Zeit ist Geld, heißt es so schön. In einem Paketzentrum steht dieser Satz erst recht weit oben auf der Prioritätenliste. Kerstin Lippoth, die den Betrieb in Neuwied leitet, gibt einen Anhaltspunkt: „Ein Paket braucht bei uns gerade mal zehn Minuten, bis es am entsprechenden Transportterminal ist.“
Exakte Kennzeichnung ist wichtig
Barcodes und unzählige Scanner spielen bei alledem eine entscheidende Rolle. Doch zunächst sind die Mitarbeiter in Neuwied gefordert. Sie legen die Pakete auf das Band, wo sie vermessen werden. Entsprechen sie mit Blick auf Gewicht und Umfang den Vorgaben für den automatisierten Weitertransport, landen sie auf dem Transportband auf einem der kippbaren „Teller“ – und los geht die wilde Fahrt durch die Weiten der beiden 236 Meter langen Hallen. Die exakte Kennzeichnung, die vor Beginn der „Reise“ von Scannern ausgelesen wird, entscheidet darüber, dass die Teller an der richtigen Rampe kippen, die Pakete auf dem richtigen Lkw liegen und der Adressat des Paketes beizeiten die gewünschte Ware in den Händen halten kann.
Sollte dennoch mal was schiefgehen, landen Fehlsendungen in Wuppertal in einem Lager, wie Kerstin Lippoth erklärt. Von dort wird dann versucht, über einen Nachforschungsauftrag den Kunden ausfindig zu machen. Was Lippoth so oder so allen Kunden empfiehlt, ist, den Pakten stets einen Zettel mit einer Inhaltsangabe und den Kontaktdaten des Absenders beizulegen. Und fürs Einpacken von Ware sei es sinnvoll, auf Luftpolsterfolie zu setzen.
Die Zusammenarbeit im Betrieb ist mitunter eine Herausforderung, sie ist aber in jedem Fall bereichernd.
Kerstin Lippoth, Leiterin des Paketzentrums Neuwied
Unterdessen rutschen Pakete vom schier endlosen Transportband eine stählerne Rutsche herunter und landen auf einem Bandfortsatz direkt im Schlund einer Lkw-Ladefläche. Der Fahrer greift die Pakete eins nach dem anderen ab und sortiert sie so, dass später bei der Fahrt nicht alles durcheinanderfliegt. Über dem Tor ist das Symbol für die Stadt Koblenz angebracht, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck, was dem Fahrer eine kurze Fahrt verheißt. Die Symbolsprache, die es vor allem für die regionalen Touren gibt, erleichtert zudem den Mitarbeitern des Paketzentrums, die laut Lippoth immerhin 74 Nationen angehören, die Orientierung. „Die Zusammenarbeit im Betrieb ist mitunter eine Herausforderung, sie ist aber in jedem Fall bereichernd“, betont die Chefin, der neben dem Resultat der Arbeit vor allem der gegenseitige Respekt wichtig ist.
In anderen Bereichen des Paketzentrums, von wo aus längere Touren wie etwa zum Verteilzentrum Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern abfahrtbereit gemacht werden, packen Mitarbeiter rollbare Gitterboxen, die dann verladen werden. Was das angeht, kann das Paketzentrum seit etwa zwei Jahren mit einer modernen Sortieranlage für leichtere Pakete bis 4 Kilogramm ungefähr im Schuhkartonformat aufwarten. Am Ende dieses Prozesses stehen sogar fertig gepackte Gitterboxen, die nur noch auf Lkws gerollt werden müssen.
Feldversuch: Technik für schwere Pakete einsetzen
Während Mitarbeiter an diesem Sortierer bis zu 2600 Pakete pro Stunde durchschleusen, sind am „normalen“ Sorter nur 1000 Pakete möglich, sagt Kerstin Lippoth. Übrigens, Pakete, die nicht auf das Transportband passen, werden per Hand sortiert und für den Abtransport fertiggemacht. Laut Chefin sind das etwa 2000 bis 2500 pro Tag. Gegenwärtig läuft ein Feldversuch mit einer Art Saugarm, um den Mitarbeitern den Job so einfach wie möglich zu machen.
Inzwischen ist der Nachmittag angebrochen. Ins Paketzentrum zieht jetzt noch mehr Leben ein. 180 Beschäftigen sind in einer normalen Spätschicht nach der eher bedächtig anmutenden Mittagszeit an Bord – in Spitzenzeiten etwa kurz vor Weihnachten sogar bis zu 250 Mitarbeiter. Und ab 16 Uhr arbeitet das Paketzentrum „Volllast“, so Lippoth, was sich auch angesichts der Geräuschkulisse in den Hallen nicht leugnen lässt. Der Hochbetrieb wiederum korrespondiert mit den Abfahrtzeiten für die Lkws. Denn diese liefern ihre Waren vorzugsweise ab 21 Uhr aus, sodass sie am anderen Morgen am Ziel sein können. Meist geht es zur Weiterverteilung in eines der deutschlandweit 38 Paketzentren. Was die Paketauslieferungen an regionale Kunden betrifft, darum macht sich die jeweilige Nachtschicht verdient.
Wir verzeichnen jedes Jahr ein Wachstum von 6 bis 7 Prozent.
Kerstin Lippoth
Die Fäden für den Transport- und Logistikprozess laufen im Leitstand zusammen. Hinter einer unscheinbaren Tür ganz in der Nähe des Aufenthaltsraumes für die Mitarbeiter sitzen Schichtleiter und deren Mitarbeiter vor zahlreichen Bildschirmen. Läuft einer der Sorter nicht rund oder ist gar defekt, erkennen das die Verantwortlichen dank zahlreicher Kameras oder Fehlermeldungen von Computern. Dann sind die Wartungsteams gefragt, denn längere Ausfallzeiten kann sich das Paketzentrum nicht leisten. Schon gar nicht, wenn in der Weihnachtszeit der Laden brummt und täglich bis zu 680.000 Pakete durchgeschleust werden.
Ein Ende der Fahnenstange ist noch nicht in Sicht. Das lässt die DHL über Expansionspläne am Standort Neuwied nachdenken, so Lippoth. Der Grund dafür liegt sozusagen auf der Hand: Der ohnehin wachsende Onlinehandel und die Corona-Pandemie, während der noch mehr Menschen dazu übergegangen sind, sich das Gros ihrer Wünsche auf den Internetplattformen einschlägiger Versandhändler zu erfüllen, kurbeln das Geschäft im Neuwieder DHL-Paketzentrum weiter an. „Wir verzeichnen jedes Jahr ein Wachstum von 6 bis 7 Prozent“, berichtet Lippoth.
Amazon und China liefern immer mehr Pakete
Deutlich wird das auch am Lieferaufkommen von Amazon Koblenz in Richtung Neuwied, das derzeit bei 20.000 Paketen pro Tag liege. Zudem verzeichnet Kerstin Lippoth auch ein steigendes Aufkommen von großen Sammelpaketen aus China, die aufwendig entpackt und weitertransportiert werden müssen.