Nachdem der rheinland-pfälzische Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) am Donnerstag, 6. Februar, angekündigt hat, sich komplett aus dem Krankenhausbereich zurückzuziehen, ist die Aufregung in der Region groß. Denn nicht nur die insolventen Kliniken in Neuwied, Alzey, Altenkirchen, Hachenburg und Kirchen sind davon betroffen, sondern alle DRK-Häuser im Land. Darunter befindet sich auch die DRK Kamillus-Klinik in Asbach. Für alle Häuser gilt: Der Betrieb läuft ganz normal weiter, die Gehälter der Mitarbeiter sind gesichert. Nun wird mit Hochdruck daran gearbeitet, neue Trägerschaften zu finden.
Erste Reaktionen in Asbach: Von erstaunt bis erschüttert
Durch ihre Spezialisierung und den Fokus auf Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern wie Multiple Sklerose (MS) ist die Asbacher DRK Kamillus-Klinik ein Anlaufpunkt für viele chronisch Kranke, die regelmäßig einer Behandlung bedürfen. Das Einzugsgebiet ist riesig, weit über die Region hinaus ist die Kamillus-Klinik als Fachklinik bekannt. Durch die Spezialisierung und die Planbarkeit der Patientenbehandlung schreibt die Klinik, anders als andere Krankenhäuser, seit Jahren eher schwarze Zahlen als rote. Dass das gut laufende Krankenhaus, in dem in den vergangenen Jahren ordentlich investiert wurde (Notaufnahme, Stroke-Unit, Bettenhaus), nun durch den in Schieflage geratenen Träger in die Bredouille kommt, hatte noch vor einem Jahr niemand kommen sehen.
Umso erstaunter und erschütterter zeigt sich die lokale Politik. Am Tag der Nachricht des Rückzugs des DRK formulierte die SPD im Asbacher Land bereits eine Presseinfo. „Bislang gingen die Sozialdemokraten und auch alle anderen Verantwortlichen in der Verbandsgemeinde davon aus, dass die Kamillus-Klinik in Asbach aufgrund der guten wirtschaftlichen Ergebnisse nicht in den Insolvenzstrudel der DRK-Kliniken in Rheinland-Pfalz hineingezogen wird“, heißt es darin. Für die Sozialdemokraten, so SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Stumpf, sei die Kamillus-Klinik „ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Gesundheitsfürsorge in unserer Region. Sie ist Teil des gemeinschaftlichen Konzeptes der Verbandsgemeinde, die ärztliche Versorgung im Asbacher Raum dauerhaft sicherzustellen.“
„Wir haben es engagiert und sicher auch gut gemacht, aber wenn es nicht mehr geht, dann müssen wir aussteigen.“
Rainer Kaul, Präsident des DRK-Landesverbandes
Wie unsere Zeitung von Rainer Kaul, Präsident des DRK-Landesverbandes und früherer Landrat des Kreises Neuwied, erfuhr, haben die Mitarbeiter der DRK Kamillus-Klinik Asbach am Donnerstag eine erste schriftliche Nachricht zum Rückzug des DRK aus dem generellen Krankenhausbetrieb erhalten. Für den Freitagvormittag riefen die Verantwortlichen eine Betriebsversammlung ein, in der die Belegschaft über die Vorgänge informiert wurde.
Kaul nannte die Entscheidung der Leitungsgremien beim DRK „bitter, aber wir hatten keine andere Wahl“. Die Wohlfahrtsverbände würden es schlicht nicht mehr schaffen, vornehmlich kleinere Krankenhäuser zu halten. „Wir haben es engagiert und sicher auch gut gemacht, aber wenn es nicht mehr geht, dann müssen wir aussteigen.“ Exemplarisch nennt er das ebenfalls in Schieflage geratene Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein, für das nun die tragenden Kommunen das Defizit übernehmen. „Uns gibt aber keiner was“, so der Präsident.

Mit dem Rückzug des DRK liegt die Zukunft der Häuser nun in den Händen des Insolvenzverwalters. „Da sind wir zuversichtlich, dass er für die Kliniken neue Träger finden wird.“ Mit Blick auf Asbach sagt Kaul: „Das ist ein gut aufgestelltes Haus, für das wir als Träger eingesprungen sind und es dann weiterentwickelt haben. Da wird es sicher eine gute Trägerlösung geben.“
Nach dem ersten Schock am Donnerstag war Landrat Achim Hallerbach am Freitag zuversichtlich gestimmt. „Heute ist Tag eins für eine neue Zukunft“, sagt er. Er ist überzeugt, dass sich für die finanziell solide Asbacher Kamillus-Klinik bald ein neuer Träger findet. Schon am Freitag führte er selbst die ersten Gespräche mit Interessenten, die er nun an den Insolvenzverwalter vermittelt.
88 Prozent Auslastung: Der Kamillus-Klinik geht es gut
Bei der Mitarbeiterversammlung in Asbach waren am Freitag Trauer, Wut und Enttäuschung, aber auch eine hohe Motivation und große Zuversicht zu spüren gewesen, sagt Hallerbach. Grundsätzlich seien die Mitarbeiter eher positiv gestimmt. „Einige sind sogar aufgestanden und haben gesagt: Das ist ein guter Tag für die Kamillus-Klinik.“ Viele würden die Entwicklung als Chance für die Zukunft sehen. Beim DRK-Krankenhaus in Neuwied ist Hallerbach ebenfalls „guter Dinge“. Er ist überzeugt, dass es bis Ende Februar eine endgültige Einigung mit einem neuen Träger gibt.
Nicki Billig, kaufmännischer Direktor der DRK Kamillus-Klinik, spricht gegenüber unserer Zeitung am Freitag von einem „Paradoxon“: Einerseits gehe es dem Asbacher Krankenhaus bei einer Auslastung von 88 Prozent sehr gut, andererseits müsse man der Belegschaft nun vermitteln, dass man sich wegen der Lage der Muttergesellschaft in einem Insolvenzverfahren befinde.
„Wir zählen zu den 30 Prozent der Häuser in Deutschland, die schwarze Zahlen schreiben“, betont Billig. Man sei durch die Spezialisierung anders aufgestellt als andere Häuser. Von daher meint er, dass man nun erst einmal das Insolvenzverfahren mitgeht, danach aber wohl schnell einen professionellen Träger findet, der zur Klinik passt. Für die Übergangszeit könne sich die Kamillus-Klinik sehr gut selbst finanzieren. Damit hebe man sich von defizitären Krankenhäusern und deren Trägersuche ab.
Großes Erstaunen, Angst und sich vom DRK im Stich gelassen fühlen: So beschreibt Betriebsratsvorsitzender Michael Schwering-Sohnrey die Stimmung in der Belegschaft. Doch die Aufklärung durch Nicki Billig und Landrat Hallerbach in der Mitarbeiterversammlung habe dies „in Aufbruchstimmung verwandelt“. Als wirtschaftlich gut laufende und für das Land wichtige Klinik fühle man sich nun gestärkt bei der Suche nach einem neuen Träger, so Schwering-Sohnrey. Positiv für ihn als Betriebsratsvorsitzenden sei die Aussage des Insolvenzverwalters gewesen, dass es keine Kündigungen, sondern eher Neueinstellungen geben würde, um den Standort attraktiv und gut aufgestellt zu halten.
Marienhaus-Gruppe könnte DRK-Standort Neuwied übernehmen
Über dem DRK-Krankenhaus in Neuwied schwebt bereits seit Anfang Dezember 2024 das Damoklesschwert der Insolvenz – zum zweiten Mal. Doch hier laufen seitdem Gespräche mit der Marienhaus-Gruppe, die bereits einen Klinikstandort in Neuwied hat. Zusammen mit dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch versuchen die Verantwortlichen, die Zukunft für den Standort gemeinsam zu gestalten, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie die Menschen in der Region Sicherheit haben, sagt Dietmar Bochert, Leiter Kommunikation und Marketing der Marienhaus-Gruppe.
„Die Marienhaus-Gruppe muss sich erst einmal einen Überblick über die Lage verschaffen.“
Dietmar Borchert, Leiter Kommunikation und Marketing der Marienhaus-Gruppe
Es gebe ein großes Interesse aller Beteiligten daran, die Gesundheitsversorgung auf einem qualitativ hohen Niveau aufrechtzuerhalten, sagt er - konkret heißt das, dass die Marienhaus-Gruppe das bisherige DRK-Krankenhaus Neuwied übernimmt. „Ich denke, dass wir hier Ende Februar, Anfang März Klarheit haben“, stellt Bochert fest. Sobald es Konkretes zu berichten gebe, würden die Beschäftigten und die Öffentlichkeit informiert.
Ob die Marienhaus-Gruppe auch Interesse an den jetzt ebenfalls betroffenen Standorten in Asbach und Bad Neuenahr-Ahrweiler hat, hält sich Bochert bedeckt. „Das ist noch sehr frisch für uns“, sagt er. Drei Aspekte seien bei einer möglichen Übernahme zu beachten. Zum einen müsse die eigene Stabilität gewahrt werden; immerhin beschäftige die Gruppe 3500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Weiter müssten die Gesundheitsreform und deren Vorgaben berücksichtig werden. Und drittens sei die Frage zu beantworten, ob der Standort wichtig für die Versorgungssicherheit in der Region sei. „Die Marienhaus-Gruppe muss sich erst einmal einen Überblick über die Lage verschaffen.“

DRK zieht sich komplett aus Krankenhausbetrieb zurück
Die Klinikkrise in Rheinland-Pfalz weitet sich aus, das DRK kündigt an, sich aus dem Krankenhausbereich zurückzuziehen. Damit geraten weitere Standorte ins Schlingern, unter anderem in Bad Kreuznach, Bad Neuenahr und Asbach.
Asbachs Bürgermeister Michael Christ meint auf Nachfrage unserer Zeitung zur Situation in Asbach, dass die familiäre Klinik seit vielen Jahrzehnten zum Ort gehöre – auch schon zu Zeiten der Kamillianerinnen vor der Übernahme durch das DRK im Jahr 2014. Eine große Bindung der gut laufenden Spezialklinik zum Mutterkonzern DRK habe es nie wirklich gegeben. „Wir hoffen alle natürlich, dass schnell ein neuer Träger gefunden wird“, so Christ. Das Haus könne sich zwar selbst tragen, jedoch gebe es den Wunsch danach, in einem größeren Verbund aufgestellt zu sein. „Die VG Asbach steht zu allen Maßnahmen des Klinikerhalts und unterstützt vorbehaltlos“, sagt der Bürgermeister und fügt deutlich hinzu: „Die Belegschaft soll nicht in eine Phase der Verunsicherung kommen. In Asbach brennt nichts an.“