Er ist einer von rund 400 volljährigen Schülern, die am Freitagnachmittag am WHG einen Piks gegen das Coronavirus erhalten haben. Unter der Leitung des Neuwieder Arztes Dr. Marcus Ackermann haben seine rund 30 Mitarbeiter die Vakzine der Hersteller Astrazeneca sowie Johnson & Johnson verimpft. Dafür hat sich die Turnhalle in ein mehrgleisiges Einbahnstraßensystem verwandelt, das die Volljährigen in Gruppen aufsuchten. Zuvor waren Personal und Schülerschaft getestet worden. Doch wie kam es zur Aktion?
„Ich habe jede Woche so viel bestellt, wie ich konnte“, erklärt Ackermann seinen derzeitigen Impfstoffüberschuss von gut 2000 Dosen. In den vergangenen Wochen habe er immer wieder mehrere Tausend Dosen bestellt. Während anfangs nur wenig eintrudelte, kam unlängst eine vergleichsweise große Lieferung – seinen Patienten „und allen, die ich kenne“ hatte er jedoch bereits ein Impfangebot gemacht.
Wie der Vater von zwei Schülern des WHG im RZ-Gespräch erzählt, war es ihm ein Anliegen, nun volljährige Schüler zu impfen, die zuvor häufig noch keine Möglichkeit dazu hatten. Zudem habe er zu den Schulen des Kreises eine „enge Verbindung“, da er zusammen mit seinem Team schon seit Monaten regelmäßige Tests an den Einrichtungen durchführt.
Das gilt auch für Christine Osenberg, ständige Vertretung der Schulleitung am WHG. Mit Blick auf die umstrittene Impfung eines Arztes an einem Mainzer Gymnasium betont sie: „Das ist keine WHG-Veranstaltung, sondern eine Einladung an alle volljährigen Schüler im Kreis.“ Sie begrüßt die Aktion, aber unterstreicht, nur 35 der rund 400 Schüler stammen vom WHG. Neben Gymnasiasten waren auch die Volljährigen von Berufsschulen eingeladen.
Darunter auch ein junger Mann aus Waldbreitbach. „Dass man anstehen muss, ist doch normal“, nimmt er die Schlangenbildung in der Hitze gelassen. „Dafür, dass das Angebot so kurzfristig kam, kann man nichts sagen.“ Er findet, das Impfen sei gut organisiert, und er fühle sich aufgeklärt.
Denn am Donnerstag hat Ackermann bei einem Aufklärungsabend auf dem benachbarten Sportplatz – für jeden Impfling eine Pflichtveranstaltung – umfassend über die Impfstoffe und mögliche Nebenwirkungen informiert. Auch und gerade für individuelle Fragen der Schüler war Raum. „Sie konnten einzeln zu mir kommen“, betont der Mediziner. „So, als wären sie in der Praxis.“
Die meisten Schüler entschieden sich für den Impfstoff des Herstellers Johnson & Johnson, da dieser im Unterschied zu Astrazeneca nach nur einer Spritze seine volle Wirkung entfaltet. „Eigentlich wollte ich mich nicht damit impfen lassen“, verrät eine Schülerin. „Aber das ging nun mal schneller.“ Ähnliche Stimmen sind aus ihrem Freundkreis zu hören: „Ich habe nicht lange überlegt, mich impfen zu lassen, weil ich dieses Jahr noch in Urlaub möchte.“
Auch Lukas Tillman hat den Entschluss schnell gefasst, sich am WHG impfen zu lassen. „Es ist eine moralische Pflicht, sich impfen zu lassen, wenn man es kann“, ist der junge Mann überzeugt. Wie Ackermann die weiteren übrigen Dosen künftig verimpft, möchte der Arzt unter anderem mit Landrat Achim Hallerbach klären.
Mehr zum Thema Impfungen an Schulen auf Rheinland-Pfalz, Seite 3. Eine betriebsärztliche Impfaktion gab es am Freitag bei Rasselstein. Mehr dazu auf Seite 20