Leubsdorf. In der Ortsgemeinde Leubsdorf soll ein muslimisches Grabfeld auf dem gemeindlichen Friedhof entstehen. Es soll nicht nur Muslimen aus Leubsdorf Raum für ihre letzte Ruhestätte bieten. Auch Muslime aus der gesamten Verbandsgemeinde (VG) Linz sollen sich dort bestatten lassen können. Bei einem Ortstermin mit unserer Zeitung erläuterten der Linzer VG-Bürgermeister Frank Becker, Ortsbürgermeister Heiko Glätzner und Alexander Adams vom Friedhofsamt der VG die Besonderheiten muslimischer Bestattungen und informierten über den Sachstand der Planungen.
„Die Anlage des Grabfelds ist auch ein Zeichen einer offenen Gesellschaft.“
Der Linzer VG-Bürgermeister Frank Becker
„Das Grabfeld soll im westlichen Randbereich des Friedhofs angelegt werden. Das Planungsbüro Hicking hat einen ersten Grobentwurf erstellt. Etwa 80 Gräber oder auch mehr wird es geben“, umreißt Adams den aktuellen Stand. „Kurzfristig wird noch ein abschließender Abstimmungstermin zwischen Planungsbüro, Ortsgemeinde, Vertretern der muslimischen Gemeinde und Verwaltung stattfinden“, ergänzt Becker. Dabei werden die Ergebnisse des Bodengutachtens erläutert und letzte zu klärende Planungseckpunkte festgelegt.

Für die Herstellung des muslimischen Grabfelds sind im Haushalt von Leubsdorf Mittel in Höhe von 100.000 Euro eingestellt. Im Haushalt der VG tauchen sie sozusagen als Platzhalter auf. Über die Umlagen werden alle Ortsgemeinden der VG anteilig an den Kosten beteiligt. Angedacht ist, das Grabfeld Ende des Jahres oder Anfang 2026 zu eröffnen, je nachdem, wie schnell die restlichen Beschlüsse gefasst werden und wie die Wetterlage die abschließenden Arbeiten zulässt. „Wir freuen uns, dass wir den Muslimen hier das jetzt anbieten können. Die Anlage des Grabfelds ist auch ein Zeichen einer offenen Gesellschaft“, unterstreicht Becker.
Muslime dürfen nicht neben Christen liegen
Die Nachfrage nach muslimischen Grabstätten steigt überall. Noch vor wenigen Jahrzehnten war es üblich, dass sich Muslime in ihrem Heimatland beerdigen lassen. Die erste Generation der Zugewanderten hat inzwischen aber das Rentenalter erreicht, und immer weniger Muslime wollen sich – schon aus Kostengründen – im Herkunftsland bestatten lassen. Auch durch den Zustrom an Flüchtlingen muss man in Deutschland in Zukunft mit einer höheren Zahl islamischer Bestattungen rechnen, während christliche vor dem Hintergrund sich ändernder Bestattungsrituale zurückgehen. „Wir freuen uns sehr, hier Platz anbieten zu können“, sagt Glätzner.

Die islamische Bestattungskultur stellt das deutsche Friedhofs- und Bestattungsrecht vor Herausforderungen. Denn viele der Riten sind per Gesetz nicht gestattet. Aus islamischer Sicht ist der Friedhof der Ort der ewigen Totenruhe, der folglich ein dauerndes Ruherecht fordert. Dieses ewige Ruherecht schließt außerdem Exhumierungen, Umbettungen und Wiederbelegungen aus. Das deutsche Bestattungsrecht sieht das anders. „Im Bestattungsgesetz sind für Erdbestattungen gesetzliche Mindestruhezeiten von bis zu 30 Jahren vorgesehen. Die muslimische Gemeinde hat dem hier jedoch zugestimmt. Danach darf die Ruhestätte aber nur wieder mit Muslimen belegt werden“, erläutert Adams.
„Oft werden nur zwei Steine oder Stelen am Kopf- und Fußende des Grabes gesetzt.“
Alexander Adams vom Friedhofsamt der VG Linz zu muslimischen Bestattungsriten
Aus muslimischer Sicht dürfen Muslime auch nur unter Muslimen beigesetzt werden, wie in Leubsdorf auf einem eigenen muslimischen Grabfeld oder auf einem eigenen Friedhof. Dabei gilt auch: Sollten sterbliche Überreste aus früherer Belegung bei der Einrichtung des muslimischen Begräbnisareals gefunden werden, müssen sie entfernt werden. Auch die Grabgestaltung und Grabpflege sind im Islam untersagt. „Oft werden nur zwei Steine oder Stelen am Kopf- und Fußende des Grabes gesetzt. Die Erfahrung auf anderen muslimische Grabfeldern hat gezeigt, dass Vereinbarungen über die Pflege mit den örtlichen muslimischen Organisationen zweckmäßig sind“, erläutert Adams.
Bestattung nur im Leichentuch
Die Gräber müssen außerdem nach Mekka ausgerichtet sein. „Diese Ausrichtung passt bei bestehenden Friedhöfen nicht in das gegebene Wegeraster. Die Gräber müssen auch größer sein. Deshalb nutzen wir eine Fläche am Rand des Friedhofs. Die Gräber werden als Rasengräber angeboten. Das infrage kommende Grundstück wurde bereits gerodet und vorbereitet“, so Adams.

Eine Beisetzung nach islamischem Glauben läuft nach festen Regeln ab. Dazu gehört als zentrales Element die Bestattung in einem Leichentuch. Das kollidiert aktuell jedoch noch mit der hiesigen Gesetzgebung, die eine Bestattung in einem Sarg oder einer Urne vorschreibt. Der Islam fordert zudem eine Beisetzung innerhalb von 24 Stunden. Auch das ist nicht erlaubt. Per Gesetz ist eine Bestattung frühestens 48 Stunden nach dem Todesfall möglich. Der Islam verbietet außerdem Feuerbestattungen, weshalb auch eine Waldbestattung nicht infrage kommt, da gesetzlich bei diesen nur Urnenbestattungen zugelassen sind.
Bestattungsgesetz in Rheinland-Pfalz soll geändert werden
Das Bestattungsgesetz in Rheinland-Pfalz soll jedoch geändert werden. Unter anderem sollen Beerdigungen im Leichentuch künftig erlaubt sein, ebenso wie Flussbestattungen. Nicht nur die muslimischen Bestattungsriten, sondern auch die neuen Regelungen stellen Friedhofsbetreiber vor große und vor allem finanzielle Herausforderungen.

Werden Bestattungen zum Luxusgut?
Die Finanzierung von Friedhöfen ist eine immer größer werdende Herausforderung für Kommunen. Der Städtetag Rheinland-Pfalz sowie der Gemeinde- und Städtebund im Land sehen ein strukturelles Problem und fordern eine neue Finanzierungspraxis.