Hohe Energie- und Lebensmittelpreise belasten - Auch Restaurantbetreiber im Kreis Neuwied mussten ihren Betrieb umstellen
Kostenexplosion oder vertretbare Preise: Wie Gastronomen in Neuwied mit der Inflation umgehen
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Florian Kurz, Küchenchef der „Brasserie Nodhausen“ in Neuwied, kann inflationsbedingt keinen Rückgang der Gästezahlen verzeichnen. Foto: Jörg Niebergall
Jörg Niebergall

Die Kosten für Energie und Lebensmittel sind in den vergangenen Monaten explodiert. Auch der Besuch im Restaurant ist teurer geworden, denn die Gastronomen mussten ihre Preise anpassen. Wie wirkt sich die Inflation auf den Restaurantbetrieb aus? Die RZ hat bei Gastronomen im Kreis nachgefragt.

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Florian Kurz, Küchenchef der „Brasserie Nodhausen“ in Neuwied, kann inflationsbedingt keinen Rückgang der Gästezahlen verzeichnen. Foto: Jörg Niebergall
Jörg Niebergall

Küchenchef Florian Kurz, der sich vor drei Jahren von der Sterneküche im Parkrestaurant Nodhausen in Neuwied verabschiedet hat und sich seitdem auf die „Brasserie Nodhausen“ konzentriert, verzeichnet nach eigenen Angaben keinen merklich inflationsbedingten Gästerückgang. „Wir müssen viel mehr kompensieren, dass es hieß, dass wir weg sind“, erklärt Kurz. Allerdings sei die Preisgestaltung in Inflationszeiten „ein riesengroßes Thema“.

Kurz vergleiche auch mal gern die Speisekarten von Kollegen außerhalb von Neuwied, die auf einem ähnlichen Niveau kochen wie die „Brasserie Nodhausen“. Beim Blick auf die gesalzenen Preise habe Kurz selbst „immer ein bisschen Schiss“, dass seine Kunden sagen würden, dass sie dann nicht mehr alle zwei Monate, sondern nur noch alle vier Monate kommen. „Wir müssen aufpassen: Am Ende muss sich der Kunde den Restaurantbesuch noch leisten können“, mahnt Kurz. Im Austausch mit einem Kollegen an der Mosel hatte dieser bereits angemerkt, dass die Gäste bei Getränkebestellungen etwas zurückhaltender sind.

Hohe Lebensmittelpreise führen zu mehr Wertschätzung der Produkte

Für Gastronomen ist jedoch der Einkauf von Lebensmitteln in Inflationszeiten auch kein Vergnügen. Extrem gemerkt habe es Kurz im Bereich Gemüse, also etwa bei Kopfsalat, Paprika und Zucchini – aber auch beim Fleisch. „Beim Rinderfilet lagen wir bisher bei etwa 35 Euro das Kilogramm, inzwischen sind es 65 Euro. Das kann ich ja gar nicht mehr auf den Gast umschlagen. Von Rindfleisch sehen wir daher momentan ab“, erklärt der Neuwieder Küchenchef.

Auf der anderen Seite sei es auch gut, dass der Preis nach oben gehe und dadurch jeder Lebensmittel wieder ein bisschen mehr zu schätzen wisse. Auch privat würde Kurz merken, dass für einen Einkauf in Höhe von 100 Euro der Einkaufswagen nicht mehr voll ist. „Das ist für viele Leute schwierig.“ In der Gastronomie und in den Privathaushalten müsse sich einiges verändern: Das kochen zu wollen, worauf man gerade Lust habe, obwohl der Kühlschrank noch gut gefüllt sei, gehöre wohl der Vergangenheit an. Kurz glaubt zwar, dass die Preise auch wieder sinken werden, allerdings nicht mehr auf das Niveau, auf dem sie mal waren. Das Kuriose sei, dass der Preis für Luxusprodukte wie Kaviar oder Stopfleber verhältnismäßig stabil geblieben sei.

Ein weiteres großes Thema sei der Mehrwertsteuersatz, der zum Jahreswechsel von 7 auf Prozent 19 Prozent in der Gastronomie wieder angehoben werden soll. Kurz‘ Vorschlag: „Alles Alkoholische im Getränkebereich ist ein Luxusprodukt und bekommt daher 19 Prozent Mehrwertsteuer. Alle anderen Getränke würde ich auf 7 Prozent Mehrwertsteuer setzen, weil das Grundnahrungsmittel sind. Genauso würde ich es bei den Speisen machen: Luxusprodukte auf 19 Prozent und einfache Gerichte mit 7 Prozent versteuern.“

Menschen haben offensichtlich noch Geld für den Restaurantbesuch

In Hümmerich kann Marc Oliver Müller, Geschäftsführer des Landhotels Fernblick, trotz Inflation alles andere als einen Gästerückgang in seinem Restaurant verzeichnen. „Wir haben Zulauf ohne Ende. Wenn ich das Jahr 2019 mit heute vergleiche, haben wir 25 Prozent Zuwachs“, sagt Müller. Doch was ist sein Erfolgsrezept? „Wir haben während der Corona-Zeit Essen außer Haus verkauft und die Zeit genutzt, unser Hotel und Restaurant zu renovieren. Nun erstrahlt alles in neuem Glanz, was bei den Gästen gut ankommt“, so Müller. Wer einen guten Service anbiete und gutes Essen kocht, könne seine Gäste halten, ist sich der Fernblick-Geschäftsführer sicher.

Wegen der hohen Inflation, der erheblich gestiegenen Energiepreise aber auch der Mindestlohnerhöhung habe Müller jedoch seine Preise auf der Speise- und Getränkekarte im Schnitt um 10 Prozent anheben müssen. „Es ist alles teurer geworden. Es hängt jedoch davon ab, wie ich meinen Preisaufschlag gestalte. Die Gäste sind nicht dumm. Wenn ich 35 Prozent aufschlage und dann für das Jägerschnitzel auf einmal 23,50 Euro verlange, überlegen sich die Gäste wohl, ob sie wiederkommen“, so Müller. Der Fernblick-Geschäftsführer ist mit der Entwicklung seiner Gästezahlen „sehr zufrieden“. „Komischerweise haben die Leute noch genug Geld“, sagt Müller.

Auch im Alten Stadtweingut von Franz Breitenbach in Bad Hönningen hat die Zahl der Gäste nach eigenen Angaben zugenommen. Doch das Gästeplus bei Breitenbachs komme insbesondere dadurch zustande, dass das gastronomische Angebot in Bad Hönningen insgesamt rückläufig sei. „Bei uns sind es mehr Gäste geworden, weil andere zugemacht haben“, sagt Breitenbach.

Gastronomisches Angebot lichtet sich seit der Corona-Pandemie

Der Hönninger Gastronom betont jedoch: „Ich freue mich über jeden, der überlebt, weil der Wettbewerb belebt das Geschäft.“ Das Alte Stadtweingut lebe überwiegend von Stammkundschaft, die nun öfters vorbeikomme, weil die Zahl der gastronomischen Mitbewerber in der Stadt gesunken sei. Auch Breitenbachs mussten wegen der Inflation die Preise auf der Speisekarte nach oben korrigieren. „Der Preis für Speiseöl ist im Einkauf von 95 Cent auf 2,16 Euro pro Liter gestiegen. Das Fleisch ist um 20 bis 30 Prozent teurer geworden“, erklärt Breitenbach sein Handeln. Teilweise seien ganze Gerichte von der Speisekarte geflogen, weil diese nach Ansicht des Hönninger Gastronomen nicht zu einem vertretbaren Preis weiterhin angeboten werden konnten.

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