach. Sie freut sich etwa sehr darauf, mehr Zeit mit ihrem Mann und für die Familie generell zu haben. Ansonsten: „Mein Garten freut sich, auch wenn er wieder etwas mehr Aufmerksamkeit bekommt. Dann habe ich genügend Hobbys, denen ich hoffentlich etwas regelmäßiger nachgehen kann. Ich werde mich sicherlich auch an der ein oder anderen Stelle in der Gemeinde einbringen, Möglichkeiten gibt es genug.“

Übergeordneter Blick auf die Demokratie

Ähnlich wie auch schon Hasenbring richtet Wagner in ihren Schlusssätzen den Blick weg von der Kommunalpolitik. „ Wir haben alle das Glück in einem freien, demokratischen Land zu leben. Dabei sehen wir um uns herum vieles, was Sorgen macht. Manche Menschen sind mutlos, unzufrieden oder resigniert. Trotzdem – nutzen wir unser demokratisches Recht der Wahl! Viele Menschen auf dieser Welt haben diese Möglichkeit nicht.“ Und sie ergänzt: „Damit stärken wir unsere freiheitliche Grundordnung, die Vielfalt und Respekt gegenüber anderen einfordert und garantiert, unser Recht auf Meinungsfreiheit und unsere Demokratie. Demokratie fängt bei jedem Einzelnen von uns an. Demokratie ist anstrengend, jeden Tag neu, aber sie ist für unser Land alternativlos.“

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