Auch wenn die Uhren bei Heizung und Strom in der Bundespolitik gerade zurückgedreht werden, behält Neuwied den Kurs für eine klimaneutrale kommunale Wärmeplanung bei. Dafür wird derzeit ein kommunaler Wärmeplan entwickelt. Erste Ergebnisse daraus wurden nun bei einer überraschend gut besuchten Bürgerinformationsveranstaltung der Stadt im Heimathaus präsentiert.
Bis 2028 müsse die Stadt ihren Wärmeplan schreiben, doch sie wolle früher dabei sein, erklärte Oberbürgermeister Jan Einig (CDU) , als er die gut 100 Interessierten begrüßte. Deshalb hat die Verwaltung bereits 2023 mit den ersten Schritten dazu begonnen. Ziel sei eine verlässliche und moderne Wärmeversorgung, betonte der Stadtchef. Denn die basiere im Moment in der Stadt zu knapp 90 Prozent auf Erdgas, so Einig.
„Die Wärmewende findet in Bestandsgebäuden statt.“
Projektleiter Hendrik Adrian von Conenergy Consult
Die Verpflichtung, klimaneutral zu werden, sei in Deutschland für 2045 angesetzt. Dafür soll die Deichstadt in spätestens 20 Jahren regional passend mit Wärme versorgt werden. Die für den Plan notwendige Bestands- und Potenzialanalyse liege nun vor, berichtete Hendrik Adrian von Conenergy Consult, der das Projekt Kommunale Wärmeplanung seit Juli 2023 in Neuwied leitet. Als nächster Schritt werde ein Zielszenario erarbeitet, das bereits diskutiert werde. Darauf folgen die Maßnahmen zur Umsetzung und schließlich der finale Wärmeplan. Spätestens dann solle es noch einmal eine Bürgerinformationsveranstaltung geben.

Die Neuwieder waren bereits per Befragung bei der Bestandsanalyse einbezogen worden. Neben 89,2 Prozent bei Erdgas nutzten die Deichstädter zu 4,2 Prozent Kohle, zu 2,7 Prozent Heizöl und zu 3,1 Prozent Wärmenetze, um ihre Gebäude warm zu bekommen, gab Adrian einen Einblick in die Ergebnisse. 19.590 Gebäude gebe es, 74 Prozent davon seien Einfamilienhäuser, 76 Prozent aller Gebäude seien vor 1979 entstanden. „Die Wärmewende findet in Bestandsgebäuden statt“, betonte er; Neubauten fielen dabei kaum ins Gewicht.
Flussthermie als theoretisch größtes Potenzial
Potenzial für alternative Wärmequellen gebe es in Neuwied einige. Neben Solarthermie und Photovoltaik sei es vor allem die Flussthermie, die mit 56.673 Gigawattstunden pro Jahr das größte Potenzial habe. Doch: „Das ist ein theoretisches Potenzial“, stellte Adrian fest. Wenn bereits Köln die Flusswärme nutze, sei der Rhein bis Neuwied doch nicht wieder ausreichend erwärmt, fragte ein Teilnehmer nach. Es werde nur ein kleiner Teil des Flusswassers genutzt, sodass der Fluss nicht komplett abkühle, antwortete Adrian darauf.

Unter anderem Pelletkraftwerke sähen die Stadtwerke Neuwied als Wärmequelle, wie deren Mitarbeiter Henning Wirges erklärte. Er zeigte die Möglichkeiten von Nah- und Fernwärme auf. Ob die Netze bei steigender Nutzung, etwa von E-Autos, erweitert werden, wollte eine Neuwiederin wissen. Das Netz werde nach Bedarf erweitert, erhielt sie zur Antwort. „Wir haben noch Potenziale offen, um die Wärmewende umzusetzen“, versicherte Wirges.
Welche konkreten Möglichkeiten es für Eigenheimbesitzer gibt, von fossilen Heizquellen auf regenerative umzusatteln, zeigte Christian Zarmstorf als Energieberater und Experte der Verbraucherzentrale auf. Er verwies zudem auf die individuelle Beratung der Verbraucherzentrale jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat in der Kreisverwaltung.

Wärmeplanung beginnt: Wie heizt Neuwied in Zukunft?
In die Planung über die Heiztechnologie der Zukunft sind viele Akteure eingebunden. Und: Die Ergebnisse sind nicht in Stein gemeißelt.
Dass die Neuwieder beim Wärmeplan ein Wörtchen mitzureden hätten, betonte Beigeordneter Ralf Seemann (Bündnis 90/Die Grünen). Fragen zu den Vorträgen, die nicht hatten gestellt werden können, konnten Besucher auf Karten schreiben. „Sie kriegen von uns eine Antwort“, versprach Seemann – eine Möglichkeit der Beteiligung, der einige nachkamen.
Die begleitende kleine Messe, die – wie die gesamte Veranstaltung – in die organisatorische Verantwortung von Klimaschutzmanagerin Julia Frimmersdorf und Stadtentwicklerin Alessa Strubel fiel, stieß bei den Besuchern auf viel Resonanz. Hier boten sich neben der Energieagentur Rheinland-Pfalz unter anderem die Kreishandwerkerschaft Rhein-Westerwald, Handwerkerinnungen und Fachbetriebe zum Gespräch an. Das wurde rege genutzt.