Nach Monaten der Anspannung geht für Sarah Hofmann eine Zeit des Bangens zu Ende: Die 28-Jährige kann nach dem Tod ihres Vaters im November das elterliche Taxiunternehmen in Neuwied weiterführen; alle 80 Mitarbeiter behalten ihren Job. Auf dem Weg dorthin hatte sie einige große Hürden zu überwinden.
Noch Ende Februar schien die Situation ausweglos, Sarah Hofmann war verzweifelt. Um Geschäftsführerin des bekannten Taxiunternehmens in Neuwied zu werden, das bisher ihr Vater geleitet hatte, musste sie eine Fachkundeprüfung Taxen- und Mietwagenverkehr bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) bestehen. Doch der erste Versuch ging schief, Hofmann fiel durch. Viel Zeit zur Vorbereitung hatte die 28-Jährige nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters nicht. Von jetzt auf gleich übernahm sie voll verantwortlich den Betrieb mit allen 80 Mitarbeitern und seinen vielen Fahrten für Stadt und Kreis sowie Apotheken und Busunternehmen.
Ein Jahr voller Schicksalsschläge
Da hatte das Unternehmen schon ein bewegtes Jahr hinter sich: Erst ein Herzinfarkt, dann ein Schlaganfall riss Sarah Hofmanns Mutter und Chefin von APH Taxi-Kurier Anfang 2024 von einem Tag auf den anderen aus dem laufenden Betrieb. Dann der nächste Schlag, als das Unternehmen im Sommer 2024 innerhalb von knapp einer Stunde die Geschäftsräume im Neuwieder Bahnhof räumen musste. Und schließlich der plötzliche Tod des Vaters, der seit Mitte der 1980er-Jahre das Gesicht des gewachsenen Unternehmens war.
Sarah Hofmann lief die Zeit davon. Eine Ausnahmegenehmigung der Stadt war begrenzt, im Unternehmen hatte niemand die so dringend notwendige Fachkundeprüfung , niemand konnte als Interims-Geschäftsführer einspringen. Der nächste Prüfungstermin bei der IHK Koblenz lag in zu weiter Ferne, die Schließung drohte. Doch nach unserer Berichterstattung schaltete sich Martin Hahn, CDU-Fraktionschef im Stadtrat, ein, die Stadtverwaltung sah sich den Fall noch einmal an und verlängerte die Genehmigung bis zum 14. Mai.
„Ich war so verzweifelt.“
Jungunternehmerin Sarah Hofmann
Die Studentin der Wirtschaftspsychologie nutzte die Schonfrist, befasste sich Tag und Nacht mit dem vielseitigen Stoff, neben und im laufenden Betrieb. Anfang April habe sie sich dann nach Freischaltung um 9 Uhr für die Prüfung bei der IHK anmelden wollen, doch sie sei nicht ins System der IHK gekommen, erinnert sich Sarah Hofmann. Die Prüftermine seien innerhalb von 15 Minuten vergeben, die Warteliste voll gewesen. Die nächste Prüfung wäre erst im September möglich gewesen. „Das war’s dann halt“, habe sie erst gedacht, erinnert sich die 28-Jährige: „Ich war so verzweifelt.“
Doch sie gab nicht auf. In Absprache mit der IHK Koblenz telefonierte sie alle Bildungsstätten in Deutschland durch, auf der Suche nach einem zeitlich näheren Prüfungstermin. Bei der IHK Trier konnte sich Hofmann schließlich für den 20. Mai anmelden. Das bedeutete aber sechs Tage ohne Genehmigung. Mit erneuter Unterstützung von Martin Hahn und der Stadt Neuwied wurde auch dieses Problem gelöst, die Erlaubnis für diesen Zeitraum verlängert.
„Wenn man im Hinterkopf hat, da warten 80 Leute, die wissen wollen, ob sie noch eine Arbeit haben – das war absolut verrückt.“
Sarah Hofmann, Geschäftsführerin von APH Taxi
Nachdem sie monatelang gelernt und gebetet hatte, wie sie sagt, trat Sarah Hofmann schließlich zur Prüfung an. Dabei habe sie unter riesigem Druck gestanden, denn am Ergebnis habe nicht nur die eigene Existenz gehangen, sagt Sarah Hofmann: „Wenn man im Hinterkopf hat, da warten 80 Leute, die wissen wollen, ob sie noch eine Arbeit haben – das war absolut verrückt.“
Doch es habe nur die eine Möglichkeit gegeben: das zu rocken, stellt Hofmann trocken fest. „Als sie mir gesagt haben, dass ich bestanden habe, habe ich erst mal geheult“, gibt die Jungunternehmerin zu. In der Nacht darauf habe sie zum ersten Mal seit Wochen geschlafen. Nun warte sie auf das Zertifikat von der IHK, bevor sie die Genehmigung umschreiben und sich als Geschäftsführerin eintragen lasse. Das soll gerahmt werden und einen besonderen Platz bekommen, in der Büroküche, wo das Zertifikat ihres Vaters von 1991 hängt. „Meins werde ich direkt daneben hängen“, erzählt Sarah Hofmann stolz.
Für Unterstützung von Martin Hahn und Stadtverwaltung sehr dankbar
Sie sei Martin Hahn und der Stadt für die große Unterstützung sehr dankbar, sagt sie. „Ich finde es ganz toll, dass das so geklappt hat und die Stadt so mitgespielt hat“, freut sich auch CDU-Politiker Hahn. Damit hätte die Verwaltung das Unternehmen gerettet, das es schon lange in der Deichstadt gebe, und auch dafür gesorgt, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben. „Das ist die Aufgabe, die Kommunalpolitik hat: den Menschen zu helfen, Dinge zu regeln. Und es macht auch Spaß, wenn man sieht, dass so was erfolgreich ist“, macht Martin Hahn deutlich.
Für Sarah Hofmann geht eine Zeit der Anspannung zu Ende. Der Druck habe sich gelöst, sie weine nun erstmals seit Monaten Freudentränen, berichtet die 28-Jährige. Daneben kommt nach dem Tod des Vaters aber auch anderes zum Vorschein: „Ich habe das Gefühl, dass ich zum ersten Mal die Gelegenheit habe zu trauern“, sagt sie.

Tod des Vaters: Muss Neuwiederin Taxibetrieb schließen?
Drei Monate sind manchmal nicht so lang, wie sie klingen: Sarah Hofmann hält nach dem Tod ihres Vaters im Dezember 2024 den gut gehenden Taxibetrieb in Neuwied am Laufen. Nun droht dessen Ende – wegen einer fehlenden Fachkundeprüfung.