Leon tunkt den Pinsel in den Farbeimer. Anschließend schwingt er den Pinsel konzentriert und verteilt die blaue Farbe Strich für Strich auf dem Papier. Die Farbe Blau wurde nicht grundlos ausgewählt, sondern repräsentiert in dem Fall Traurigkeit. Bei dem Bildungsprojekt lernen die Kinder der Dierdorfer Kita Holzbachfrösche aber lang nicht nur, Emotionen und Gefühle auf kreative Weise auszudrücken.
Das Projekt „Das Farbenmonster lernt sprechen und tanzen – Digitale Werkzeuge fördern die Lesefreude“, e in Projekt von „Gemeinsam Digital! Kreativ mit Medien“ des Deutschen Bibliotheksverbands (DBV) im Rahmen von „Kultur macht stark“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), dient auch dazu, einen Zugang zu Kunst und Kultur zu finden. Zudem soll es, wie der Titel schon verrät, den Umgang mit digitalen Medien fördern, um die Lesefreude zu steigern.
„Meiner Meinung nach ist es besonders wichtig, Chancengleichheit im Blick zu behalten und allen Kindern Zugang zu Kunst und Kultur zu gewähren“, sagt Jasmin Neitzert, Dierdorfs Kita-Netzwerkerin. Dies sei in dörflich geprägten Gebieten schwierig. „Hier gibt es nicht so viele Angebote.“ Neitzert und die Künstlerin Anette Brach entwickelten das dreimonatige Projekt in enger Zusammenarbeit mit der Jugendkunstschule in Altenkirchen und der Gemeindebücherei in Roßbach (Verbandsgemeinde Hachenburg). „Es geht darum, den Kindern zu zeigen, dass Lesen spannend sein kann“, sagt Axel Weigend, Leiter der Jugendkunstschule Altenkirchen.
Ganz bewusste Buchauswahl
Ein besonderer Höhepunkt war für die Kinder anfangs genau der Besuch der Gemeindebücherei, die Kinder wurden von Büchereileiterin Heidrun Simon empfangen. Hier entdeckten sie das Bilderbuch „Das Farbenmonster“ von Anna Llenas. Die Handlung dreht sich um ein kleines Monster, das lernt, seine Gefühle durch Farben auszudrücken. Das Buch haben die Projektinitiatoren sehr bewusst ausgesucht, um die Kinder früh an Emotionen und Gefühle heranzuführen. „In dem Zuge haben wir in den Kreativstunden die Gefühle besprochen, die zu der jeweiligen Farbe gehören“, gibt Brach Einblicke. Gelb steht etwa für Fröhlichkeit, Blau für Traurigkeit und Rot für Wut.

Abseits des Büchereibesuchs folgten Wochen mit Workshops. Ein wichtiger Teil des Projekts war es, die Wirkungskraft digitaler Medien zu erleben und wie schnell selbst etwas auf die Beine gestellt werden kann. Die einzelnen Kapitel des Buches besprachen die Kinder mit den Projektbeteiligten, lernten Passagen aus dem Buch und sprachen sie auf ein Aufnahmegerät. Außerdem bastelten die Kinder unter Hilfestellung Kostüme und tobten sich kreativ mit Kunstwerken aus. In der zweiten Hälfte des Projektes drehte Medienpädagoge Alexander Hötten mit den Kindern einen kleinen Film zur Buchgeschichte. Einzelne Szenen wurden zusammengeschnitten.
Die Kinder verlieren ihre Nervosität
In der Jugendkunstschule Altenkirchen wurde mit dem Tablet gedreht. Hötten fertigte Einzelaufnahmen der Kinder in ihren Kostümen an. Schritt für Schritt, Bild für Bild – am Ende wurde alles passend zusammengeführt. Mit der Zeit verloren die Kinder ihre Nervosität vor der Kamera. „Die Kinder lernen den produktiven Umgang mit Medien. Sie lernen, nicht nur bloß zu konsumieren, sondern etwas selbst zu erschaffen“, so Hötten. Das Ergebnis wurde vor Kurzem in Dierdorf präsentiert.

Wenn es nach Dierdorfs Kita-Netzwerkerin Jasmin Neitzert geht, könnte ein solches kreatives Projekt Schule machen. Neben dem Umgang mit digitalen Medien wurden die Kita-Kinder sprachlich gefördert. Auch soll das Projekt für die Kinder in ihrem letzten Kindergartenjahr dazu dienen, sich auf ihr erstes Schuljahr vorzubereiten – Stichwort Resilienzförderung. „Auch Gefühle sind da sehr wichtig. Kinder lernen ihre eigenen Gefühle kennen, aber auch die von anderen Kindern zu verstehen und einzuordnen“, betont Neitzert. Sie bietet an, den entstandenen Film interessierten Kitas zur Verfügung zu stellen.