Der Wahlkampf in den Landkreisen Neuwied und Altenkirchen ist als Spitzenkandidatin der Linken hart. „In Steimel sind drei Wahlplakate geklaut worden, am Bahnhof Neuwied wurde eines zerstört“, berichtet Julia Eudenbach, die Bundestagskandidatin der Linken. Diebstahl und Vandalismus an Wahlplakaten sind im Wahlkreis 196 kein neues Phänomen. Selbst in ihrem Wohnort Roßbach seien diese in der Vergangenheit nicht sicher gewesen. Doch die Neuwieder Kreisvorsitzende der Linken, die im Sommer 2024 erstmals in den Neuwieder Kreistag eingezogen ist, will sich nicht unterkriegen lassen. Die 35-jährige Physiotherapeutin und Mutter von zwei Kindern kandidiert zum ersten Mal für den Bundestag. Im März 2021 war sie noch unter ihrem Mädchennamen Julia Henke für Die Linke bei der Landtagswahl im Wahlkreis Linz/Rengsdorf angetreten: Sie bekam damals 3 Prozent der Stimmen.
„Ich möchte etwas verändern. Meine Beweggründe, warum ich in die Politik gegangen bin, hängen mit meiner Lebensgeschichte zusammen: Ich bin von klein auf chronisch krank und habe eine Schwerbehinderung. Unser Sozialsystem ist zwar gut, aber nicht gut genug. Ich kann es nicht leiden, wenn Menschen ausgegrenzt werden.“
Julia Eudenbach, Bundestagskandidatin für Die Linke im Wahlkreis Neuwied
Es besteht ihrerseits die Hoffnung, dass es bei der Bundestagswahl am 23. Februar etwas besser läuft. Eine Chance hat sie wohl nicht: Seit 2009 hat die CDU ein Dauerabo auf das Direktmandat im Wahlkreis Neuwied. Im gleichen Zeitraum erzielte Die Linke bei den Erststimmen Ergebnisse im einstelligen Bereich. Trotz der eher geringen Aussicht auf Erfolg will Eudenbach dem Wähler ein Gegenangebot zur allzeit beliebten CDU machen. Eudenbach kommt zwar gebürtig aus dem Wahlkreis von Friedrich Merz, darüber hinaus hat die Sauerländerin mit dem CDU-Kanzlerkandidaten aber wenig gemeinsam. Ihre Wahlheimat ist das Wiedtal geworden: In Waldbreitbach ist sie in der Feuerwehr aktiv, im Ortsteil Over steht das Familienunternehmen ihres Mannes, ein Milchviehbetrieb. „Ich möchte etwas verändern. Meine Beweggründe, warum ich in die Politik gegangen bin, hängen mit meiner Lebensgeschichte zusammen: Ich bin von klein auf chronisch krank und habe eine Schwerbehinderung. Unser Sozialsystem ist zwar gut, aber nicht gut genug. Ich kann es nicht leiden, wenn Menschen ausgegrenzt werden“, berichtet Eudenbach. Das Motto der Linken lautet: „Wir gemeinsam gegen die da oben.“ Auf Wahlplakaten greift die Partei provokant die größer werdende Schere zwischen Arm und Reich auf („Ist dein Dorf unter Wasser, steigen Reiche auf die Yacht.“). Eudenbach selbst wirbt für eine „solidarische Gemeinschaft“.
Planungssicherheit und Bürokratieabbau für Landwirtschaft als Ziel
Die Kandidatin der Linken hat sich drei Schwerpunkte gesetzt: Landwirtschaft, Gesundheitswesen und Feminismus. Als Frau eines Landwirts erlebt sie hautnah die Herausforderungen durch immer neue Auflagen der Politik. „Es muss Planungssicherheit her. Die Landwirte planen einen Stall nicht von Legislatur zu Legislatur, sondern für 20 oder mehr Jahre“, fordert Eudenbach. Außerdem will sie sich für einen Bürokratieabbau einsetzen. Als „katastrophal“ bezeichnet Eudenbach das Sozialsystem in der Landwirtschaft. „In meinen Augen gehört die Landwirtschaft ins reguläre Sozialsystem“, so die Linken-Chefin.
Ärztliche Versorgung auf dem Land durch Förderprogramme stärken
Eine der Stellschrauben im Gesundheitswesen sei die Anpassung der Budgetierung. „Diese fällt so knapp durch die Leistungserbringer aus. Die Zeit am Patienten fehlt, weil alles gemaßregelt wird“, sagt die Physiotherapeutin. Ein weiteres Problem, das sie ausgemacht hat, ist die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Hier fordert sie Förderprogramme, die ländliche Gebiete attraktiv für Ärzte macht. Die Situation am DRK-Krankenhaus Altenkirchen mache Eudenbach betroffen – vor allem die gynäkologische Versorgung von werdenden Müttern. „Der Kreis Altenkirchen steht demnächst komplett ohne Versorgung da, wenn es in Kirchen nicht gewährleistet werden kann, dass das Krankenhaus finanziert wird“, so Eudenbach. Eine mögliche Mehrbelastung für die Geburtsstation im Marienhaus-Klinikum St. Elisabeth in Neuwied sieht sie kritisch.
Auch über das Thema Schwangerschaft hinaus will sie sich für Frauenrechte starkmachen. „Ich möchte, dass jede Frau die Möglichkeit hat, zu entscheiden, was sie machen kann. Mir geht es nicht darum, dass alle Mütter zwingend arbeiten müssen“, so Eudenbachs Verständnis von Feminismus.
Drei Fragen an Julia Eudenbach (Die Linke)
Thema Sicherheit: Was wollen Sie dafür tun, dass sich die Menschen in Ihrem Wahlkreis wieder sicher fühlen?
Wir müssen dringend in das Personal der Sicherheitskräfte investieren. Aber auch die Zusammenarbeit zwischen den Behörden muss sich verbessern. Weitergabe von relevanten Informationen darf nicht an Landesgrenzen halt machen.
Wie wollen Sie die regionale Wirtschaft unterstützen?
Vor allem dadurch, dass der Mittelstand durch die Steuern besser entlastet wird. Aber auch die Energiepreise müssen gesenkt werden.
Welche Pläne haben Sie für Infrastruktur und ÖPNV?
ÖPNV muss kostenfrei für den Bürger werden, in die Infrastruktur muss dringend investiert werden. drd