Die grasbewachsene Fläche liegt im hellen Sonnenschein. Jonas Feinkohl, Tierpfleger im Zoo Neuwied und für das 2023 neu eröffnete Kranichufer zuständig, hat Teile der Wiese extra morgens noch gemäht. „Damit die Besucher auch eine Chance haben, die beiden zu sehen“, wie er sagt.
Gemeint sind die zwei Antilopenkälber, die Ende Mai hier geboren wurden und sich wie ihre Eltern gern im hohen Gras verstecken. Das können sie leicht, denn es handelt sich um Kirk-Dikdiks: Diese afrikanischen Zwergantilopen erreichen ausgewachsen eine maximale Schulterhöhe von rund 40 Zentimetern.
Zwergantilopen in noch kleiner
„Die Jungtiere waren anfangs echt winzig“, wird der Revierleiter in einer Pressemeldung des Zoos zitiert. „Bei der Erstversorgung wogen sie ungefähr 600 Gramm. Zum Glück können sie gleich nach der Geburt laufen und fliehen, wenn Gefahr droht. Sonst müssten wir hier echt bei jedem Schritt aufpassen, dass wir nicht drauftreten.“
Es ist das erste Mal, dass die Zwergantilopen, die der Zoo Neuwied erst seit 2023 hält, erfolgreich Jungtiere großziehen. Neben den beiden Jungtieren hält der Zoo aktuell zwei Weibchen und einen Bock, der sich durch seine kurzen, geraden Hörner von den Weibchen unterscheidet.
„Die beiden Kälber sind beide weiblich“, verrät Zoodirektor Mirko Thiel. „Das ist in der Regel ein Grund zur Freude bei Antilopen, die in Gruppen mit einem Bock und mehreren Weibchen leben, weil man diese dann leichter an andere Einrichtungen vermitteln kann.“
Botschafter für die afrikanische Savanne
Bei den Kirk-Dikdiks sieht es hingegen etwas anders aus. Die Art, welche in der Natur nicht bedroht ist, wird als Botschafterart für den Lebensraum afrikanische Savanne in vielen Zoos gehalten. Sie züchten so erfolgreich nach, dass auch das Europäische Zuchtbuch nur einen Teil der Jungtiere vermitteln kann.
„Es kommen ja nicht ständig neue Halter hinzu“, erläutert Thiel. „Trotzdem lassen die meisten Zoos weiter zu, dass die Tiere sich fortpflanzen. Denn Paarung und Jungtieraufzucht sind für die Tiere ein wichtiger Teil ihres Lebens, den wir ihnen ermöglichen wollen.“
Futter für die Raubtiere
In der Natur tragen Beutegreifer maßgeblich dazu bei, eine Überpopulation von Huftieren zu vermeiden. „Auch da nehmen wir uns die Natur zum Vorbild und führen überzählige Individuen unseren Raubtieren als Futtertiere zu. (...) Niemand macht das gern, aber wir sind überzeugt, dass dies die tiergerechteste Lösung ist.“
In nächster Zeit werden die zarten Huftiere aber erst mal weiterhin zu fünft im rechten Anlagenteil des Kranichufers zu sehen sein – wenn man sie denn sieht. „Die Dikdiks sind echt scheu und ziehen sich meist zurück“, so Revierleiter Feinkohl. „Die besten Chancen, sie zu sehen, haben Besucher morgens und spätnachmittags. Oder, wenn ein Paradieskranich sie beim Durchstreifen der Anlage aufscheucht.“