Von andauernder Inflation und hohen Energiekosten hört man allerorts – im Neuwieder Tierheim im Stadtteil Segendorf kommen außerdem die Kosten für das Personal und für die Instandhaltung des Ludwigshofs hinzu. Darüber hinaus wurde im vergangenen November die Gebührenordnung der Tierärzte angepasst: Seitdem muss für einige Untersuchungen mehr als das Doppelte bezahlt werden. Aber die hohe finanzielle Belastung ist im Tierheim Ludwigshof nur eines der Hauptprobleme, denn auch die Zahl der zu versorgenden Tiere steigt stetig an. Immer mehr Haustierbesitzer müssen ihre Schützlinge abgeben, die Vermittlungszahlen stagnieren.
155 Tiere sind im Neuwieder Heim untergebracht
„Unser Job wird ohne Frage immer herausfordernder“, meint Tierheimleiterin Sabrina Steger und ergänzt: „Die Kosten explodieren, und der Platz wird bei uns knapp.“ 155 Tiere sind in Segendorf aktuell untergebracht, davon sind etwa die Hälfte Hunde und Katzen. Seit dem vergangenen Herbst ist die Nachfrage nach Tierheimtieren sehr gering. „Wahrscheinlich ist nach Corona der Bedarf erst einmal gedeckt“, mutmaßt Steger, denn während der Pandemie haben sich viele Menschen Haustiere angeschafft. Jetzt sind es ungewöhnlich wenige: „Normalerweise ist unser Katzenhaus zu Beginn des neuen Jahres fast leer, diesmal ist es leider voll geblieben.“ Und die hohe Anzahl der Tiere, die versorgt werden müssen, wirkt sich natürlich negativ auf die Kostensituation aus.
Mich erreichen täglich Anfragen von verzweifelten Haustierhaltern, die die hohen Tierarztkosten nicht mehr tragen können.
Neuwieds Tierheimleiterin Sabrina Steger
Steger, die auch Erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Neuwied ist, beobachtet zudem, dass immer mehr Tierbesitzer selbst in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Davon zeugt allein die steigende Zahl der Fundtiere, die im Tierheim ankommen. Außerdem steht das Telefon im Büro der Tierheimleiterin seit einiger Zeit nicht mehr still. „Mich erreichen täglich Anfragen von verzweifelten Haustierhaltern, die die hohen Tierarztkosten nicht mehr tragen können“, muss Steger berichten und führt weiter aus: „Viele sehen keinen anderen Ausweg als ihr Tier abzugeben. Für uns ist das dann jedes Mal eine Einzelfallentscheidung.“ Zum Teil verweist sie die Anrufer an andere Stellen weiter, alle Tiere aufnehmen kann sie leider nicht.
Die Gebühren für die Vermittlung von Tieren angehoben, um die eigenen Kosten besser decken zu können, hat sie noch nicht – denn das würde die Nachfrage nach Tierheimtieren noch weiter senken. Stattdessen wurden im Ludwigshof die Tagessätze für die Tierpension erhöht, in der Haustierhalter ihre Schützlinge, zum Beispiel während eines Urlaubs, unterbringen können.
2023 ist für uns ein besonders herausforderndes Jahr, ich sehe da keine baldige Entlastung.
Neuwieds Tierheimleiterin Sabrina Steger
Für die Versorgung der Fundtiere kommt außerdem in den ersten 30 Tagen das zuständige Ordnungsamt auf – hier ist Steger positiv gestimmt: „Ende dieses Jahres werden wir die Verträge mit den Ordnungsämtern neu aushandeln, und sie dabei hoffentlich an unsere steigenden Kosten anpassen.“ So könnten zukünftig zumindest in bestimmten Bereichen die finanziellen Belastungen ausgeglichen werden. Aber bis dahin vergeht noch viel Zeit: „2023 ist für uns ein besonders herausforderndes Jahr, ich sehe da keine baldige Entlastung“, macht die Tierheimleiterin deutlich.
Spendenbereitschaft ist da
Etwa ein Drittel der Kosten werden im Segendorfer Ludwigshof zudem durch Spenden, Patenschaften und Mitgliedsbeiträge gedeckt. „An Weihnachten und Silvester haben uns etwas weniger Spenden erreicht als in den vergangenen Jahren, aber insgesamt ist die Spendenbereitschaft zum Glück stabil“, kann Sabrina Steger berichten. Sie betont jedoch auch: „Aber die Kosten steigen eben. Da helfen uns die gleichbleibenden Spenden nur dabei, das Minus möglichst gering zu halten.“
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