Die Menschen sollen sich dort, wo sie leben, wohlfühlen und das Dach über dem Kopf auch bezahlen können. Das sollte gemeinhin der hehre Anspruch von Politik sein. Die Wirklichkeit ist jedoch für immer mehr Menschen eine andere. Vor allem junge Familien und Einzelpersonen haben zunehmend Schwierigkeiten, Wohnraum zu finden und zu bezahlen, geschweige denn als Investition in eigene vier Wände zu finanzieren. Die Mieten steigen, allerorten fehlen Wohnungen – inzwischen auch in den Städten in unserem Kreis. Wir wollen von den Direktkandidaten wissen, wie sie dieses Problem angehen?
Bauordnungsrecht soll entschlackt werden
„Die CDU setzt auf bezahlbares Bauen, um den Wohnungsmarkt zu entspannen. Wir entschlacken das Bauordnungs- und Raumordnungsrecht, reduzieren Vorschriften verantwortungsvoll und machen Bauen damit schneller und günstiger“, antwortet Ellen Demuth (CDU) auf die Frage. Zum Plan der Union gehört auch, dauerhaftes Bauen auch dort zu ermöglichen, wo bisher nur Sonderregelungen galten. Dabei auf einfache und innovative Bauweisen zu setzen, soll ebenfalls helfen.
Darüber hinaus spricht sich Demuth für einen wirksamen Mieterschutz aus, „der auch angemessene Regelungen zur Miethöhe umfasst“. Mit ihr und ihrer Partei werde der soziale Wohnungsbau „solide gefördert, und das Wohngeld passen wir regelmäßig an“. Energetische Sanierungen mache die CDU laut Demuth von der Erbschafts- und Schenkungssteuer abzugsfähig, um den Bestand effizient und kostengünstig zu modernisieren.
Investitionen des Deutschlandfonds
Investitionen in den sozialen Wohnungsbau sind für Jan Bellinghausen (SPD) ein Mittel der Wahl. Wörtlich sagt er: „Unsere soziale Marktwirtschaft ist so ausgelegt, dass der Staat dort lenkend eingreift, wo der Markt versagt. Gerade im Bereich des Wohnungsmarktes kann man auch im Wahlkreis gut beobachten, dass marktwirtschaftliche Mechanismen eben nicht dazu führen, dass die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum, insbesondere bei Ein- und Zweipersonenhaushalten und jungen Familien, in ausreichender Menge befriedigt werden kann“, hält er fest.
Konkret spricht er Investitionen des Deutschlandfonds in Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften und eine bundeseigene Wohnungsgesellschaft an, um durch eigene Wohnraumförderung den Markt zu entlasten. Zeitgleich müssten Bürokratie abgebaut und die Digitalisierung ausgebaut werden, um Entscheidungsprozesse etwa in der Bauverwaltung massiv verkürzen zu können.
Kaufkraft soll gestärkt werden
Als Student kennt Thorben Thieme (Bündnis 90/Die Grünen) die Herausforderungen aus persönlichem Erleben: „Bezahlbares Wohnen ist zu einer entscheidenden sozialen Frage geworden. Wir setzen auf zwei Säulen: Erstens stärken wir die Kaufkraft durch höheres BAföG, bessere Mindestlöhne und einen erhöhten Kinderzuschlag. Zweitens investieren wir gezielt in sozial-ökologischen Wohnungsbau.“ Bestehende Gebäude aufstocken, ungenutzte Büroflächen umwandeln und Dachböden ausbauen: Alles das schafft aus Sicht von Thieme schnell neuen Wohnraum.
Zusätzlich würden sich Probleme lösen lassen, wenn das Baurecht vereinfacht, Verfahren digitalisiert und Steuerschlupflöcher bei Immobiliengeschäften geschlossen werden würden. „Mit der Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts und mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau sorgen wir für echte Entlastung“, sagt Thieme.
Ausgewogene Regeln zwischen Mieter und Vermieter
Sandra Weeser (FDP) ist sich hingegen sicher: „Um Anreize für den dringend notwendigen Neubau zu schaffen, müssen wir an die staatliche Regulierungsspirale im Mietmarkt ran. Wir wollen ausgewogene Regeln zwischen Mietern und Vermietern.“ Viele private Vermieter würden sich aus dem Markt zurückziehen, weil Vermieten durch komplizierte Regelungen unattraktiv geworden sei. Das verschärfe den Wohnungsmangel. „Daher wollen wir das Nebenkostenrecht vereinfachen und die Mietpreisbremse als nachweisliche Investitionsbremse auslaufen lassen“, so Weeser.
Stattdessen sollen die starren Kappungsgrenzen bei energetischen Sanierungen gelockert werden, damit die Modernisierung des Gebäudebestands vorankomme. Davon profitierten auch die Mieter durch niedrigere Nebenkosten. „Darüber hinaus wollen wir Menschen gezielt dort unterstützen, wo das Einkommen trotz Arbeit nicht zum Leben reicht. Das Wohngeld ist dafür das richtige Instrument.“
Mieten müssen gesenkt werden
Für Julia Eudenbach (Die Linke) steht fest: „Mieten müssen gesenkt und wirksam reguliert werden. Eine Sofortmaßnahme ist, dass Mieterhöhungen für die nächsten Jahre ausgeschlossen werden.“ Nur im Rahmen einer Kostendeckung sollte eine Erhöhung möglich sein.Zusätzlich müsse in den sozialen Wohnungsbau investiert werden, inklusive einer langfristigen Bindung. „Wir wollen das kommunale Vorkaufsrecht wieder einführen und stärken. Auch hier käme der Rekommunalisierungsfonds zum Tragen, in dem wir die Kommunen befähigen, Wohnungen wieder in die öffentliche Hand zu nehmen“, erklärt Eudenbach.

Neubauprogramm gefordert
Nalan Özcan (BSW) hält die Mietpreisbremse für wirkungslos, weil Verstöße nicht bestraft werden könnten. Sie sagt: „Immer weiter steigende Mieten werden für Normalverdiener zunehmend unbezahlbar, bei Wohngeldempfängern werden Steuergelder einfach an die Vermieter weitergereicht. Von der einstigen Privatisierung öffentlicher Wohnung hätten Immobilienfonds und große Wohnungskonzerne profitiert. „Das Ergebnis war und ist eine Mietpreisexplosion. Deswegen brauchen wir jetzt ein Neubauprogramm für bezahlbaren Wohnraum, idealerweise über kommunale oder genossenschaftliche Wohnungsbaugesellschaften“, betont Özcan.
Die Landesregierung habe richtigerweise die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, kommunale Wohnungsbaugesellschaften auch auf Kreisebene zu gründen. „Dafür müssen die Kreise jetzt aber das notwendige Geld bekommen – ein Grund, warum die Schuldenbremse im Grundgesetz dringend reformiert werden muss.“
Mietpreisbremse immer nur kurzfristige Option
Eine Mietpreisbremse werde ein sicheres Mittel der Zukunft sein. Carsten Zeuch (Freie Wähler) schränkt jedoch ein: „Diese kann jedoch immer nur eine kurzfristige Option sein. Ich priorisiere unter anderem Umbau, Sanierung oder Renovierung von leer stehenden Gebäuden der öffentlichen Hand als ein ebenso tragfähiges Modell, um dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken.“ Siedlungsgesellschaften in Verwaltung der öffentlichen Hand würden auch einen großen Mehrwert bieten für den Wohnungsmarkt und bezahlbare Mieten für sozial schwächere Gruppen schaffen. Dafür bräuchten die Kommunen jedoch mehr Finanzmittel vom Bund. „Und wir müssen auch in Betracht ziehen, mehr in die Höhe als in die Breite zu bauen“, so Zeuch.