Inzwischen sind die technischen Möglichkeiten deutlich ausgereifter. Es heißt nicht mehr unbedingt Photovoltaik oder Landwirtschaft, sondern es ist beides möglich. Ein großes Agri-Solarprojekt ist im Puderbacher Ortsteil Niederdreis geplant. Wenn es realisiert wird, können laut Angabe des Projektunternehmens Arteus Energy aus Karlsruhe pro Jahr durchschnittlich 7469 Megawattstunden Strom produziert werden, dies entspreche dem Strombedarf von fast 2200, also rund 29 Prozent, der Haushalte in der VG Puderbach. Laut Angabe von Arteus Energy könnten rund 4481 Tonnen pro Jahr an CO2 eingespart werden. Dies entspreche der CO2-Kompensation, die durch das Anpflanzen eines Mischwaldes auf einer Fläche von rund 44,8 Hektar generiert werde.
In der jüngsten Puderbacher Gemeinderatssitzung stellten Projektentwickler Anton Bauer und David Jung von Arteus Energy das Vorhaben vor und nannten die wichtigsten Kernpunkte. Dazu gab es auch kritische Nachfragen. Der Rat muss sich intern noch abstimmen.
Das Konzept der doppelten Flächennutzung
Zu Beginn beschrieb Jung dem Rat das Konzept der doppelten Flächennutzung bei Agri-PVs, um in das Thema einzuführen. Es sei zu beachten, dass eine landwirtschaftliche Hauptnutzung nach wie vor erhalten bleibe, sodass die Ortsgemeinde keinen Flächennutzungsplan verändern müsse. Bei einer doppelten Flächennutzung können sowohl Solarstrom erzeugt als auch die Felder bewirtschaftet werden. „Man muss leichte Abstriche bei beidem machen“, sagte Jung. Doch der zum Vorhaben erstellten Präsentation ist zu entnehmen, dass die Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen eine Steigerung der Effizienz und Wertschöpfung auf Acker- und Grünland ermöglicht. Anhand eines Fallbeispiels erläuterte Jung, dass im Vergleich zu einer getrennten Nutzung, bei der auf einer Fläche 100 Prozent Getreide und auf einer weiteren gleich großen zwei Hektar großen Solaranlage 100 Prozent Solarstrom erzeugt werde, der Ertrag bei einer doppelten Nutzung insgesamt jeweils bei 160 Prozent Getreideertrag und 160 Prozent Solarstromertrag liege: „Unter dem Strich erhält man mehr“, betonte Jung.
In Niederdreis beträgt die Projektfläche alles in allem rund 12 Hektar, der reine Agri-PV-Geltungsbereich etwas mehr als 7,8 Hektar. Der Landwirt, der sich aktiv an das Start-up aus Karlsruhe gewandt hat, strebt weiterhin eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung an, möchte Grünfutter, Heu und Silage anbauen sowie eine Weidefläche für Rinder vorhalten. Auch soll es Blüh- und Biodiversitätsstreifen geben.
„Es kann ein Leuchtturmprojekt sein.“
David Jung von Arteus Energy
Technisch sollen die Solaranlagen laut Bauer in einer Höhe von 2,5 bis 2,8 Metern aufgeständert werden, sie werden mit einer Drehachse ausgestattet sein. Dadurch können sie sich immer optimal zur Sonne ausrichten und den Solarertrag maximieren. Die Anlage soll in Reihenabständen von zwölf Metern errichtet werden. „Es kann ein Leuchtturmprojekt sein“, unterstrich Jung. Die Ergänzung eines Batteriespeichers sei optional möglich. Die Solarenergie würde in das Netz der Syna eingespeist werden. „Der Netzanschluss ist als Hürde schon genommen“, so Jung.
Verschiedene Vorteile für die Ortsgemeinde

Schließlich wurden noch einige Vorteile für die Ortsgemeinde dargestellt: zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen, Verbesserung des Mikroklimas, Stärkung des Wirtschaftsstandortes durch lokale Verfügbarkeit von Solarenergie oder auch eine mögliche finanzielle Beteiligung der Gemeinde am Solarertrag. Jung stellte die finanziellen Einnahmen dar, sofern sich Puderbach für das Projekt generell und auch eine Beteiligung entscheiden würde. Die Ortsgemeinde Puderbach besitzt die rechtliche Gestaltungshoheit über die Nutzung der Flächen. Bei den simulierten Einnahmen für die Ortsgemeinde sei anzunehmen, dass die Solaranlage 30 Jahre in Betrieb sei und 6,9 Cent pro Kilowattstunde an Einnahmen erzielt würden durch den produzierten Strom.
Die Gemeinde könne somit pro Jahr nach aktuellen Prognosen mit durchschnittlichen Gesamteinnahmen von rund 26.670 Euro rechnen. Diese würden sich bei einer aktiven Beteiligung neben den Gewerbesteuereinnahmen (rund 12.400 Euro) eben auch aus der finanziellen Beteiligung durch den Solarertrag zusammensetzen (rund 14.280 Euro). Diese Einnahmen sind aber abhängig vom Klimawandel, der Strompreisentwicklung, politischen Rahmenbedingungen, Finanzierungskosten und Abschreibung sowie Verlustvortrag.
Einige Nachfragen aus dem Rat
Aus dem Rat gab es nach dem Vortrag einige – auch zum Teil kritische – Nachfragen zum Vorhaben. Besonders hervorgetan hat sich Ratsmitglied Ralf Berger, der viele Details und Hintergründe zum Projekt in Erfahrung bringen wollte. Unter anderem fragte er nach dem Erfahrungswert des Unternehmens. Da es noch ein Start-up ist und erst vor vier Jahren gegründet wurde, hat es erst eine einstellige Anzahl von Agri-PV-Anlagen umgesetzt. Bauer: „Der Planungszeitraum ist recht lang.“ Zudem erkundigte sich Berger beispielsweise nach der Verantwortung für die Wartung und Reparaturkosten. Diese übernehme der Betreiber, wie Bauer erklärte. Mit dem Eigentümer selbst sei ein erster Vertrag abgeschlossen worden. Zudem erklärten Jung und Bauer eindrücklich, dass viele Beteiligungsformen mit der Gemeinde vorstellbar seien.
„Wir stellen es intern zur Diskussion.“
Puderbachs Ortsbürgermeister Oliver Klein möchte erst in Ruhe mit dem Rat das Agri-PV-Vorhaben besprechen.
Am Ende sagte Puderbachs Ortsbürgermeister Oliver Klein: „Wir stellen es intern zur Diskussion.“ Zum einen entscheidet die Gemeinde, ob sie das Projekt möchte oder nicht, und zum anderen, ob sie sich beteiligen will. Wenn sich die Gemeinde für das Projekt entscheidet, rechnet Bauer mit einem Baubeginn in frühestens 18 Monaten, aber wahrscheinlich eher in zwei Jahren.
Wann die Betriebserlaubnis erlischt
In der Ratssitzung erläuterte David Jung (Arteus Energy), welche Anforderungen eine Agri-PV-Anlage rechtlich erfüllen muss, und ging auf die einzuhaltenden Vorgaben der DIN-Spec 91434 ein, damit die Zertifizierung als Agri-PV-Anlage möglich ist. Eine Anforderung ist laut Arteus-Präsentation, dass maximal 15 Prozent der Fläche landwirtschaftlicher Nutzung entzogen werden dürfen. Zudem müsse auf der Fläche weiterhin 66 Prozent des landwirtschaftlichen Referenzertrages erwirtschaftet werden. Lichtverfügbarkeit und -homogenität sowie Wasserverfügbarkeit seien an die Bewirtschaftung anzupassen. Darüber hinaus seien Bodenerosion und -schäden zum Beispiel durch Montage oder Wassermanagement zu vermeiden. „Wenn das Projekt drei Jahre lang die Referenzerträge nicht erreicht, dann erlischt die Betriebserlaubnis dieser Anlagen“, sagte Jung in der Puderbacher Ratssitzung.